Ein etwas längerer Reisebericht über einen etwas längeren Segeltörn

Als wir 2008, nach vielen vorangegangenen Chartertörns, unsere MERLIN kauften, schwang immer die Idee einer Weltumsegelung mit. Zunächst sollte das Boot aber verchartert werden und die zugesagten jährlichen 8% Rendite einbringen. Wenn wir dann irgendwann mal in den Ruhestand treten, sollte es losgehen.

Aber wie das Leben so spielt, werden aus Riesen oft Zwerge. Und so schrumpften auch unsere Pläne Jahr für Jahr und Stück für Stück zusammen. Nach dem Konkurs des Charterunternehmens, verbunden mit für uns hohem Geldverlust, blieb von der Weltumsegelung nur eine Mittelmeerumrundung übrig. Und als wir im März 2018 in den Vorruhestand traten, wurde auch daraus „nur“ noch ein etwas längerer Türkei-Griechenland-Törn. Trotzdem sollte es unser bislang größtes und schönstes Segelabenteuer werden.

Neun Wochen zu zweit auf See, das ist nicht nur eine technische und logistische, sondern auch eine zwischenmenschliche Herausforderung. Aber was soll ich sagen, abgesehen von einigen holprigen Anfangsschwierigkeiten hat dann doch alles bestens geklappt.

 

Die Reise beginnt in Göçek.

Bei den Felsengräbern laufen viele wilde Schildkröten herum

Mitte März sind in der Türkei bereits T-Shirt Temperaturen. Aber das Wetter ist noch launisch und die Nächte kalt. Sehr kalt sogar. So wärmt uns abends der kleine Heizlüfter unter Deck, den ich vor Jahren in Kuschadasi gekauft habe. Geht aber leider nur unter Landstrom. Die ersten Tage verbringen wir mit Vorbereitungen und Landausflügen. Man hat ja schließlich Zeit, viel Zeit. So plaudern wir viel mit der Stützpunktcrew und mit anderen Seglern. Wir lernen unter anderem die Felsengräber in Fehtyie, den berühmten Fischmarkt und die verlassene Stadt Kayaköy kennen. Wir reisen vorwiegend mit den regionalen Kleinbussen, den sogenannten Dolmush. Günstiger kann man nicht reisen. Einfach genial. Leider gibt es sowas nicht in Deutschland. Oder Gott sei Dank! Denn bei unserer typisch deutschen Einstellung würden sich Fahrer, Fahrgäste, Passanten und Verkehrspolizisten in kürzester Zeit gegenseitig umbringen.

In den Lokalen sind wir meist die einzigen Gäste, werden aber immer zuvorkommend und nett bedient. Die Saison hat noch nicht begonnen und der türkische Wahlkampf trägt sein Übriges dazu bei.

Trotz nächtlicher Tiefsttemperaturen nabeln wir uns am 25. März vom Landstrom und den Annehmlichkeiten der D-Marin Göçek ab und machen uns auf die Reise. Zunächst bleiben wir noch im Bereich um Göçek, der sogenannten Bucht von Fethyie, die ich immer als türkischen Bodensee bezeichne. Viele Charterkunden verlassen dieses Gebiet auf ihrem Törn überhaupt nicht. Fast komplett von Land umschlossen, gibt es moderate Winde bei wenig Welle. Und an jeder Ecke eine nette Taverne. Ideal für Familientörns. Nur bei uns bläst es jetzt ohne Unterlass, so dass sich am nächsten Morgen an unserer Mooring-Tonne die Festmacherleine bis auf ein paar Kardeele durchgescheuert hat. Beinahe hätte unsere Reise bereits zu Anfang wieder geendet. Zwei Tage später verlassen wir das Revier und gehen Richtung Norden nach Ekinçik. Die Sonne versucht sich durch den Saharastaub zu kämpfen. Die glatte See wechselt schlagartig beim Verlassen des „Bodensees“ in langgezogene 2 Meter Wellen, aber ohne großartigen Wind. Ziemlich durchgeschaukelt erreichen wir abends als einzige Yacht die MyMarina. Das Restaurant ist noch im Dornröschenschlaf. Nach einer knappen Stunde Fußmarsch bekommen wir im Dorf in einer Lokanda bei den Einheimischen Essen und Getränke. Sogar eine Flasche Rotwein findet sich in der Abstellkammer des nur spärlich überdachtem Lokal. Ein Gast fährt uns anschließend mit seinem Auto zurück zum Schiff.

Der Wetterbericht verheißt nichts Gutes. Wir brechen am nächsten Morgen zeitig auf, um vor dem Regen in Marmaris zu sein. Netzel Marina Marmaris, der Beginn meiner seglerischen Aktivitäten. Das müsste so ungefähr 30 Jahre her sein. Im strömenden Regen gehen wir zum Marina-Office. Der Typ hinterm Schalter grinst, als ich seine Visitenkarte zücke. Er hat jahrelang in Düsseldorf gelebt und ich hab ihn schon vor Jahren bei einem Überführungstörn kennen gelernt. So klein ist die Welt. Selbst meine alte Plastikkarte für den Landstrom funktioniert hier noch. Wir bleiben ein paar Tage. Die Einkaufsliste liest sich recht abenteuerlich. Mooring-Handschuhe, Zahnputzbecher, Kippschalter, Lötkolben usw. Die Altstadt ist mittlerweile ein komplett überdachter Bazar geworden. Eine Touristenhochburg mit lauter Discomusik bis zum Hafen. Aber laut war Marmaris eigentlich schon immer.

Am 30. März, es ist Karfreitag, geht es bei blauem Himmel weiter Richtung Nord. Bei bis zu 30kt Wind und gut Welle wird es ein ziemlicher Ritt. Gegen 16:00 Uhr erreichen wir die Bucht von Nemo. So haben wir sie vor Jahren getauft. In der Karte heißt sie Serçe Limani. Die Einfahrt ist nur sehr schwer auszumachen. Dahinter öffnet sich eine Art Fjord. Von den zwei Tavernen wurde eine rückgebaut. Die Andere, an deren klapprigen Steg wir festmachen, macht erst in einer Woche, quasi zu Saisonbeginn, wieder auf. Die 0,6 Meter Wasser unterm Kiel beunruhigen mich schon etwas.  Ein Fischer verkauft uns seinen Fang. Die Meerbarben werden zum Karfreitagskarpfen umgetauft. Ein herrliches Gericht, noch Wochen danach finden sich Schuppen davon in der Pantry. Ich muss noch viel lernen, warum habe ich den Fang nicht an Deck geputzt. Es ist eine ruhige und sternklare Nacht. Leider kann man ohne Schüttelfrost nicht lange draußen sitzen.

Teils unter Motor, teils voll besegelt fahren wir am nächsten Tag weiter, vorbei am Kap Karaburun und biegen in den Hisarönu Körfezi ein. Ein gemütlicher Segeltag. Nur als wir unserem Ziel näher kommen frischt der Wind krass auf. Ein einziger Platz ist am Gemeindesteg des Dorfes Selemiye Köyu noch frei. Die Gasse zwischen zwei Yachten ist ziemlich eng, was aber bei dem Wind eher von Vorteil ist. Der Hafenmeister ist sehr Hilfsbereit und Ingrid kann erstmals ihre Mooring-Handschuhe testen.

Selemiye Köyu

Auch dieses Dorf befindet sich noch im Dornröschenschlaf. Der einzige Laden der geöffnet hat, ist eine Bäckerei. Abendessen also an Bord aber mit Katzenbesuch.

Nachts immer wieder starke Fallböen. Auch der Wetterbericht verheißt nichts Gutes. Ein Tiefdruckgebiet ist im Anmarsch.

Es ist Ostersonntag, der 1. April. Es pfeift immer noch heftig von den Bergen herab. Ungewaschen und ungefrühstückt machen wir uns auf den kurzen Weg zur Marti Marina bei Orhaniye. Der Wind nimmt stetig zu. So ist es beruhigend, dass uns gleich drei Helfer im Pilotboot beim Anlegen zur Seite stehen. Aber alles klappt perfekt. Langsam sind wir ein eingespieltes Team.

Orhaniye ist ein weit auseinandergezogenes Dorf mit viel landwirtschaftlicher Fläche und keinerlei Versorgungsmöglichkeiten. An einer Art Tankstelle an der Durchgangsstraße wollte man uns für 4 Äpfel ein Vermögen abnehmen. Nein danke! Das Strandrestaurant Orhaniye Incir hat als Einziges geöffnet. Essen und Service sind ganz OK. Nachts zieht die Front durch und schüttelt uns selbst in der geschützten Marina ziemlich durch.

Frohe Ostern!

Obwohl die meisten Yachten noch an Land stehen, waren der Supermarkt und ein Restaurant in der Marina geöffnet. Sogar unsere Wäsche konnten wir zum Waschen abgeben. Auch die erste leere Gasflasche kann problemlos getauscht werden.

Am Dienstag stellt sich stabiles Hochdruckwetter ein. Schnell noch mal duschen, Boot fertig machen und los geht´s Richtung Westen, Kurs Palamut Bükü. Querab Simi muss der Motor mithelfen, ab Inçe Burun geht es dann wieder mit reiner Windkraft voran. Hayit Bükü, das wir als Erstes anlaufen, ist durch Fallböen als Ankerplatz heute absolut ungeeignet. Also weiter zum Hafen von Palamut Bükü. Die Einfahrt ist versandet und daher Vorsicht geboten. Im Hafenbecken herrscht ein rechtes Leinen- und Ankergewirr. Der uns zugewiesene Platz gefällt uns nicht besonders, so dass wir 10 Minuten später wieder draußen sind und vorm Hafen ankern. Nach einem ruhigen Sundowner setzten auch hier Fallwinde ein und bescheren eine extrem unruhige Nacht. Gegen 2:00 Uhr ist keine Ankerwache mehr notwendig. Dafür setzt Schwell ein, so dass einmal sogar die Besteckschublade aufspringt.  Interessant ist, dass es zu der Jahreszeit nachts immer richtig bläst und tagsüber der Wind gerade so zum Segeln reicht. Umgekehrt wär´s deutlich entspannter.

 

Wir verlassen den Bereich der Daça Halbinsel mit einem kurzen Abstecher zum antiken Knidos. Den Gökova Körfezi lassen wir aus. Es geht stundenlang zum Teil unter Motor an der Insel Kos vorbei. Je näher wir unserem Tagesziel, der D-Marin Turgutreis, kommen, desto mehr nimmt der Wind zu, leider wieder exakt gegenan. In Turgutreis, der zweitgrößten Marina der Türkei, sind unsere Schiffsdaten noch im Computer gespeichert. Wir checken gleich für zwei Tage ein und unternehmen Tagesausflüge nach Bodrum und Turgutreis, kaufen einige Leinen und verproviantieren MERLIN neu.

Freitag, 6. April. Es ist wolkig geworden. Frühstück unter Deck, noch mal duschen, dann geht´s weiter. Zunächst unter Motor Richtung Norden an Gümüslik vorbei. Dann in den Güllük-Golf. Wir segeln mit 2 bis 3 Knoten Fahrt durch den Golf. Ab Asim Körfezi werden es dann 5 Knoten. Leider geht unser Windmesser nicht mehr. Wir steuern Port Iassos an.

Es gibt nur wenig Informationen über diese Marina, da sie noch nicht sehr lange besteht. Auch hier hat die Saison noch nicht begonnen. Man bemerkt uns erst, als wir bereits einen Anlegeversuch starten. Natürlich unter Fallwinden. Das Personal der familiär geführten Marina ist überaus freundlich und hilfsbereit. Im Büro erfahren wir, dass unsre Nachbaryacht dem Schauspieler Sigmar Solbach gehört. Leider ist er nicht anwesend, wir hätten ihn gerne kennengelernt. Es ist die günstigste Marina auf unserer Türkeireise. Wahrscheinlich weil u.a. keine Krananlage und keine Tankstelle vorhanden ist. Auch die Anreise ist etwas umständlich. Zwar fliegen im Sommer genügend Airliner Bodrum an, aber den letzten Streckenabschnitt muss man mit einem Fähr-Gullet zurücklegen.  Am Hang befindet sich eine Geisterstadt. Alles leerstehende neue Villen, die bereits wieder dem Verfall ausgesetzt sind. Zum Marina-Service gehört der kostenlose und mehrmals täglich verkehrende Gullet-Transfer nach Güllük, den wir zu einem Tagesausflug nutzen.

Stadtstrand von Güllük. Gegenüber liegt die Marina unterhalb der Villen-Geisterstadt

Es wird langsam Sommerlich warm. Bei Blumenkohlwolken sitzen wir abends im T-Shirt an Deck und planen die Weiterreise. Didim – St. Nikolo – Kuşadasi – Samos usw. usw.

Der Wetterfrosch hat für Nachmittag Gewitter angekündigt. Wir starten deshalb zeitig, um trockenen Fußes in Didim anzukommen. Alle Segelversuche schlagen fehl. Es herrsch zu wenig Wind. Erst kurz vorm Anlegen frischt er auf. Aber das kennen wir ja bereits. Der abendliche Besuch des Apollo-Tempels endet jäh mit einem Wolkenbruch. Ein Supermarkt bietet Unterschlupf. Dort gibt es auch Regenschirme zu kaufen. Ziemlich durchnässt kehren wir zu MERLIN zurück. Dann wird´s halt ein gemütlicher Fernsehabend unter Deck. Dank Bord-WLAN und Frankenschau.

Unser nächstes Ziel ist die Bucht St. Nikolo am türkischen Festland gegenüber der Insel Samos. Doch vorher werden in der Marina noch mal 70 Liter Diesel getankt und 20 im Kanister gebunkert. Nach dem Kap Tekagaç bringen uns achterliche Winde Richtung NNW, entlang der Küste. Um 16:30 Uhr erreichen wir St. Nikolo. Der Wind bläst mittlerweile wieder recht ordentlich und macht den Ankerplatz unsicher. So versetzen wir weiter nach St. Paul. In der Karte Su Adasi genannt, wo sich das Eisen bei 5 Meter Wassertiefe in den Sand gräbt . Gegen 21:30 Uhr, es ist schon dunkel, nähert sich langsam tuckernd ein Fischerboot. Die Jungs versuchen ihr Netz, das sie einholen, unter MERLIN vor zu bringen. Vergeblich. Die Boote berühren sich mehrmals, dann wird das Netz kurzerhand mit dem Messer gekappt. Nach einer halben Stunde kommt der Fischer von der anderen Seite um das andere Netzende einzuholen. Das gelingt. Es hat sich zum Glück nicht unter unserem Rumpf verfangen. Keiner schimpft oder flucht. In gebührendem Abstand machen die Fischer ein Schläfchen. Aber nach drei Stunden, es ist immer noch stockdunkel, legen sie das geflickte Netz wieder aus. Diesmal allerdings mit vielen Blitzlichtern dran. Morgens holen sie Ihre Beute ein. Wir nehmen ein Sonnenbad in der Bucht, die uns für ein paar Stunden alleine gehört. Um 10:30 Uhr gehen wir Anker auf, runden Kap Dipburun und machen uns auf den Weg nach Kuşadasi. Immer brav an der türkischen Küste entlang, da uns ein griechisches Kriegsschiff beobachtet, oder sagen wir eskortiert. Meinen wir jedenfalls. Das Meer ist glatt wie die Folie damals in der Augsburger Puppenkiste.  Wir nehmen direkten Kurs 030 Grad nach Kuşadasi.

Um 15:00 Uhr machen wir am Steg L fest. Annähernd an der Stelle, wo MERLIN über ein Jahr seinen Platz hatte. Esra, die Frau von Günter, begrüßt uns herzlich. Auch die anderen Gesichter kommen mir noch bekannt vor. Es ist ein bisschen wie heimkommen. Am nächsten Morgen kümmert man sich um die defekte Windanlage und noch ein paar weiter Baustellen. Gegen Mittag fahren wir mit dem Dolmush nach Ephesus und zur Kapelle der Jungfrau Maria. Ich mache mir normalerweise nichts aus alten Steinen, aber diese historische Stätte muss man gesehen haben. Es ist sehr beeindruckend, ja beinahe überwältigend. Als wir zur Marina zurückkommen, liegt bereits unsere gewaschene Wäsche an Deck. Nachts ist noch eine deutsche Dreier-Crew mit dem Taxi angekommen und belegt eines der Nachbarboote. Auch eine Rentnercrew, wie uns scheint. Am nächsten Morgen stellt sich der Skipper bei uns vor. Er heißt Walter. Ein sehr sympathischer Typ mit dem man gerne plaudert. Er erinnert mich auch irgendwie an Jemanden. Meinen Namen kann er sich ganz gut merken, meint er. Sein Sohn heißt auch Thomas. Merkwürdiger Zufall, mein Vater hieß auch Walter. Und jetzt weiß ich auch, an wen er mich erinnert.

Mittlerweile hat der Elektriker eine neue Platine für unsere Windanlage aus Izmir geholt. Wir unternehmen einen Museumsbesuch auf der vorgelagerten Taubeninsel. Übrigens, Kuş heißt auf Türkisch Taube und Adasi natürlich Insel. Kuşadasi – die Taubeninsel! Mittags essen wir in der Stadt in einem Einheimischen-Lokal für 17 Türkische Lira. Das sind umgerechnet 3 Euro und 50 Cent für 2 Personen incl. Suppe und Getränke und Tee auf´s Haus.

Freitag der 13. April. Auf nach Samos.

Gestern haben wir noch mit Tassos, einem Agenten auf Samos, Kontakt aufgenommen und uns für heute Nachmittag angekündigt. Er wird uns beim einklarieren helfen. Die Überfahrt bis Samos Marina ist in knapp drei Stunden bewältigt. Das GPS zeigt exakt den Grenzverlauf an. Um 12:45 holen wir die türkische Gastlandflagge ein und setzen  feierlich die Griechische.

In Samos ist alles etwas anders. Griechisch halt. Wir müssen fünfmal über Funk rufen, bis wir Antwort erhalten. Niemand geleitet einen zum Liegeplatz. Das ist eigentlich nicht weiter schlimm. Nur eben anders. Etwas ungewohnt wenn man, wie wir, in der Türkei mit Service verwöhnt wurden. Die dunkelhaarige Schönheit im Marina-Büro entschädigt nur teilweise für den geringeren Service. Auch die Liegegebühren sind in Griechenland anders. Und zwar deutlich günstiger. Nach dem ersten Waschraumbesuch kann man sich auch denken warum. Aber das ist schon ok, man muss halt beginnen griechisch zu denken. Dann passt das schon wieder.

Etwa 30 Minuten nach unserer Ankunft steht Tassos vor unserer Pasarella. Er erleichtert uns um unsere Ausweise und die Schiffspapiere. Nach einer Stunde ist er wieder zurück. Sein Kumpel auf der Polizeistation hat Urlaub und der Stellvertreter möchte uns dann doch persönlich kennenlernen. So werden wir kurzerhand zur Polizeistation gefahren und sind drei Minute später eingebürgert wieder draußen.

Pyhtagoreon auf Samos

Die Luft steht in der Marina. Endlich ist es richtig Sommer geworden. Abends nehmen wir den Schotterweg am Ufer entlang zur Stadt Pythagorion. Auch hier bin ich vor 12 Jahren schon mal entlang gelaufen. Wir machen einen Stadtbummel, hören seit langem mal wieder Kirchenglocken und finden in einer engen Gasse eine typisch griechische Taverne mit Hausmannskost, Ouzo und Retsina.

Am anderen Morgen spielt Tassos den Reiseführer für uns. Aus seinem Auto aus zeigt er uns die Gegend und macht Vorschläge für Wanderungen. Letztendlich setzt er uns an einem Bergkloster ab, wo sich in einer Tropfsteinhöhle ein Altar befindet. Nachmittags machen wir eine Taxifahrt nach Samos Stadt. Ein quirliger Ort mit großem Hafen. Dort treffen wir auf zwei deutsche Rettungskreuzer und sprechen mit einem der Kapitäne. Sie sind schon seit Monaten hier stationiert und haben bereits viele Flüchtlinge aus dem Wasser gezogen. Nicht immer Lebende. Keine einfache Aufgabe. Ich habe geörigen Respekt.

Am nächsten Tag besichtigen wir den Tunnel des Eupalinos. Er wurde vor 2.600 Jahren über einen Kilometer durch den Berg gegraben und diente zur Wasserversorgung. Die Grabungen starteten von beiden Seiten gleichzeitig. Und man hat sich in der der Mitte getroffen. Respekt! Auch den Flughafen von Samos, mit dem abenteuerlichen Anflug, lassen wir uns nicht entgehen. Am Abend gibt es noch die vorbestellte Moussaka bei Maria in unserer „Stammkneipe“. Dann müssen wir Abschied nehmen.

 

Dienstag, der 17. April

Es geht nach Agathonisi, einem kleinen Klecks auf der Seekarte. Die Südseite ist sehr zerklüftet mit schönen Ankerbuchten. Wir fahren mit dem Dinghi und einer Flasche Rotwein an den menschenleeren kleinen Kiesstrand. Diese Sonnenuntergänge sind wie Meditation. Kein Mensch weit und breit. Kein Lärm. Nur die Sterne und die Spiegelung des Mondes im Wasser.

Mittwoch, der 18. April

Im Gegensatz zum Strandbesuch war die Nacht dann doch nicht ganz so ruhig. Einsetzender Wind hat zweimal den Ankeralarm ausgelöst. Und weil Merlin immer so gerne mit dem Wind tanzt, klopft die Kette ziemlich lautstark gegen den Metallbeschlag am Bug.  Auch die Ankerkralle hilftbei so großen Drehungen nicht dagegen. Gegen 10:00 Uhr holen wir den Anker ein und nehmen Kurs Leros. Knapp eine Stunde später meldet sich der Wind wieder, der, seit er unseren Anker sah, schlagartig verstummte. Wir peilen die Nordspitze der Insel an. Neben den vielen Fischzuchten gibt es zwei Marinas, die von einer Landebahn getrennt sind. Vergeblich suchen wir durchs Fernglas den dazugehörigen Hafen. Später erfahren wir, dass es hier nur Landliegeplätze und einen Travellift gibt. Wir drehen nach Südost und erreichen um 15:30 Uhr unser Ziel, die Stadt Lakki.

Leros hat eine unrühmliche Vergangenheit als Irrenhausinsel. Lakki hat einen für Griechenland untypischen Baustil. Wir sind beim Stadtbummel auch beide nicht besonders beeindruckt. Lange dauert es, bis wir ein uns passendes Lokal finden. Dort erhalten wir das schlechteste Essen unserer Reise, zum teuersten Preis.

 

Donnerstag, der 19 April.

Der Windfinder meldet stürmisches Wetter für die nächsten Tage. Und obwohl wir für zwei Nächte Hafengebühr entrichtet haben, brechen wir Hals über Kopf auf. Entgegen unseren Plänen nehmen wir Kurs zurück zum türkischen Festland. Als wir durch die Passage zwischen Leros und Kalimnos sind, wird’s richtig Windig. Mit stark gerefften Segeln geht´s in Schussfahrt dahin. Auch die Wellen sind nicht von schlechten Eltern. Die nächste schützende Marina ist Turgutreis wo wir um 14:30 Uhr an unserem alten Platz festmachen. Die Crew im Büro ist zwar etwas verwundert, dass wir schon wieder da sind, können es aber bei der Wetterlage ganz gut verstehen.

Der Starkwind lässt nicht nach und wir bleiben ein paar Tage. Aus dem geplanten Trip nach Pamukale wird es dann allerdings doch nichts. Der letzte Bus ging gestern, der Nächte erst am Montag.  Wir gehen einkaufen sitzen im Kaffee, bummeln durch die Straßen und reservieren einen Tisch für Samstagabend  in einem Fischrestaurant, in dem wir die Vorspeisen schon mal vorgekostet haben.

Von Werner, einem Hessen der mit seiner 44er Bavaria unterwegs ist, erfahren wir, dass die Bavaria-Werft gestern Konkurs angemeldet hat. Werner hatte früher seine Yacht über die Fränkische Firma Franken & Meer verchartert. Die Agentur war in unserer Stadt beheimatet. So klein ist die Welt.

Montag 23. April

Es geht nach Kos. Herrlicher Segelwind. Wir sind mit 6 Knoten gut unterwegs. Im Fahrwasser müssen wir immer wieder ziemlich großen Frachtern ausweichen.

Danach riecht es eine Zeitlang wie daheim im Heizungskeller. Und das Wasser wandelt sich zur schillernden Brühe. Welcher der Große der Übeltäter war, ist schlecht auszumachen. Die Strecke ist ziemlich befahren. Aber eine riesen Sauerei ist es allemal. Gegen Mittag sind wir bereits am Tagesziel, holen die Segel ein und melden uns über Funk bei der Marina Kos an. Wir lassen einen anderen Segler mit Motorschaden den Vortritt, bevor wir am Steg F anlegen. Der Abendspaziergang führt uns zum Stadthafen. Auch hier kommen Erinnerungen an einen früheren Törn hoch. Zum Abendessen haben wir uns die Taverne MπAXAPIA ausgesucht, in der nur Einheimische sitzen. Wir werden nicht enttäuscht.

Morgens weckt uns ein Betonmischfahrzeug. Direkt an unserem Heck bessern Arbeiter die Pier aus. Allerdings typisch griechisch. Nachdem der Glattstrich fertig war, kamen zwei Kleinbusse und haben ihr Reifenprofil in der frische Betonschicht verewigt. Nachmittags sehen wir uns die Platane des Hyppokrates an.

Donnerstag, der 26. April

Nach einem weiteren kurzen Übernachtungsstopp in einer Bucht am türkischen Festland, steuern wir die Insel Symi an.  Zuvor gibt es Frühstück an Deck. Es ist sommerlich warm geworden. Die Durchfahrt zwischen der Insel Nimos und Symi ist atemberaubend. Das Hafenhandbuch meint, man soll sich nicht nervös machen lassen, ob der geringen Tiefe und der wechselnden Wasserfarbe. Hinter dem eigentlichen Haupthafen im Postkartenmotiv, gibt es eine tief einschneidende Bucht. Dort fällt unser Ankerpärchen auf 17 Meter in gut haltenden Schlick. Ingrid geht erstmals ohne Neopren ins Wasser. Es ist Sommer geworden. Im einzigen Strandkaffee gibt es, Dank der EU,  0,3 Liter Bier für 3,40 Euro. Quasi ein Euro pro Schluck. Nachdem wir die einzigen Gäste sind, entscheidet die Wirtin in 15 Minuten zu schließen. Abendessen also an Deck. Es ist windstill und wird sternenklar.

 

Am Morgen, als die Sonne über die Hügel spitzt, sehen die Hänge wie abgeschmolzene Gletscher aus. Total Karg, ohne einen grünen Fleck. Landwirtschaft ist auf Symi offensichtlich nur eingeschränkt möglich. Unser heutiges Tagesziel, Rhodos Marina. Die ewig „Unvollendete“. Um 10:30 Uhr zerren wir die Anker aus dem Grund und befreien sie mühselig vom Schlick. Anschließend muss das ganze Boot gereinigt werden. Um 11:30 Uhr querab Karaburun passieren wir ein dümpelndes griechisches Kriegsschiff. Dann kommt endlich Wind auf und wir segeln mit gemütlichen 3kt Richtung Nordspitze von Rhodos.  Die Handbücher und selbst der Kartenplotter sind sich nicht ganz einig, wo denn die Marina genau liegt. Im zweiten Anlauf finden wir die Einfahrt. Eine Kennzeichnung wäre sehr hilfreich gewesen, da es mehrere Häfen ringsum gibt. Wir parken MERLIN achteraus bei 18 Knoten Wind in einen Seitensteg ein. Es gibt kein Mooring-System. Antonia erleichtert uns für zwei Nächte um 80 Euro. Der Eincheck ist problemlos, schließlich hatten wir uns gestern bereits per Mail angekündigt. Bisher liegen wir alleine am Steg, dann laufen 12 Regattaboote beinahe zeitgleich ein. Wahrscheinlich alles perfekte Segler, nur vom Anlegen leider nicht die geringste Ahnung. Ich stürme aus dem Marina-Kaffee, weil ich echt Angst um unser Boot habe. Die Marina-Crew kann aber Schlimmeres verhindern.

Wir haben nichts gegen Ausländer. Schließlich sind wir selbst auf der ganzen Welt Ausländer. Man darf auch Nichts verallgemeinern. Aber wenn 12 Crews Russen aus Dusche und Toilette kommen, brauchst Du da hinterher nicht mehr rein. Das Abendessen nehmen wir, weit entfernt der Touristen, in einer unscheinbaren aber urigen Taverne ein. Und wieder haben wir mit unserer Entscheidung ins Schwarze getroffen.  Nach Retsina und einigen Gläsern Ouzo werden wir etwas melancholisch. Zu viele sind in letzter Zeit von uns gegangen. Wir stoßen auf Karin an, auf Herbert, auf unseren Papagei, unseren treuen Hund, auf meinen Vater und noch so einige, die wir in diesem Leben wohl nicht wieder sehen werden.

Samstag, der 28.04.

Hier soll er mal gestanden haben.

Wir besichtigen die Altstadt von Rhodos. Die Stadt ist sehr touristisch, groß und laut. Sie hat doppelte Stadtmauern. In deren circa 3 Kilometer langen Burggraben steht die Luft wie in der Sauna. Im Stundentakt landen die Flugzeuge über unseren Köpfen hinweg und karren Touris an.

Am Nachmittag bereiten wir MERLIN auf die Weiterreise vor und bemerken dabei Wasser in der Bilge. Der Geschmackstest sagt Süßwasser, vermischt mit Öl und anderen Feinheiten. Nach dem Lenzen ist Ruhe. Pumpe, Wasserboiler, Außendusche, nirgends ist ein Leck erkennbar.

Sonntag, der 29.04.

Wir klarieren über Michalis, einem Agenten, aus Griechenland aus und machen uns um 9:00 auf den Weg zurück zum türkischen Festland. Das Wasser in der Bilge steigt wieder an. Wir ändern unsere Pläne und gehen auf Kurs 090 Richtung Göçek zu einem Wartungs-Zwischenstopp. Nach 6 Stunden erreichen wir den „Bodensee“. Ein wahrer Schwarm an Segelyachten kommt uns entgegen. So viele Yachten haben wir die letzten 5 Wochen zusammen genommen nicht gezählt. Die Saison hat augenscheinlich längst begonnen und gestern war auch noch „Bettenwechsel“ in den Charterbasen. Um 17:15 Uhr legen wir an unserem Haus-Steg an.

Am nächsten Tag ist bei der Stützpunktcrew Off-Day. Wir schließen uns an und legen einen Ruhetag am marinaeigenen Sandstrand ein. Es folgt eine improvisierte Bandprobe mit Minikeyboard und CD. Denn unmittelbar nach unserer Rückkehr steht ein wichtiger Auftritt an. Da muss ich fit sein. Abends lassen wir´s im Çan Restaurant mal so richtig krachen. Unzählige Vorspeisen, Dorade, Rinder Filetsteak und Nachtisch. Das Ganze für sage und schreibe 180 türkische Lira, entspricht 35,- Euro. Geht doch, für zwei Personen?!

Am Dienstagmorgen geht es los. Die Wasserpumpe wird abgedichtet und der undichte, ölige Saildrive repariert. Gegen 15:00 Uhr sind, dank Serkan, die Arbeiten abgeschlossen. Auch die verschlissene Moooring-Leine wird gleich mit getauscht.

 

Mittwoch 02.05.2018

Nach einem Zwischenstopp an der Tanke und dem Check des verstopften Fäkalientanks geht es weiter die türkische Küste entlang. Diesmal Richtung Süden. Gemiler Adasi ist unser geplantes Ziel. Der Wetterbericht kündigt nachts zunehmende und drehende Winde an. Wir entscheiden uns deshalb für eine Mooring-Tonne vor dem Restaurant bei Karacaören. Ein Ton aus dem Nebelhorn und wir werden von Chef persönlich mit dem Boot abgeholt. Es ist eine sehr einfache Taverne, wie wir es gerne haben. Die selbst gebackenen Brote und Speisen aus dem Holzbackofen sind gut. Man ist sehr um die Gäste bemüht.

Donnerstag 03.04.

Der Wetterbericht meldet Starkwind für die ganze Region. Das ist gut zum Segeln, aber schlecht zum Ankern. Er soll nämlich nachts nicht abschwächen. Entgegen unseren Plänen, bis zur Bucht vor Kalkan zu fahren, beschließen wir bis Kaş durchzufahren. Querab der sieben Kaps verändert sich die Farbe der See schlagartig. Wie wenn ein Schalter umgelegt wurde, haben wir plötzlich 28 Knoten am Stau und 1,5 Meter Welle. Wir müssen kreuzen, da der Wind wieder annähernd von Vorne kommt. Nach 10 Stunden anstrengendem Ritt erreichen wir die Bucht der Kaş Marina. Mit dem Salz auf der Haut könnte eine Großküche eine Woche lang würzen. Die Hilfe beim Anlegen ist sehr hilfreich und unübertroffen gut. Perfekter Service. Man erinnert sich sogar noch an uns und zeigt auf unseren damaligen und heute verwaisten Liegeplatz G 27. Schließlich lag MERLIN fast zwei Jahre schon hier. Unser Lieblingsrestaurant in Kaş hat den Besitzer gewechselt. Das Essen ist aber nach wie vor sehr gut und günstig. Yeşil-Restaurant Atatürk Blv. 11/1.

Wie schon vorhergesagt war die Nacht ziemlich windig was in der Marina nicht weiter stört. Von Ümit, dem Marina-Chef werden wir wie immer herzlich begrüßt. Er ist mittlerweile nicht nur ein Facebook-Freund geworden. Zum zweiten Frühstück geht’s in die Stadt. Anschließend zum Markt. Insider wissen, dass Freitag Markttag ist und es dort die wohlriechensten Erdbeeren von Welt gibt. Auch fürs Boot werden einige Dinge benötigt. Schlüsselanhänger für die Relingsicherung, Spritzdüse für den Wasserschlauch, Spirale für den Fäkalientank, Spanngummi für die Fender. Den Nachmittag verbringen wir an Pool und Strand. Es sind weniger Gäste als Bedienstete da. Hoffentlich überlebt der Laden. Wäre schade darum. Der Wind kann sich am Abend nicht zwischen Ost und West entscheiden. Wahrscheinlich wegen der Gewitter die an den Bergen hängen und für eine farbige Abendstimmung sorgen, nur ab und zu vom Blitzlicht unterbrochen. Abendessen großspurig im Marina-Restaurant Pasarella. Mezze, Rindersteak, Oktopus, Bier, Wein, Raki. Die Bordkasse gibt´s noch her.

Sonntag, 6. Mai

Nachts hat es zweimal geregnet. Der Himmel ist 6/8tel bewölkt. Um 10:00 Uhr machen wir uns auf den Weg Richtung Kekova. Um 12:00 Uhr passieren wir die Engstelle Akar Geçidi. Von der letzten Nacht steht noch eine langgezogene hohe Welle an. Aber kein Wind. Nach der Einfahrt in den Kekova Körfezi drehen wir nach links (Backbord) und werfen beide Anker am Ende der Bucht Polemos Bükü auf 7 Meter Tiefe mit 50 Meter Kette. Hier sieht es aus wie vor 20 Jahren. Wir sind die einzige Yacht. Nachts lässt der Düseneffekt in der Bucht nach. Ein Anker hätte also locker gereicht. Im Frankenfernsehen erfahren wir, dass der Club wieder aufsteigt. Naja, dann.

Alle Wetterberichte sagen am frühen Morgen, dass bereits mittags schwere Gewitter zu erwarten sind. Richtung Kaş stärker, Richtung Finike schwächer. So machen wir uns Richtung Süden auf den Weg zum klaren Wasser von Gökkaya Limani. Wir schippern mit Vorwindkurs den kompletten Körfezi entlang. Viele Ausflugsboote sind unterwegs und kreuzen unsere Wege. Gegen 13:00 Uhr sind wir bereits am Tagesziel und werfen unsere Anker ins glasklare Wasser der Bucht. Südseefeeling pur. Ein Dinghi-Ausflug führt uns zur verfallenen Taverne am Ufer und zu einer verlassenen Stadt. Erstmals teste ich meine neue Taucherausrüstung und muss feststellen, dass ein Bleigürtel eine sinnvolle Anschaffung gewesen wäre. Abends schläft der Wind ein, wie ich es eigentlich von meinen Sommertörns in der Türkei gewohnt bin. Auch die Gewitterwolken haben gut Abstand zu uns. Wir haben unser Ziel gut gewählt und unser südlichstes Ziel unserer Reise erreicht.

Dienstag 8. Mai

Wir werden vom Regen geweckt. Dunkle Gewitterwolken stehen über den Bergen. Wir verlassen die Südsee Richtung offenes Meer, da hier die Sonne scheint. Allerdings scheinen uns die Gewitterwolken zu verfolgen. Immer wieder beginnt es kurz zu regnen. Wieder steht im offenen Wasser eine lange, ca. 2 Meter hohe Welle an. Aber es ist mehr ein wiegen als ein schaukeln. Am Leuchtfeuer biegen wir noch mal in den Kekofa Körfezi ein, Richtung Ügazik. Denn wir wollen unbedingt noch unseren Freund Hassan besuchen. Die Gemeindestege treiben unübersichtlich vorm Dorf im Wasser. Unser Dinghi wird aber von Land aus gelotst, damit wir uns  nicht in den Stahltrossen verfangen. Hassan, seine Frau und seine Tochter sitzen alleine im Restaurant und schimpfen mehr oder weniger über die politische Lage im Land und das Ausbleiben der Touristen. Wenn auch die Auswahl nicht sehr groß ist, gibt es leckere Vorspeisen und Çibura (Dorade).

Am nächsten Morgen besprechen wir beim Frühstück die weitere Route. Wir wollen noch eine weitere Nacht in Kaş-Marina zubringen. Duschen, Batterien laden, Wasser bunkern, Schrauben kaufen und SIM-Karte aufladen. Und dann machen wir uns über Karakaören auf den Weg nach Hause. Mit achterlichen Winden kommen wir die nächsten Tage gut voran. Eolos tut es jetzt scheinbar doch etwas Leid. Für all den Gegenwind und die vielen Motorstunden der letzten Wochen.

Wir gönnen uns in der Sarsalla-Bucht noch ein üppiges Abendessen mit bunt gemischten Vorspeisen, Hähnchen aus dem Backofen, gegrilltem Gemüse, mit Käse überbackenem Brot, und Früchten. Am nächsten Morgen fahren wir nur ein kurzes Stück. Und zwar zu der Mooringtonne, von der wir vor acht Wochen unser Abenteuer begonnen hatten. Steine als Bleiersatz helfen beim Tauchen. Der letzte Abend auf See stimmt uns schon etwas nachdenklich. Wie schnell doch die Zeit vergeht. Prost Ingrid! Prost Thomas! Morgen geht´s zurück nach Göçek und in ein paar Tagen holt uns der Alltag wieder ein. Aber es wird nichts mehr so sein, wie vorher.

Montag, der 29. Oktober. Vorausgeeilt

Nach unserem längeren Törn im Frühjahr und einem nicht enden wollenden Sommer in Deutschland, bin ich mal wieder auf dem Weg zu MERLIN. Im Anflug auf Istanbul zeige ich meinem deutschtürkischen Sitznachbarn den neuen Flughafen aus der Luft. Als Pilot hat man ein Auge für sowas. Er ist begeistert und gibt die Info lautstark an die halbe Besatzung weiter. Viele türkische Mitreisende verlassen spontan ihre Plätze, um auf der Backbordseite durch die Kabinenfenster zu schauen. Irgendwie hatte ich den Eindruck, der Autopilot musste kurzzeitig ziemlich gegensteuern. Was ich bis dahin nicht wusste, dass heute Staatsfeiertag in der Türkei ist und genau zur selben Stunde der neue Flughafen mit Pomp und Gloria eingeweiht wurde.

Ich bin meiner Crew zwei Tage vorausgeeilt. Das gibt mir Zeit, MERLIN in aller Ruhe auf den Törn vorzubereiten, am Hafen und Strand zu flanieren, neue Bootschuhe einzukaufen, mit anderen Eignern zu plauschen und ausgiebig mit der Stützpunkt-Crew zu sprechen. Ingrid ist dieses Mal nicht mit dabei. Wir haben einen vierbeinigen Familiennachwuchs erhalten, der zuhause all ihre Aufmerksamkeit braucht.

Donnerstag, der 1. November.  Pasarella mit Zwiebel und Thunfisch

Spät ist es gestern geworden bis die Crew endlich eintraf. Trotz der langen Reise waren die Jungs noch ziemlich fit, haben gleich meine Biervorräte geplündert und wollten, trotz üppiger Bordverpflegung, noch ins Palmyra zum Abendessen. Trotz zweistündiger Zeitverschiebung kommt bereits um acht Uhr morgens, Leben ins Boot. Frühstück im D-Cuisine in der Marina, Proviant einkaufen, MERLIN abfahrbereit machen.

Um 12:30 Uhr legen wir vom Steg C ab. Die Reise soll uns diesmal Richtung Südosten führen.  Das heutige Ziel, aufgrund der bereits fortgeschrittenen Tageszeit, ist Karacaören.  Es wehen schwache thermische Winde, die uns mit drei bis vier Knoten Fahrt voran bringt. Eigentlich der richtige Start, sich wieder ans Segelleben zu gewöhnen und vergessenes aufzufrischen.

Ab Dökükbaşi schläft der Wind ein. Wir motoren ums Kap bis zu unserem Ziel. Bei der Ansteuerung sollte man sich genau ans Hafenhandbuch halten.  Verlockend die Abkürzung, die aber böse enden kann.  Der Senior-Chef hilft beim Festmachen an einer Mooring-Boje.  Zum Abendessen wird man abgeholt. Verabredetes Signal ist ein kräftiger Stoß ins Nebelhorn. Die Taverne besteht zum Großteil aus einer hölzernen und etwas klapprigen Terrasse.  Die Speisen werden im Holzbackofen zubereitet. Wenn auch etwas schmuddelig, ist es hier immer recht nett, familiär und herzlich.

 

Freitag, der 2. November.

Kühlschrankreferent und Kaffee-Thermoskannen-Beauftragter.

Die Nacht war kurz. Um 7:00 Uhr wecken, um 7:05 Uhr laufen wir los. Körperpflege und Frühstück erfolgen unter Fahrt. Es liegen 45 NM vor uns und  die Zeit zwischen Sonnenaufgang  und Untergang beträgt im November gerade mal neun Stunden.  Die Sonnenaufgänge auf See sind immer wieder atemberaubend. Gegen 9:00 Uhr passieren wir das Erste der sieben Kaps.  Als auch der Letzte aus der Nasszelle steigt, verfliegt langsam der Räuchergeruch vom offenen Kamin, letzten Abend.  Als wir gegen 11:00 Uhr das siebte Kap querab haben, herrscht immer noch absolute Flaute.  Hinter der Insel Saribelen, kurz nach Kalkan, legen wir einen Badesstopp ein.  Da wir recht flott vorankamen, gestaltet sich die Pause etwas länger. In geheimer Wahl werden einige wichtige Posten vergeben. Es gibt Häppchen und handgemachte Bordmusik. Schließlich haben wir Gitarre und Keyboard ab Bord.

Gegen 17:00 Uhr erreichen wir Kaş-Marina und machen am Steg G, Platz Nr. 24 1/2 fest. Besser hab ich´s nicht getroffen. Abends zum Landgang nach Kaş und in mein Stammlokal Yesil. Das Essen ist gut, der Preis unschlagbar. Anschließend noch ein handgerolltes Eis und für den Absacker an Bord noch eine Box mit dem klebrig pappigen und triefenden Blätterteiggebäck, auch Baklava genannt .

 

Samstag, der 3. November. Wabu voll

Kurz nach 08:00 Uhr kommt Bewegung ins Boot. Die Morgenblase drückt. Den ersten Kaffee bzw. Tee trinken wir an Bord. Das eigentliche und ausgiebige türkische Frühstück nehmen wir im Marina-Restaurant „Pasarella“  ein. Einige Lebensmittel müssen bereits nachgebunkert werden. Vor allen Dingen Bier 😉 Und wir brauchen Wasser, da wir vor der Abfahrt glatt vergessen haben, den Wassertank zu füllen. Stressfrei geht es um 12:00 Uhr aus der Marina-Bucht, dann unter Motor links ums Kap herum, Kurs 140 Grad. Wir haben Zeit. Nutzen die fünf bis sechs Knoten Wind und schippern voll besegelt an Kastellorizon vorbei, Richtung Kekova.  Der Wind dreht immer wieder und wir müssen feststellen, dass wir trotz kreuzen kaum mehr vorwärts kommen.  Um 15:00 Uhr nehmen wir den Motor zu Hilfe, um unseren Ankerplatz bei Tageslicht noch zu erreichen. Gegen 16:30 Uhr passieren wir die Einfahrt Akar Geçidi zum Kekova Körfezi. Die Sonne ist schon hinter den hohen Bergen verschwunden, als das Eisen auf 6 Meter Tiefe fällt.  Abends Kapitäns Dinner  mit allen unseren Rotweinvorräten. Danach Livemusik und anschließend Schottisch/Fränkische Songs von der CD.

Sonntag, der 4. November. Ein Kompliment.

Einige erfrischende Runden ums Boot lindern den Kopfschmerz. Es ist unser vierter gemeinsamer Segel-Tag. Und jeden Morgen begrüßt uns ein Stahlblauer Himmel.  Heute geht es, nach dem Frühstück, auf Wanderschaft. Wir setzen mit dem Dinghi über und erkunden eine antike Lykische Siedlung, rund zwei Kilometer vom Ankerplatz Polemos Bükü entfernt. Die Luft steht. Im Tal und am Berghang ist es drückend heiß. Ich bin froh, die Wanderung im November und nicht im August  zu machen. Kühle Getränke und ein Teller Hühnereintopf im schattigen Lokal am Strand, richten uns wieder auf. Nachmittags fahren wir ein Stück raus aus der Bucht und segeln dort wo es am besten läuft. Am Abend geht es zurück nach Kekova, in den inneren Bereich der Bucht. Es ist schon dunkel als uns mein Freund Hassan mit dem Boot abholt und nach Ügağız bringt. Wir nehmen die Instrumente mit an Land und drehen nach dem Essen mal richtig auf. Hassan wünscht sich ein deutsches Lied. Uns fällt spontan „Ein Kompliment“ von den Sportfreunden Stiller ein. Leider versteht er vom Text kein Wort. Wir erklären, dass es ein Kompliment an seine hervorragende Küche ist.

 

Montag, der 5. November. Wenn die Pizza trauer trägt.

Das Frühstück ist für Hartmut heilig. Die anderen ziehen da mit. Und so wird es jeden Morgen mit Rührei, allerlei Wurst und Schinken, Marmelade und Müsli zelebriert.  Wenn das so weiter geht, werde ich zwangsläufig auch noch zum Frühstücks-Fan.  Gegen 11:00 Uhr ist die letzte Tasse geleert und gespült. Wir machen uns auf den Weg, raus aus Kekova Körfezi. Mit leichten Winden geht es Richtung Demre. Ich möchte die unvollendete Marina inspizieren, die von weitem schon an der großen Steinmole erkennbar ist. Sie liegt Jahre schon da, wie eine Geisterlandschaft. Zu 80% fertig und doch nie zu Ende gebaut. Wir haben unser südöstlichstes Reiseziel erreicht. Mit den letzten thermischen Winden kreuzen wir zurück in die Yali-Bucht. Pizzateig entsteht. Als Teigroller muss eine leere Rotweinflasche herhalten.  Es gibt drei Bleche Pizza mit unterschiedlichen leckeren Belägen. Leider ist die Wärmeverteilung in Ofen nicht besonders homogen. So entstehen schwarze Streifen auf dem Pizzaboden. Hat man erst mal die richtige Esstechnik heraus, schmeckt es aber köstlich.

 

Dienstag, der 6. November.

Nur der Vollständigkeit halber. Es ist immer noch stahlblauer Himmel. Das Barometer steht auf 1020 hPa und hat sich die ganze Woche nicht weiter als um +/- 1 hPa bewegt. Die Wassertemperaturen betragen 24 Grad. Lediglich die ersten 10cm sind deutlich kälter. Die klare Nacht entzieht dem Oberflächenwasser die Wärme. Ein für uns neues Phänomen. Nach dem Bad folgt natürlich das fürstliche Frühstück. Sobald der erste Windhauch bläst, setzen wir Vollzeug und rauschen mit einem Knoten pro Stunde dahin. Ich hätte längst aufgegeben, aber die Crew ist voll bei der Sache. Es fallen Sprüche wie: das wird schon noch besser, segeln ist viel umweltfreundlicher, wir haben ja Zeit, wenn Du jetzt reinfällst, kommst nicht mal mehr hinterher. Ich lege mich in die Koje und lass die Jungs basteln. Gegen 16:00 Uhr müssen wir dann aber doch den Motor anwerfen. Das tägliche Rennen gegen den Sonnenuntergang steht an. Mit sechs Knoten geht es zurück nach Kaş. Ein Delphin kreuzt unsere Bahn, ist aber nicht zum Spielen aufgelegt. Eine große Wasserschildkröte taucht vor uns ab. Das von der Crew gebuchte Adventure-Packet ist somit auch erfüllt. Gegen 17:30 Uhr sind wir wieder in der Marina am Steg G Platz 14,0 fest. Ümit, auch schon ein liebe gewordener Freund, begrüßt uns herzlich im Büro. Es gibt so viele Lokale in Kaş, aber trotzdem zieht es mich immer wieder zu Yesil. Und der Karton Pappzeug darf hinterher natürlich auch nicht fehlen. Beim Absacker an Bord hängen alle müde rum, aber keiner will den Anfang machen. Ich kann leider nicht, da ich Mitschiffs im Salon schlafe.

 

Mittwoch, der 7. November. Guten Morgen Sonnenschein

Es ist 6:30 Uhr und wir werden, wie übrigens jeden Tag, von Nana Mouskouris Song „guten Morgen Sonnenschein“ geweckt. Zu so früher Stunde klingt der Song noch wesentlich nerviger. Zahnpflege, duschen, ablegen.  Um 7:00 Uhr sind wir unterwegs. Gegen 9:30 Uhr, querab Kalkan folgt die erste Kursänderung. Karin und Hartwig, die mit ihrer Bavaria 40 die Woche im selben Gebiet unterwegs waren, sind zeitgleich mit uns ausgelaufen. Ihr Boot läuft einiges schneller und man sieht sie jetzt nur noch schemenhaft am Horizont. Aber sie haben die Segel gesetzt. Da vorne muss also Wind sein.  Auch wir können eine Zeit lang gut segeln. Als der Wind abflaut beginnt wieder die Rechnerei mit Ankunftszeit und Sonnenuntergang. Wir nehmen den Motor mit zur Hilfe. In der großen Bucht vor Göçek ist eine Regatta im Gange. Allerdings mehr statisch, bei dem Lüftchen. Wir halten uns frei vom Geschehen und machen an einer Tonne nördlich der Sarsala-Bucht fest.  Unsere  Fahrt ist um 17:30 Uhr mit dem obligatorischen Manöverschluck beendet.  Es ist etwas frischer geworden. Nach drei Songs wird es zu kalt an Deck. Küchenchef T2homas gibt noch mal Alles und zum Nachtisch gibt es Wolfgang Buck auf CD, ein fränkischer Bardensänger mit hohem Niveau. Spät am Abend bewundere ich noch mal den Sternenhimmel. Einige Regattayachten stehen immer noch vor der letzten gelben Tonne.

Donnerstag, der 8. November. In aller Ruhe

Um 8:00 Uhr ein Schluck Kaffee. Ein letztes Mal ums Boot schwimmen, dann geht’s zurück nach Göçek in die Marina. Den Dieseltank füllen und weiter zum Steg C Platz Nr. 11 den wir um 10:30 Uhr erreichen. Es liegen 191 NM hinter uns. Der Weg ist das Ziel. Nach dem Frühstück schicke ich die Crew zum Tagesausflug nach Fethyie um in aller Ruhe das Boot abrüsten zu können. Genau wie bei Törnbeginn. In aller Ruhe.

Thomas

Danke an Christian, für die schönen Bilder

…und danke an die Crew für den harmonischen und schönen Törn.

Die türkische Regierung hat über Nacht die Steuern für Charterlizenzen drastisch erhöht. Für MERLIN und uns ist es ein  absolut unrentables Geschäft geworden. Somit ist die Yacht von einem Tag auf den Anderen zum Privatboot geworden. FOREIN FLAG PRIVATE YACHT steht auf dem frisch ausgestellten Transit Log 2019. Wir müssen ab sofort neue Wege beschreiten. Wege, die eigentlich erst beim Gehen entstehen werden. 

Es ist schon fast dunkel, als ich am Sonntag in Göçek ankomme. Jedes Mal wenn ich nach längerer Pause MERLIN betrete, bekomme ich so ein unbeschreibliches Gefühl. Eine Mischung aus vertrautem  Wiedersehen, Freude und irgendwie auch Geborgenheit gepaart mit diesen eigenartigen Gerüchen, wohl aus der Bordtoilette. Das nüchterne Erwachen im neuen Zeitabschnitt wird mir erstmals bewusst, als ich die Kühlschrankklappe öffne. Für Charterkunden standen immer kühle Begrüßungsdrinks bereit. Jetzt ist dort nur gähnende Leere. Zum Glück sind Petra und Uli von der Sausalito am Steg und laden mich auf ein paar kühle Bierchen ein.

Der geplante Frühjahrstörn sollte eigentlich zwei Wochen dauern. Mit einem Crewwechsel auf halber Strecke. Leider sind einige Interessenten abgesprungen, so dass letztendlich ein 10tages Törn mit fünf Crewmitgliedern aus den beiden geplanten Wochentörns wurde. Sie reisen am Abend des nächsten Tages an. Bis dahin sind auch die ersten Bierchen kalt und nach dem Begrüßungsschluck geht´s ins Palmyra zum Abendessen.

Dienstag, der 7. Mai Auf geht´s

Um 8:15 kommt Bewegung ins Boot. Von den nächtlichen Pinkeleinlagen mal ganz abgesehen. Ich bekomme alles hautnah mit, weil ich im Salon schlafe, was mich aber nicht weiter stört, sondern eher den Überblick bewahren lässt.

Noch mal richtig ausgiebig duschen. Frühstück bei den netten Mädels im D-Cuisine. Geldwechsel (1€ :7,8TL) und ab zum Einkaufen. Gegen 14:00 Uhr soll es losgehen. Eintrag ins Logbuch: Bewölkt mit Aufheiterungen, schwache Winde, 22 Grad.

LOG: 22725; Motor: 17510 Std.

Aber der Motor springt nicht an. Werkzeug und Messinstrumente werden ausgepackt. Bald stellt sich heraus, dass die Starterbatterie ihren Geist aufgegeben hat. Dank des hervorragenden Service bei Sail with Friends können wir noch am selben Tag, um 16:30 Uhr vom Steg C ablegen. Danke Serkan! Der Wind reicht aus, die Segel zu ballen und wir gleiten bei wenig Welle an Göçek Adasi vorbei. Zum warm werden gibt´s einige Wenden und Halsen bis die eingerosteten Handgriffe wieder sitzen. Gegen 18:15 Uhr steuern wir durch die kleinere der beiden Einfahrten bei der Insel Tersane in den „Bodensee“ und machen an einer Boje für die Nacht fest. Kaum liegt MERLIN an der Boje, macht sich T3homas in der Pantry zu schaffen. Er ist zum ersten Mal mit an Bord und hat bereits bei der Törn-Vorbesprechung angekündigt, dass er sich an Bord um unser leibliches Wohl kümmern wird. Heute gibt es überbackenen Nudelauflauf mit Gemüse und Hähnchenstücke. Selten so delikat an Bord gegessen.  

Bemerkungen:        Bodensee nenne ich das von Inseln und Festland umschlossene Gebiet westlich Göçek. Nachdem es im Mitseglerkreis viele Thomas gibt, sind diese durchnummeriert. T3homas ist also kein Druckfehler.  

Mittwoch, der 8. Mai. Schäuferle-Verweigerer

Im Gegensatz zum ruhigen Abend, wurde die Nacht dann doch etwas windiger und die Metallboje hat mehrmals an den Bug geklopft. Es herrscht stahlblauer Himmel und es hat deutlich abgekühlt. Der Wetterbericht meldet starke und anhaltende Winde um west-nordwest. Unseren eigentlichen Plan Ekincik oder sogar Marmaris anzusteuern, können wir streichen. Da kämen wir bei Gegenwind nicht oder zumindest nur total gefrustet an. Neues Ziel ist Kaş.

Um 9:15 Uhr lösen wir die Leine zur Klopfboje. Frühstück gibt´s während der Fahrt. Der Weg ist lang und wir wollen noch bei Tageslicht ankommen. Nach Tersane setzen wir zusätzlich zum Motorantrieb die Fock. Die Durchschnittsgeschwindigkeit sollte keinesfalls unter 5kt pro Stunde fallen. Querab Kap Dekükbaşi stellen wir komplett auf Segel um. Die achterlichen Wellen fordern den Rudergängern stundenlange volle Konzentration ab. Ich kenn den Weg, vorbei an den sieben Kaps und dem endlosen Sandstrand schon viel zu gut und überlasse dem bereits gut eingespielten Team das Feld. Sprich, ich mach ein ausgiebiges Nickerchen. Auf Vorwindkurs fühlt man die Windstärke nicht wirklich, aber an den immer höher werdenden Wellen merkt man die Gewalten der See. Beim Abwärtssurfen ist die Schmetterlingsbesegelung kaum mehr vernünftig zu halten. Wir sind deutlich schneller als die vorgegebene Schnittgeschwindigkeit und erreichen Kaş-Marina ziemlich abgeschlafft, aber bereits eine Stunde früher als geplant. Gegen 18:30 Uhr legen wir unter professioneller Unterstützung am Steg G an. Gerade mal drei Bootsbreiten von dem Platz entfernt, an dem MERLIN für eineinhalb Jahre beheimatet war. Ein kurzer wehmütiger Gedankenblick in die Vergangenheit geht dem Manöverschluck voraus. Abendessen im Yeşil-Restaurant in Kaş. Noch ein Absacker an  Bord, und bereits um 22:30 Uhr liegen alle hundemüde in den Kojen. Der Tag war anstrengend.  Die angeregte abendliche Diskussion über Ramadan und diverse andersgläubige Schäuferle-Verweigerer muss zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt werden.

Logbuch: Motorlaufzeit 2,6 Stunden. Strecke 60 NM LOG 22792 NM; Motor 1754,9 Std. Gasflasche gewechselt. Tee- und Kaffeekanne lassen sich äußerlich kaum unterscheiden. Ein ernsthaftes Problem beim Frühstück. Ein Arbeitskreis soll Lösungen präsentieren.

Donnerstag, der 9. Mai. Wassereinbruch und Tütenkette .

07:45 Uhr Windstill, stahlblauer Himmel. Wer bald ins Bettchen steigt, ist auch bald wieder auf den Beinen. Eigentlich sollte es eine Art Ruhetag werden, aber der erste Blick in die Bilge brachte Hektik ins Boot. Ich hatte die letzten Jahre bereits mehrere Wassereinbrüche. Und da es sich wieder um Süßwasser handelte, hielt sich meine Erregung in Grenzen. Per WhatsApp prasselten Unmengen Ratschläge ein. Letztendlich waren einige Schlauchbinder in der Nasszelle lose und vorsichtshalber haben wir auch die verdächtige Dichtung der Außendusche gewechselt.

Der eigentliche Ruhetag begann dann mit einem ausgiebigen türkischen Frühstück. Gefolgt von Landausflügen der Crew. Ich habe den Tag genutzt mehrere interessante Gespräche mit Ümit, dem Marina-Chef und Metin dem technischen Leiter zu führen. Zum gemeinsamen Abendessen haben wir uns dann  im Marina-Restaurant PASSARELLA wieder getroffen. So ein mehrgängiges Abendessen braucht seine Zeit. Und so ging erst um 01:30 Uhr, nach dem „Absacker“ an Bord, das letzte Licht aus.

Logbuch: Motor-Kühlwasser-System, Saildrive und Heißwasserboiler gecheckt. Schläuche in Toilette nachgezogen. Dichtung der Außendusche gewechselt. Bilge trocken gelegt. Steuermann-Sitzbank mit neuer Edelstahlschraube befestigt.  Um den Nachschub unter Deck zu bringen wird eine „Tütenkette“ gebildet. Das Wort sollte in den Duden aufgenommen werden.

Freitag, der 10. Mai Dreifach Salatdressing

08:30 Uhr dunstig, nebelig 1018hPa, aber warm. Nochmal ausgiebig duschen. Frühstück an Bord. Um 10:45 Uhr Leinen los! Wir umrunden die Ferienhalbinsel Çukurbağ Yarimadasi und gehen auf Kurs Kekova Körfezi. Querab Ulu Burun Gehen wir unter Segel und kreuzen uns mit 4kt Fahrt langsam unserem Ziel entgegen. Zum Mittagessen zaubert unser Smutje einen orientalischen Salat aus Karotten, Zwiebel und Orangen. Leider lässt sich das Dressing beim Seegang nicht gut bändigen und musste dreimal hergestellt werden.  Mittlerweile scheint die Sonne fast ungehindert auf uns herab. Gegen 15:00 Uhr steuern wir mit Schmetterlingsbesegelung die Einfahrt in den Fjord an. Durch den Düseneffekt steigert sich das vorherrschende Lüftchen zu beachtlichen 18kt an, was das Ankern bei Palamut Bükü immer etwas prickelnder macht. Aber mit 60 Meter Kette bei 8 Meter Tiefe sind wir gut fest. Die elektronische Ankerwache bestätigt das. Gegen 19:00 Uhr lässt der Wind nach. Abends gibt’s Nudelauflauf mit reichlich Rotwein. Ein Gedicht! Wenn´s nur nicht immer so lange dauern würde. Um 23:45 Uhr geht’s vollgefressen, selig und gut angeheitert ins Bettchen.

Logbuch: Motor 1759,1 Std. Log 22.811NM. Karotten werden rationiert. Der Smutje macht ernst!

Samstag, der 11. Mai. Bestes Koch von Mittelmeer.

Sonnig, mit einzelnen Wolken, 1019 hPa. 08:30 Uhr die Nacht war ruhig. Frühstück an Bord. Um 10:00 Uhr geht’s mit dem Dinghi zum Landausflug zur nahegelegenen Lykischen Siedlung. Quasi ein kleines Stückchen auf dem Lykien Trail. Dieser ist 500km lang und führt von Fethyie nach Anatlya, immer der Küste entlang. Am Rückweg Einkehr bei einem modernen Einsiedler im Purple House. Trotz stetem Windhauch ist es zum Wandern gut warm. Nach der Rückkehr um 14:00 Uhr Anker auf. Mittagimbiss während der Fahrt. Bevor wir Segel setzen machen wir noch einen Abstecher in die auf der Insel Kekova befindliche Bucht Karaloz. Eine verwinkelte und allseits geschützte Bucht, in der vermutlich schon Piraten ihr Unwesen trieben. Aber dann wird das Tuch ausgepackt. Wir müssen nirgends hin und können deshalb die schnellste Segelstellung wählen. So führt unser Weg Richtung Demre und auch wieder zurück in den Kekova Körfezi. Noch ein Abstecher in die westlichen Buchten mit dem türkisblauen Wasser. Aber zum Baden ist es schon zu spät. So motoren wir weiter in den inneren Fjord nach Üçağiz zu meinem Freund Hasan. Der hat uns längst bei der Einfahrt erspäht und lässt uns von der Tochter im Taxiboot abholen. Allein die Abende bei Hasan und seiner Familie sind den Abstecher hierher wert. Der Abend wird lang und hat auch an Bord bei CD-Hardrock-Musik noch lange kein Ende.   

Logbuch: Motor 1762,6 Std.  Log 22.830 NM; Öl gecheckt ist übervoll.

Sonntag, der 12.Mai Muräne in Sicht

Es wird 09:00 Uhr bis sich an Bord etwas regt. Das Wasser im inneren Fjord ist nicht besonders klar, aber der Morgenschwumm tut gut.  Es herrscht stahlblauer Himmel, 1021hPa. Erst gegen 11:30 Uhr sieht unser Anker die Sonne. Nach der Kekova-Ausfahrt und der Begegnung mit einer treibenden Muräne, setzen wir Segel. Auf der Kreuz geht´s zurück an den kleineren Inseln und Kastellorizon vorbei Richtung Kaş. In der weit ausladenden Bucht Bayindir Limani gehen wir gegen 17:00 Uhr vor Anker. Die auszubringende Landleine beschert uns einige akrobatische Einlagen und entsprechenden Diskussionsstoff zum Sundowner.  Abends gibt es Rinder-Kartoffel-Schmortopf, arabische Art. Dazu orientalischen Salat, leider ohne Orangen, da diese tagsüber von niedrigen Matrosen verputzt wurden.

Logbuch: Motor 1765,7 Std.  Log 22.857 NM; Durch den herrschenden Butter-Notstand treten beim Frühstück erste Mangelerscheinungen auf.

Montag, der 13. Mai Augsburger Puppenkiste

Trotz Fliegengitter waren nachts erstmals Moskitos unter Deck. Ab 05:00 Uhr setzte Wind ein, der sich allerdings zu Sonnenaufgang wieder verabschiedete. Stahlblauer Himmel 1020hPa. Wir haben einen langen Schlag vor uns und machen uns bereits um 08:00 Uhr auf den Weg. Mit Ausnahme einiger Windhaucher kommt kein richtiger Segelwind auf. Die See ist glatt und erinnert wieder einmal an die Folie in der  Augsburger Puppenkiste. 11:00 Uhr Querab Kalkan, 13:00 Uhr am langen Sandstrand entlang. 15:00 Uhr bei den sieben Kaps. Auf See patrouillieren verdächtig viele Militärschiffe. Aus dem Internet erfahren wir, dass das bisher größte Seemanöver der Türkei im Gange ist. Vermutlich zum Säbelrasseln wegen dem Streit über die neue entdeckten Gasvorkommen in Zypern. Gegen 16:30 Uhr erreichen wir unbeschadet Karakaören. T3 legt perfekt an einer der Bojen an. Zeit für ein Manöverbierchen und ein paar Runden um MERLIN. Um 19:00 Uhr werden wir zum Abendessen mit dem Boot abgeholt. Die Terasse ist immer noch sehr klapprig und rustikal, aber der Ausblick hinüber zum Babadğ ist einfach grandios. Nachts beim Absacker an Deck stehen wir immer noch unter Manöverbeschuss. Sogar Leuchtspurmunition ist zu sehen. Irgendwie schon etwas beunruhigend.

Logbuch: Motor 1773,2 Std.  Log 22.902 NM

Dienstag, der 14. Mai Kein Tropfen im Tank

Nachts standen wir noch weiter unter Beschuss und ab 5:00 Uhr krähten uns die Hähne wach. Stahlblauer Himmel; 1019hPa. Frühstück an Bord. Es raucht und dampft aus allen Pfannen. T3homas gibt noch mal Alles! Um 11:30 Uhr fahren wir aus der Bucht. Ab Dökübaşi kommt leichter Segelwind auf. Den hätten wir gestern gut brauchen können. Der Weg ist genau genommen recht kurz. Aber was machen wir am Nachmittag schon in der Bucht? Und so kreuzen wir im Fethyie Golf mit den anderen Yachten um die Wetter, bis auch der Letzte der Crew genug Wenden gefahren hat. Dann geht es wieder zurück in den „Bodensee“ und an unsere Boje, die Kalle perfekt trifft. Der Kreis unserer Reise hat sich, von uns unbemerkt geschlossen. Das MIGROS-Versorgungsschiff kommt wie gerufen. Es gibt Eis für die ganze Mannschaft. Zum Kapitäns-Dinner müssen die Restvorräte herhalten, aber es ist niemand hungrig oder durstig aufgestanden. Wir sitzen noch lange an Deck.

Logbuch: Motor 1775,2 Std.  Log 22.922 NM. Obwohl wir in Kaş nachgebunkert hatten, ist der Frischwassertank leer!?! Das ist mir in den letzten 11 Jahren nicht passiert.

Mittwoch, der 15. Mai Immer eine Handbreit …..

Wie immer möchte ich zeitig in die Marina zurück. MERLIN auf Vordermann bringen, dauert schon einige Stunden. So düsen wir um 8:00 Uhr bereits los und sind um 9:30 Uhr längsseits an der Tankstelle. In der D-Marin ist Hochbetrieb wegen einer Regatta. Wir ergattern den letzten freien Platz am Steg C. Allerdings auf der gegenüberliegenden Seite. Das Tiefenlog zeigt gerade mal 0,2 Meter bis zum Kiel an. Erst mal lange duschen und anschließend Frühstück im D-Cuisine. Die Crew unternimmt einen Landausflug nach Fethyie während ich das Boot klariere. Über WhatsApp erhalte ich zwischendurch  schöne Ausflugsbilder von den Felsengräbern und dem Fischmarkt. Nach getaner Arbeit gönne ich mir ein Weißbier und bekomme unerwarteten Besuch von meinem Freund Oktay. Er ist mittlerweile Kapitän auf einer Traumyacht, an der wir zufällig, ohne es zu wissen, heute Morgen vorbei geschippert sind. Es ist ein herzliches Wiedersehen. Der Abschiedsabend findet im Can-Restaurant statt. Wir können uns das locker leisten, die Bordkasse ist noch dicke voll.

Logbuch:         Motor 1777,0 Std.  Log 22.931 NM

                        Gesamtstrecke 206 NM, 26 Motorstunden, 41 Liter Diesel verbraucht

                              Ein Unfallfreier Törn!

Danke an die Crew fürs Segeltraining, für die hervorragende Küche, den Teamgeist und die schönen Fotos.

T1homas

Owner and Sipper SY MERLIN    

Rückkehr nach Kas

Nach über einer Woche Barfuß in Shorts und T-Shirt, schlüpfe ich wieder in meine langen Jeans. Es ist drei Uhr morgens. Es geht zurück ins kalte Deutschland mit seinen nächtlichen Minustemperaturen.

Ein recht harmonischer Segeltörn geht unfallfrei zu ende.

Auf dem Weg zu den Sanitäranlagen, erhellen in weiter Ferne Blitze leicht den Nachthimmel. Später, nach der Zwischenlandung in Istanbul gehen diese in Dauerregen über und erleichtern somit den Abschied vom bereits verlängerten Sommer.

Aber zunächst zurück zum Anfang.

Christian, ein eifriger Mitsegler, sagte mir Mitte des Jahres, dass er eine Crew hätte. Und ob ich wohl Zeit und Lust auf einen Segeltörn habe. Auf Segeln hab ich immer Lust, war meine spontane Antwort. So trafen wir uns im Juli 2019 zu einem ersten Briefing. Wir, das sind Uli und Christian, zwei Väter mit ihren zwei Söhnen Laurin und Christoph und mir als Salzbuckel. Nicht nur der Altersunterschied, sondern auch die unterschiedliche Segelerfahrung versprach einen besonderen Reiz.

Logbuch. Donnerstag 24. Oktober 2019, 08:00 Uhr. Sonnig bei 21 Grad 1019hPa

Heute Abend kommt die Crew. Ich bin schon zwei Tage hier, da es Einiges zu regeln gibt.  Unsere MERLIN wird seit diesem Jahr nicht mehr verchartert. Das Boot ist älter, und somit störanfälliger geworden. Die Charterbedingungen in der Türkei haben sich deutlich geändert. Und auch die Charterkunden sind rücksichtsloser geworden. Wir werden Göçek verlassen und MERLIN nach Kas verholen und nur noch für uns nutzen. Dafür war vorab einiges zu klären. Gegen 19:30 Uhr trifft die Crew ein. Die Ruhe an Bord ist definitiv  vorbei. Ein erster Begrüßungsschluck, eine kurze Einweisung in die wichtigsten Dinge an Bord und schon geht´s zum Abendessen ins Özcan Fisch-Restaurant http://www.ozcanrestaurantgocek.com/ 

Freitag, 25. Oktober 2019, 08:00 Uhr. Sonnig 1019 hPa Log 22922 NM Motor 1778,1 Std.

– Abschied von Göçek –

Erstmals gibt es Morgentau auf Steg und Boot. Das Frühstück nehmen wir im D-Cuisine direkt in der Marina ein. Dabei werden Einkaufspläne für den Proviant geschmiedet. Geld tauschen und Lebensmittel bunkern ist angesagt.  Ziemlich genau um 12:00 Uhr legen wir vom Steg C ab und fahren östlich der Insel Göçek Adasi vorbei in den Golf von Fethye. Es erwartet uns leichter Segelwind mit wenig Welle. Ideal um das Schiff und die Segelmanöver kennen zu lernen. Gegen 15:45 Uhr erreichen wir die schmale Einfahrt zum „Bodensee“ bei der Insel Tersane.  Da keine Boje mehr frei ist ankern wir zunächst auf 10 Meter Tiefe und bringen eine Leine zum Land aus.

Log 22946 NM (Trip24NM) Motor 1780,0 Std. (1,9 Std.) 1020 hPa

Später versetzen wir noch an eine frei gewordene Boje.

Abends gibt es plattgedrückte Spaghetti Alio Olio und zusätzlicher Thunfisch-Tomatenmark-Tunke. Dazu Salat und Rotwein.

Am Abend gibt es, für mich völlig unbekannte Kartenspiele bei denen viel Bier getrunken werden muss. Einigen Mitspielern darf man nicht glauben oder nicht in die Augen sehen. Anderen hingegen muss man Nußhaut kauend an den Beinhaaren zupfen. Ein Vorglühritual, wie man mir erzählt. Gegen 22:00 Uhr ist dann, mehr oder weniger, Bettruhe.

Samstag, 26. Oktober 2019, 08:00 Uhr. Sonnig 1020 hPa

Ein paarmal hat unsere Mooring-Tonne an den Bug geklopft. Ansonsten war die Nacht ruhig. Die heutige Tour nach Ekinçik dauert etwa sechs Stunden. Wir haben daher Zeit und verbringen den Vormittag mit schwimmen und schnorcheln und einem ausgiebigen Frühstück. Gegen 11:00 Uhr legen wir von der Boje ab und queren den Bodensee, hin zur breiten Einfahrt bei Tersane. Ab 12:00 Uhr kommt Wind auf. Wir können segeln, müssen allerdings kreuzen. Gegen 17:45 Uhr erreichen wir die My Marina in der Ekinçik-Bucht und machen an Achterleine und Mooring fest. Eine Horde Truthähne bereiten uns einen gewöhnungsbedürftigen Empfang.

Log 22989 NM (Trip 43 NM), Motor 1785,7 Std. (Trip 5,7 Std.)

Das überdurchschnittliche Abendessen im Restaurant der My Marina erleichtert die Bordkasse um 1200 Türkische Lira (ca 200 €). Aber das war es Wert. Den Absacker nehmen wir dann aber doch an Bord ein. Bei Witzen und Schüttelreimen bis zum abwinken.

Besondere Vorkommnisse und Bemerkungen:

  • Motorölstand gecheckt. OK.
  • Christian muss 100mal schreiben, ich darf kein Kerzenwachs verschütten, kann dies aber am Computer tun. 

Sonntag, 27.Oktober 2019, 07:30 Uhr. Sonnig 1019 hPa – Der Königsjodler –

Die heutige Tagestour ist deutlich länger. Wir machen deshalb schon um 08:45 Uhr los und frühstücken unterwegs. Direkt nach der Bucht von Ekinçik kommt, ungewöhnlich bald, Landwind auf. Wir können segeln. Zunächst nur mit der Fock, damit das Boot beim Frühstücken nicht zu sehr kränkt.  Voll besegelt bringt uns der Wind bis Mittag gut voran. Dann schläft er ein. Genau wie der Skipper. Gegen 15:45 Uhr erreichen wir Karakaören und machen an einer der hinteren Bojen und mit Landleine fest.

Log 23029 NM (Trip 40 NM) Motor 1790,8 Std. (Trip 5,1 Std.)

Nach und nach füllt sich die Bucht mit Yachten. Ein Gedränge, das ich hier so noch nicht kannte. Und dies Ende Oktober. Abends bauen sich mächtige Gewitter auf. Auch der Wind wird ziemlich böig, so dass der Restaurantbesuch diesmal etwas kürzer ausfällt. 

Besondere Vorkommnisse und Bemerkungen:

  • Stefan aus Uttenreuth kennengelernt www.segeltraum.de, der letzte Charterkunde unserer MERLIN.  
  • Um Überschüsse abzubauen, wird ab sofort in die Bordverpflegung Tomatenmark untergemischt.
  • Die „Kinder“ lernen den Königsjodler von Fredl Fesl kennen. Nicht immer nur diese „Negermusik“.

Montag, 28.Oktober 2019, 07:45 Uhr. Sonnig 1019 hPa – Kennt Ihr Heintje? –

Es ist wieder stahlblauer Himmel. Lediglich über der See stehen noch Restgewitter die sich aber auflösen. Nachts hat ein Gewitter noch mal für kräftigen Wind gesorgt. Wir machen zeitig los, da heute die größte Strecke der Woche vor uns liegt. Trotzdem werden wir das geplante Ziel, Palamut Bükü nicht bei Tageslicht erreichen. Plan B ist die weit ausladende Bucht Inçe Burun, gegenüber Kaş Stadt. Erst gegen 12:00 Uhr kommt achterlicher Wind auf. Wir versuchen alle möglichen Segelstellungen aus und kommen optimiert mit ca. 4kt voran. Um 14:00 Uhr, nach dem letzten der sieben Kaps nehmen wir den Motor mit zur Hilfe. Position um 16:00 Uhr, querab der Einzelgefahrenstelle.  Um 17:30 Uhr erreichen wir unser Tagesziel. Der Wind hat mittlerweile zugelegt und über die schützenden Hügel pfeifen Fallböen. Mit Landleine und 60 Meter Kette ankern wir, im zweiten Versuch, knapp am Ufer auf 5 Meter Tiefe.

Log 23082 NM (Trip 51 NM) Motor 1798,1 Std. (Trip 7,3 Std.)

Die Jungs zaubern ein Mehrgänge-Menue. Tomatensuppe mit Croutons, Nudelauflauf mit Gemüsestreifen und Hindi. Dazu Thunfischsalat. Hmmm lecker! Nach dem Abwasch gehts noch eine Zeitlang an Deck. Der Wind ist endlich eingeschlafen.  Es ist eine laue, sternklare Nacht. Aus Kaş funkeln tausende Lichter herüber. Am Horizont Richtung Antalya reagiert sich ein Gewitter ab.

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Besondere Vorkommnisse und Bemerkungen:

  • Zum Königsjodler gesellen sich Lieder fürs Herz zum Beispiel von Heintje hinzu.  Für die Jungs ganz neue, musikalische Erfahrungen.
  • Abends wurde das tümpelnde Dinghi zu dicht angebunden. Es gab nachts immer wieder Töne von sich. So eine Mischung aus Flipper und Walgesängen.

Dienstag, 29.Oktober 2019, 08:30 Uhr. Sonnig 1019 hPa – Nackte Nüsse sind was Ekelhaftes! –

Nach der langen Fahrt können wir es heute etwas gemächlicher angehen. Es geht nur ums Eck, nach Kökova Körfezi. Frühstücken, Baden und Schnorcheln ist angesagt. Gegen 11:30 Uhr geht’s los. Uli am Anker, Laurin am Steuer. Ich kommentarlos mit verschränkten Armen. Na geht doch schon prima!

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Nach der Durchfahrt bei Akar Geçidi können wir endlich wieder segeln. Nach zwei gekonnten Halsen steuern wir gegen 14:30 Uhr die erste der Durchfahrten zum Kekova Körfezi an. Wir ankern vor Palamut Bükü. Der Düseneffekt beschert uns starke Böen. So bleibe ich zur Sicherheit an Bord zurück, während die Crew beim Landgang eine alte Lykische Stadt besichtigt. Pünktlich um 17:00 Uhr sind alle wieder an Bord und wir tuckern ein Stück weiter in den inneren Fjord, nach Ügaçik.

Log 23103 NM (Trip 21 NM), Motor 1801,3 Std. (Trip 3,2 Std.)

Bei Hassan genießen wir den Abend mit Vorspeisen und gegrilltem Fisch. Ein Raki-Schwangerer Abend bei Freunden, der viel zu schnell vergeht.   

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Besondere Vorkommnisse und Bemerkungen:

  • Etwas Proviant nachgebunkert.
  • Feuerwerk zu Ehren Kemal Attatürk.
  • Nackte Nüsse zum Absacker an Bord.

Mittwoch, 30.Oktober 2019, 08:30 Uhr. Sonnig 1021 hPa

Um 09:15 Uhr verabschieden wir uns von Ügaçik und dem Kekova Körfezi und unternehmen noch einen Abstecher zur versunkenen Stadt bei Aşar Koyu. Ein letztes Bad, eine letzte Schnorcheltour, dann geht es in die neue Heimat nach Kaş-Marina. Ponton B, Platz 28.

Eine Segelwoche geht zu ende. Mit tollen Erlebnissen, vielen interessanten Gesprächen und jede Menge Spaß. Die Crew hat noch einen Tag Landgang vor sich. Und ich muss vor Ort alles Mögliche klären, damit MERLIN gut behütet über den Winter kommt.

Log 23127 NM (Trip 24 NM) Motor 1806,0 Std. (Trip 4,7 Std.)

Gesamtstrecke 205 Nautische Meilen, Gesamtmotorlaufzeit 28 Stunden, Verbrauch 46 Liter Diesel.

Ein Überführungstörn der etwas anderen Art.

Bernhard, ein Freund und Leidensgenosse aus Ecker-Zeiten, hat mich gefragt, ob ich ihm helfe sein Schiff nach Griechenland zu überstellen. Nachdem ich nun Vorruheständler und chronisch Abenteuerlustig bin, hab ich sofort zugesagt. Mein Freund und häufiger Mitsegler Kalle, war auch spontan mit dabei.

Der Plan war, in Kaş kurz mal nach MERLIN zu sehen um sich anschließend in Göçek zum Überführungstörn zu treffen. 

Donnerstag, der 12.März 2020 – Ein ungutes Gefühl reist mit.

Kalle und ich treffen uns am Flughafen Nürnberg. Dort ist es beunruhigend still. Mehr als 50% der Flüge sind wegen des Corona-Virus bereits abgesagt. Unser Flieger fliegt aber  planmäßig um 17:30 Uhr nach Antalya. Von dort sind es noch etwas über zwei Autostunden bis zur Marina. Durch die Zeitverschiebung erreichen wir erst nach 02:00 Uhr unser Ziel. Aufgedreht wie wir sind, ist trotz fortgeschrittener Stunde nicht an Schlafen zu denken. Schließlich haben wir uns in Finike ja noch mit Proviant und Getränken eingedeckt.

Freitag, der 13. März 2020 – Wartungsarbeiten sind angesagt.

Es wird 11:00 Uhr bis wir einigermaßen auf den Beinen sind.  Zum Frühstück machen wir uns auf den Weg in die Stadt. Der unfreundliche Fuzzi aus dem Türkcell-Laden kann oder will meine WLAN-Sim-Card nicht nachladen.  Ganz anders im Yacht-Zubehör-Geschäft. Dort werden alle unsere Wünsche freundlich erfüllt und wir können uns an die Montage der daheim reparierten Sitzbankstütze machen. Zuvor geht´s aber noch zum Frühstücken und durch den freitäglichen Wochenmarkt.

Am Abend treffen wir unsere Stegnachbarn Moni und Burkhard. Sie haben nicht nur ihre Yacht in der Marina stehen, sondern auch ein Ferienhaus ganz in der Nähe. Beim Abendessen erfahren wir, dass die beiden aus Bamberg kommenden sogar ihr eigenes Bier hier brauen. Es wird viel Fachgesimpelt. Die Welt ist irgendwie ein Dorf.  

Samstag, der 14.März 2020 – Bye bye MERLIN

Um 9:00 Uhr sitzen wir zu Cappuccino und Omelette im Marina-Restaurant Passarella. Anschließend hilft uns Arzum das WLAN-Problem zu lösen. Ich darf sogar ihren Motorroller fahren und werde kurzerhand Vodafone-Kunde. Die Verbindung nach Hause mit dem bordeigenen Router klappt wieder. Die ersten Bildeindrücke wechseln den Besitzer.

Am Nachmittag versetzen wir MERLIN wieder in seinen Dornröschenschlaf und machen uns auf den Weg zu Bernhard und seiner ZALEA, einer Bavaria 45, nach Göçek. Das Wiedersehen wird bei allerlei Vorspeisen und gutem Fisch im Özcana-Restaurant und anschließend unter Deck gefeiert.

Sonntag, der 15.März 2020 – Auf zu neuen Ufern

Die Nacht war kurz. Um 06:00 Uhr surren die Handys. Nach der obligatorischen Einweisung heißt es noch vor 8:00 Uhr „Leinen los“ und raus aus der viel zu engen Parklücke. Nach der Durchfahrt bei der Insel Tersane kommen Wind und Wellen auf. Ganz anders als vom Wetterbericht gemeldet, aber positiv für uns und unseren Kurs. Wir kommen sehr gut voran und können unser Tagesziel noch etwas weiter stecken. Der Hafen Datça auf der gleichnamigen Halbinsel rückt in erreichbare Nähe. Im Hafenbecken angekommen streikt schlagartig unser Motor. Bernhard zaubert mittels Q-Wende einen perfekten Anleger hin. Hut ab!

Wir kämpfen an zwei Fronten gleichzeitig. Zum einen unter Deck an der Motorstörung. Zum anderen mit der Wasserschutzpolizei die sich nicht sicher ist, ob von uns eine Ansteckungsgefahr ausgeht. Während die Polizei sich einigermaßen beruhigt zurückzieht, müssen wir gegen 22:00 Uhr erschöpft den Kampf mit dem Motor aufgeben. Bei Bier, Raki und vier bis fünf schnell gepafften Zigaretten kehrt unser Humor, den wir übrigens während des ganzen Törns nicht verlieren, wieder zurück. Mit zunehmendem Alkoholpegel werden immer wildere Pläne geschmiedet und kühne Strategien entwickelt und es wird wiederum sehr, sehr spät. 

Montag, der 16. März 2020 – Wir warten auf Serkan.

Serkan, der bereits gestern während der Reparaturversuche per Handy zugeschaltet war, will aus Göçek anreisen und den Motor reparieren. Aber mittlerweile öffnen sich ganz andere Abgründe. Die Wasserschutzpolizei hat gestern schon in Frage gestellt, ob wir überhaupt aus der Türkei ausreisen können. Stündlich ändert sich die Lage. Einerseits spielt die angespannte Flüchtlingssituation eine Rolle, andererseits breitet sich Corona immer weiter und immer schneller aus. Griechenland will uns nur einreisen lassen, wenn ein Amtsarzt Speichelproben nehmen und in Athen auswerten lassen kann. Gegen Nachmittag, der Motor läuft längst wieder, trifft uns der Faustschlag ins Gesicht. Die Griechen fordern eine 14tägige Quarantäne. Unser Ziel Lavrion wird somit unerreichbar. Wir werden umkehren müssen.

Am Abend suchen wir uns ein schönes Lokal an der Hafenfront. Die letzte Gelegenheit für einen Gasthausbesuch, denn ab Morgen sind in der Türkei alle Lokale geschlossen.

Dienstag, der 17. März – Eine Karotte als Tagesration. 

In allen uns zur Verfügung stehenden Wetterinformationen wird vor Sturm gewarnt. Wir setzten bereits im einigermaßen geschützten Hafenbecken die Segel und haben selbst hier schon voll zu tun. Die Heimreise wird ein harter Ritt auf den Wellen.  Durch die bewährte Schichteinteilung sind aber ausreichend Erholungspausen möglich. Trotz bis zu 10kt Fahrt werden wir Göçek erst nach Sonnenuntergang erreichen.

Selbst vor der Marina bläst der Wind noch mit über 30 Knoten. Trotzdem gelingt der Anleger souverän. Wir sind wieder zuhause und sichtlich erleichtert.

Trotz aller Unwägbarkeiten ist der Abend sehr entspannt. Kalle bereitet ein Abendbuffet aus Allem was der Kühlschrank bietet. Und wir greifen herzhaft zu, hat es unterwegs außer Schokolade und Karotten quasi nichts gegeben.

Mittwoch, der 18. März – Ein Tag zum Ausspannen.

Bernhard hat einiges zu regeln, da seine Rückkehr ja nicht geplant war. Kalle und ich sind nicht mehr gefordert. Wir legen einen Ruhetag ein. Ausgiebig duschen, ausgiebig frühstücken. Ein ausgiebiger Spaziergang.

In zwei Tagen stellt die Türkei alle Flugverbindungen nach Deutschland ein. Wir haben für morgen noch zwei Tickets ergattert. Auch Bernhard kommt noch rechtzeitig nach München. Ein kurzer und sehr abenteuerlicher Segeltörn geht zu ende. Ein Wechselbad der Gefühle. Ohne ein lautes Wort. Und immer mit der Einstellung das Beste daraus zu machen. Danke, dass ich dabei sein durfte!!  

Die Vorbereitungen zum Törn verliefen alles andere als normal. Ich konnte im August einige Segelbegeisterte, natürlich unter Einhaltung aller Schutzmaßnahmen, zu einem ersten Meeting einladen. Meine wichtigste Botschaft war: Erst zum Segeln zu gehen, wenn die Reisewarnungen für die Türkei aufgehoben werden. Einige der Anwesenden hielten meine Vorsichtsmaßnahmen für übertrieben, doch ich blieb dabei.

Dann, knapp vier Wochen später wurden tatsächlich drei türkische Urlaubsregionen aus der Reisewarnung des Auswärtigen Amtes genommen. Dazu gehörte auch die Region um Antalya. Wenngleich die gesamte Türkei weiterhin als Corona-Gebiet angesehen wurde. 

Sei´s drum, ich habe noch am gleichen Tag mit der Törn-Planung begonnen.

Bei der zweiten Gesprächsrunde waren meine Mitsegler schon nicht mehr so euphorisch. Ich wurde stirnrunzelnd nur so mit Fragen bombardiert. Wie ist das mit dem obligaten Covid19-Test? Was, wenn wir in Quarantäne müssen? Was, wenn der Rückflug nicht planmäßig geht? Was, wenn wir uns anstecken?? Einige sprangen tatsächlich an diesem Abend ab, was in den außergewöhnlichen Zeiten durchaus verständlich ist. Und trotzdem hatten sich genügend Interessierte gemeldet, um gleich zwei aufeinander folgende Wochentörns durchzuführen. Wir müssen halt das Beste draus machen, so meine Devise.

Logbuch Donnerstag, 24.09.2020

Es ist 02:00 Uhr in der Nacht. Wir sitzen tatsächlich im großen Flieger, in dieser engen Virenschleuder.  Bewaffnet mit ffp2-Masken und Desinfektionsfläschchen. Keiner isst oder trinkt was. Keiner rührt mehr an, als unbedingt notwendig. Eine Mütze Schlaf ist wohl jetzt das Beste um die Zeit totzuschlagen.  In Antalya tauchen wir in eine Welt von Maskenträgern ein. Die Türken scheinen Corona sehr ernst zu nehmen. Im Gegensatz zu vielen Touris. Ob die Türken dies freiwillig und bewusst, oder aus Angst vor Strafen tun, sei mal dahingestellt. Corona-Schutz scheint hier jedenfalls besser zu klappen als in unserem durchorganisierten Deutschland. Mir gab es eine gewisse Art von Sicherheit. Der Transfer war wie immer gut organisiert und recht kurzweilig. Kurz nach 10:00 Uhr erreichen wir MERLIN. Es ist brütend heiß, wir sind müde, aber es gibt viel zu tun. Schließlich war das Boot seit über einem halben Jahr unbewohnt. Die Organisation des Transitlogs wird zum Spießrutenlauf, Landstrom muss geregelt werden, Süßwasser getauscht, Toilette gangbar gemacht. Bis zum Abendessen im Yesil-Restaurant ist Vieles erledigt. Noch ein kurzer Absacker an Bord. Dann sacken auch die Augenlieder ab.

Logbuch Freitag, 25.09.2020

12:00 Uhr Sonnig, Windstill. Motor: 2051,6 Std. Log: 23125 NM

Den fehlenden Schlaf haben wir heute ausgiebig nachgeholt. Wir, das sind übrigens Co-Skipper Franz, mit dem ich schon über 30 Jahre seglerisch verbunden bin. Christian der jetzt auch schon auf einigen Törns mit dabei war und immer tatkräftig zulangt. Und Lydia, seine neue „Flamme“ die das erste Mal auf einem Segeltörn dabei ist.  Der Tag beginnt mit einem typischen türkischen Frühstück, wenngleich es bereits Nachmittag ist.

Anschließen folgt der obligatorische Einkauf. Diesmal etwas erweitert, da freitags Markttag in Kaş ist.

Das schwächelnde Dinghi (Schlauchboot) wird auch noch geflickt, dann kann es losgehen. Um 16:00 Uhr legen wir von Steg B Platz 28 ab und motoren aus der Bucht.  Kaum aus der Marina, baut sich auch schon Welle auf. Wir kommen selbst unter Motor nur sehr langsam gegen an. Unser Wunsch-Tagesziel rückt in weite Ferne.  So reicht es gerade in die gut geschützte große Bucht BAYINDIR LIMAN gegenüber Kaş. Der Anker fällt auf 12 Meter und hält bombig.  Nach dem Abendessen, es gibt Schinkennudeln, fragt Lydia ob wir wohl die Sitzheizung versehentlich angestellt haben, was bei den Temperaturen völlig unnötig wäre. Schnell stellt sich heraus, dass eine der Servicebatterien kurz vorm glühen ist. Gut wenn man dann einen Elektroniker an Bord hat, der „Brücken“ bauen kann. Nachts lässt der starke Wind nach, jedoch steht noch lange Schwell in die Bucht und wiegt uns in den Schlaf.

Tagesbemerkungen des Skippers:

Trinkwasser vor Abreise komplett getauscht. Speed-Log geht nicht. Zwei Melonen vom Markt sind bei vier Personen absolut übertrieben. Dafür wird es hingegen sehr schnell zu Bananen-Notstand an Bord kommen.

Logbuch Samstag, 26.09.2020

08:00 Uhr, Sonnig 1028 hPa

Ausgiebiges Frühstück unter Deck. Oben ist es bereits zu heiß. Die Leichtmatrosen haben gestern gut eingekauft. Es fehlt an nichts, außer an Bananen.  Morgen-Schwumm ums Boot. Sonnenbaden. Anker auf um 12:00 Uhr. Wir runden das Kap und nehmen Kurs Kekova. Der Wind weht mit 5 bis 7 kt. Gerade genug um die Segel zu lüften. Um 13:00 Uhr begegnen wir Andrea und Bernhard auf ihrer Bavaria 45. Wir umkreisen uns ein paarmal und plaudern etwas. Mir wird immer bewusster, dass die Welt ein Dorf ist.

Der Wind lässt immer mehr nach und wir tuckern durch die Enge zwischen der Insel ICADA und AK. BOGAZI weiter bis zur Einfahrt zum KEKOVA KÖRVEZI. Unterwegs sind uns kaum Yachten begegnet, lediglich einige Gullets. Das Gebiet gehört quasi uns. In einer der Einbuchtungen westlich der Ruine KALEKOY nehmen wir noch ein erfrischendes Bad und machen uns anschließend beim letzten Büchsenlicht auf den Weg nach UCAGIS. Der Fisch bei Hassan ist köstlich und der Abend sehr Raki-Geschwängert.

Tagesbemerkungen des Skippers:

Statt Ankern, erstmals am Steg in Ücagis festgemacht. Im Innenbereich gibt es sogar Moorings. Hafenmeister Erdogan (das ist sein Vorname) hilft beim Anlegen. Es gibt Landstrom und Wasser. Ob das Dinghi dicht hält??

Logbuch Sonntag, 27.09.2020

09:30 Uhr Sonnig 1022 hPa

Um 11:30 Uhr legen wir ab. Es ist sonnig, heiß und windstill. Segeln macht wohl heute keinen Sinn. Wir motoren nach POLEMOS BÜKÜ. Christian will Lydia die alte Lykische Siedlung zeigen. Unserem Dinghi ist allerdings wieder die Luft ausgegangen. Der Kapitän des neben uns ankernden Cats hilft aus, damit die Beiden an Land ihre Wanderung machen können. 

Gegen 18:00 Uhr holt uns der Wirt mit seinem Motorboot zum Abendessen ab. Es gibt Köfte, Fisch, Chips und Salat. Gar nicht schlecht, aber teuer. Wahrscheinlich weil sie Alles kilometerweit herankarren müssen. So ähnlich wie auf den Almhütten. Der Rücktransfer ist natürlich im Preis inbegriffen. An Deck schmieden wir Pläne für die kommenden Tage. Wegen des Covid19 Test müssen wir leider schon Dienstagabend wieder in der Marina sein.

Tagesbemerkungen des Skippers:

An der Einfahrt zur Bucht an der Yacht PLANET NINE vorbei getuckert. Sie gehört Nathaniel Rothschild. Unser Dinghi können wir wohl vergessen. Die eine Service-Batterie hält sich tapfer.

Logbuch Montag, 28.09.2020

06:45 Uhr Sonnig 1024 hPa

Anker auf um 06:50 Uhr. Wir wollen den Vormittag noch in eine bestimmte Bucht und uns am Nachmittag schon wieder ein ganzes Stück Richtung Heimat aufmachen. Lydia ist erstmals am Steuer und bringt uns souverän aus der Bucht.

Vorbei an Rothschilds Megayacht. Dort landet gerade der dazugehörige Helikopter und bringt wahrscheinlich die Frühstücksbrötchen. 

Gegen 09:00 Uhr kommen wir in GEKKAYA LIMANI an. Wir ankern auf 6 Meter Tiefe mit 35 Meter Kette. Baden und Sonnenbaden ist angesagt. 

Gegen 12:00 Uhr brechen wir wieder auf. Runden ASIRLI ADASI mit Kurs zum Kap GEYIKOVA BR.  raus auf die offene See. In der Hoffnung auf etwas Wind. Wir werden tatsächlich erhört, allerdings bläst er genau gegenan. Bis 17:00 Uhr kreuzen wir unermüdlich auf und setzten dann unsren Kurs unter Motor fort.

Gegen 19:00 Uhr fällt der Anker wieder in unserer ersten Übernachtungsbucht nahe Kaş. Der Wind schläft unerwartet schnell ein und beschert uns einen ruhigen letzten Buchtabend. Kapitänsdinner: Linguini mit zweierlei Saucen.  Anschließend ein Abend unterm Sternenhimmel, mit viel Gesprächsthemen über´s rauchen, über Planktonleuchten, den Lämmergeier, verkopfte Menschen und dem VDK. Gegen 23:00 Uhr fallen allmählich die Äuglein zu.       

Tagesbemerkungen des Skippers:

Nie wieder Raki!

Logbuch Dienstag, 29.09.2020

08:00 Uhr Sonnig 1023 hPa

Langsam kommt Leben ins Boot. Selbst Franz, der nach eigenen Angaben immer morgens um 6:00 Uhr aufsteht, hat wohl auf Urlaubsmodus umschalten können. Einziges Ziel am heutigen Tag ist abends die Marina zu erreichen, da für Lydia und Christian morgen der Corona-Test ansteht. Nachts ist noch ein türkisches Kriegsschiff in die Bucht eingelaufen und liegt jetzt hier vor Anker. 

Der Konflikt um Gas- und Ölvorkommen zwischen Griechenland und der Türkei spitzt sich zusammen. Noch ist es „Säbelrasseln“ und die deutsche Berichterstattung neigt wieder mal zu Übertreibung.  Baden und faulenzen ist angesagt. Gegen 13:00 Uhr fahren wir los, Richtung Westen. Eine komische Bewölkung zieht auf. Mal sehen, was da auf uns zukommt. Als bis 14:30 Uhr noch kein brauchbarer Segelwind herrscht, kürzen wir ab und gehen direkt zurück in die Marina. Das Marina-Personal hat unsere angekündigte Ankunft verbummelt, hilft aber anschließend beim Festmachen, da Starkwind angekündigt ist. Abendessen in Kaş. Absacker an Deck.  

 

Tagesbemerkungen des Skippers:

Nachts bläst es zeitweise recht heftig. Neues Dinghi gekauft 636,-€. Christian hat sich an der Mooring-Leine die Hände aufgeschnitten. Motor 2069,0 Std. Was klingt besser: Es federt, oder es schwabbelt?

Logbuch Mittwoch, 30.09. bis Freitag 02.10. 2020

Sonnig bis 1014 hPa Sturmwarnung mit bis zu 70 km/h Wind.

Beim gemeinsamen Frühstück am Mittwoch im Vathi-Restaurant fliegen bereits die Servietten vom Tisch. Wir treffen Lothar und seine Frau. Beide aus Franken. Sie waren einige Wochen mit ihrer 40er Bavaria unterwegs und haben sie heute verkauft. Beim obligatorischen Glas Tee gibt es vieles zu erzählen. Okan, unser Agent organisiert für Donnerstag den Corona-Tests für die beiden Leichtmatrosen. Dazwischen stehen Stadtbummel und Höhlenwanderung an, sowie Melonen-Wettessen und abends Live-Musik an der Oxygen-Bar. Auch laufen wir am Donnerstag noch mal aus und wagen einen letzten Segelversuch. Erst ein Stückweit draußen wird uns bewusst, dass der Sturm noch nicht ganz vorüber ist. Wir kämpfen gegen die Wellen an und kommen nicht einmal mehr mit einem Knoten voran. Alsbald müssen wir aufgeben.  Am Freitag dann der große Schock. Lydias Covid19-Test ist fehlgeschlagen. Schlagartig rücken die anderen Gäste zur Seite. Bis geklärt ist, dass keine Erkrankung vorliegt, sondern lediglich der Test wiederholt werden muss. Aber abends geht bereits der Flieger. Seesack packen und eiligst nach Antalya ins Labor. Am letzten Drücker erhalten wir das neue Testergebnis und beide können heimfliegen.   

Und Tschüß

Bemerkungen des Skippers:

Neuen Jahresvertrag mit der Marina nachverhandelt und abgeschlossen. Beide Service-Batterien getauscht 339,-€. Dinghi in Dienst gestellt.  Ein Taucher hat Ruder und Propeller gereinigt 50,-€. In der zweiten Woche sollten wir etwas schneller vorankommen.

Logbuch Samstag, 03.10.2020

07:45 Uhr Sonnig 1022 hPa.

Um 02:45 Uhr treffen unsere beiden neuen Mitsegler, Mathias und T2homas ein. Die Ankömmlinge haben Durst auf Bier, die Zurückgebliebenen trinken lieber Kaffee. Um 04:00 Uhr versuchen alle nochmal ein paar Stunden zu schlafen. Gegen 09:00 Uhr gibt´s Cappuccino, wie in alten Zeiten, wenn Mathias an Bord ist. Nach dem Frühstück im Pasarella-Restaurant geht´s zum Einkaufen. Mittlerweile sind die Bamberger Stegnachbarn Moni und Burkhardt von ihrer mehrwöchigen Fahrt zurückgekehrt.  Es gibt viel zu erzählen. Die Crew muss ohne Skipper den Proviant verstauen. Um 13:30 Uhr, Leinen los. Ein erster Segelversuch querab Kastelorizon scheitert am schwachen Wind.  Gegen 16:00 Uhr frischt er etwas auf und wir segeln mit Schmetterling und ausgebaumter Fock Richtung Durchfahrt KEKOVA.

Die Neuen sind da

Bei nur 3 kt. Fahrt würden wir unser geplantes Ziel erst bei Dunkelheit erreichen. Deshalb biegen wir links ab und sind gegen 19:00 Uhr in POLEMOS BÜKÜ. 

Kapitäns Dinner an Bord. Am Herd wird in den Töpfen gerührt und darüber gleichzeitig die Deckenleuchte repariert.

Nach dem Essen eine erste kleine Bandprobe. Wir haben schon über ein halbes Jahr nicht mehr zusammen musiziert. Es muss grausam geklungen haben. Franz, unser einziger Zuhörer hat sich beim ersten Song bereits in seine Kabine verdrückt.

Tagesbemerkungen des Skippers:

Türk Radio auf Kanal 67 meldet militärische Aktivitäten. Wenn einem ungewöhnliches auffällt, soll man sich melden.

Logbuch Sonntag, 04.10.2020

08:15 Uhr Sonnig 1022 hPa.

Laut Wettervorhersage soll es die nächsten Tage nur schwach windig werden. Mein Plan für heute ist es, nach Finike zu kommen. Egal ob unter Segel oder unter Motor. Um 11:00 Uhr machen wir uns auf den Weg. Querab BUNDA BURUN legen wir um 13:30 Uhr einen Badestopp auf offener See ein.  Kurz vor Finike kommt doch noch Wind auf und wir können noch ein gutes Stück aufkreuzen. Um 16:15 legen wir in Finike am Steg an. Gegenüber ein russischer Muränenfischer mit chronischem Waschzwang.

Die Marina in Finike ist mit Kaş nicht zu vergleichen. Alles ist wohl eine Stufe einfacher. Die Gebäude genauso, wie auch die ansässigen Yachten. Eine laute Hauptstraße führt direkt am Marina-Gelände vorbei. Für einen Zwischenstopp ist es hier aber absolut akzeptabel.

Beim Abendspaziergang finden wir nicht recht ins Stadtzentrum. Wir speisen in zweiter Reihe in einem einfachen Imbiss. Man ist aber sehr um uns bemüht. Und für umgerechnet 3,50 € pro Person incl. Getränke kann man nicht nörgeln. Wenngleich der Magen am nächsten Tag etwas nörgelt.

Tagesbemerkungen des Skippers:

Via SETUR-App vorab einen Liegeplatz reserviert. Reservierungs-Nr. 1369.

Keine Liege-Gebühren, nicht einmal Gebühren für Strom, da im Verbund mit SETUR-MARINAS Eigner mit Jahresverträgen generell keine Gebühren zahlen müssen. Toll!

Logbuch Montag, 05.10.2020

08:00 Uhr Sonnig 1023 hPa.

Nach gefühlt endloser Sesam-Kringel-Diskussion legen wir gegen 11:45 Uhr gut gefrühstückt ab. Sogar beinahe problemlos, wenn sich nicht die Mooring-Leine so sehr in unseren Relings-Zaun verliebt hätte.  Alle Wetterberichte verheißen Windstille. In Wirklichkeit wird’s ein geiler Segeltag. Wir kreuzen den ganzen Tag über auf, zurück Richtung KEKOVA. Unterwegs gibt es Bruscetta und EFES wahlweise blau oder gelb. Ab 17:00 Uhr muss der Motor mithelfen, damit wir vor der Dunkelheit einen Ankerplatz erreichen.

Beim allerletzten Büchsenlicht erreichen wir GOKKAYA LIMANI und werfen das Eisen in der Buchtmitte zwischen den anderen Ankerliegern.  Es gibt handgemachte Pizza und Rotwein.

Anschließend wird an Deck über Transformationen von Tonleitern und dem wohl temperierten Piano diskutiert, bis gegen 23:00 Uhr Nachtruhe herrscht.

Tagesbemerkungen des Skippers:

Die zweite Melonenhälfte dient mittlerweile im Kühlschrank als Haltevorrichtung für die offene Ölsardinendose. Ich bin mir nicht sicher, ob das lange gut geht. 

Logbuch Dienstag, 06.10.2020

08:30 Uhr Sonnig 1023 hPa.

Heute soll es über 35 Grad heiß werden. Der Tagesplan:  Hin- und Hersegeln und abends zurück zu Hassan nach Ücağiz. Aber zuvor wartet ein Berg dreckiges Geschirr auf uns. Anschließend findet die Erstwasserung des neuen Dinghis statt. „Luftmoggl“, wie wir es getauft haben, fährt sich ausgezeichnet.

Bis Wind aufkommt ist Faulenzen und Baden angesagt. Erst gegen 14:00 Uhr segeln wir gemütlich zur Piratenbucht KARALOZ KOYU und dann weiter bis zur Einfahrt nach Ücağiz.  Zum Abendessen lassen wir uns vom Ankerplatz abholen. Es gibt gemischte Vorspeisen, Salat, gegrillten Fisch, Kartoffel, Bier und Raki. Zurück an Bord ist der Übergang von besinnlich zu besoffen ziemlich fließend.

Tagesbemerkungen des Skippers:

Warum fahren alle immer so dicht ans Land ran. Gibt es ihn doch, den Riffmagneten? Ich muss das mit dem Toilettenpapier nicht richtig erklärt haben. Hoffentlich gibt es keine Verstopfung.

Logbuch Mittwoch, 07.10.2020

06:00 Uhr Sonnig 1023 hPa.

Um 06:00 Uhr ist Schichtwechsel. Die Moskitos gehen schlafen und die Saugfliegen beginnen ihren Dienst. Sie sehen aus, wie unsere Stubenfliegen. Nur haben sie zwei ganz fiese Eigenschaften. Sie beißen und sie sind verdamt schnell. So hat jedes Paradies auch seine Schattenseiten. Um 10:15 Uhr holen wir den Anker ein.  Der Wind ist zum Segeln zu wenig. Wir tuckern die Küste entlang. Nach geheimer Wahl und mit nur einer Stimme Mehrheit entscheiden wir uns für einen letzten Badestopp abseits unseres Kurses in ASAR KOYU am Fuße der altertümlichen lykischen Stadt KALE. Neben Baden und Faulenzen gibt es noch ein verspätetes Frühstück. Dann geht es weiter Richtung Kaş.  Ab dem Kap ULU BR. ändern wir den Kurs und können die Segel auspacken. 

Aber bald läuft uns die Zeit bis Sunset davon und wir setzen zusätzlich den Motor ein. Unser letzter Tag auf See geht zu ende. Wie doch die Zeit vergeht. 18:10 Uhr an der Tankstelle; 18:30 Uhr am Steg B Platz 28; 19:00 Uhr unter der Dusche.

Abendessen im Yessil-Restaurant, anschließend Eisröllchen und Baklava. Ein Absacker gelb/blau an Bord. 

Tagesbemerkungen des Skippers:

Milchnotstand an Bord.   Kein Cappuccino mehr. Bei Kale den Anker kaum aus dem Grund bekommen.   64 Liter Diesel nachgetankt. Motor: 2085,9 Std. Log konnte nicht geführt werden, da keine Speedanzeige.

Logbuch Donnerstag, 08.10. und Freitag, 09.10.2020

Wir werden am Donnerstag schon um 07:30 Uhr wach. Vermutlich ist es die Vorfreude auf den Corona-Test.

Nach dem Käffchen geht´s ab ins Hospital. Aber wo steckt T2? Und als er kommt ist Mathias verschwunden. Okan und unsere Taxifahrerin werden langsam unruhig. Nach dem Mittagessen im Kühlhaus (Klimaanlage) und je drei Kugeln Eis gibt´s ein Mittagsschläfchen. Dann wird das Boot abgerüstet.

Wischi waschi

Am Abend Live-Musik an Deck. Moni und Burkhardt sind unsere Gäste. Danach Resteverzehr bis Mitternacht. Am nächsten Morgen –  der Hammer. Auch bei uns ist einer der Tests unbrauchbar. In Windeseile packen, Transfer umbestellen, neuer Test im Hospital und ab nach Antalya ins Labor. Das Ergebnis erreicht uns noch rechtzeitig und auch wir bekommen unseren Flieger noch.

Eine ungewöhnliche Reise in einer ungewöhnlichen Zeit geht zu ende. Wir müssen das beste aus der Situation machen, sagte ich bei der Törn-Vorbesprechung. Und wir haben das Beste draus gemacht, wie ich meine!  

 

Im Letzten Jahr ist MERLIN im Schnitt einen Knoten langsamer gesegelt. Bei starkem Gegenwind war selbst unter Motor kein Vorankommen mehr möglich. Und im  Marina-Bereich ist aufkreuzen  sehr nervtötend. Grund für die Entschleunigung, ist der Bewuchs am Unterwasserschiff. Zwar gibst es Spezialanstriche die den Muschelansatz eindämmen, die halten aber nur ein, zwei Jahre und müssen immer wieder am Trockendock erneuert werden.

Jens, ein Stegnachbar, hat mich auf CopperCoat aufmerksam gemacht. Ein Spezialanstrich auf Kupferbasis, der zwar teurer ist, aber dafür viele Jahre halten soll. Genau diese Beschichtung und weitere kleinere Wartungsarbeiten waren der Grund meiner Reise.

Es scheint, dass wir die Pandemie langsam in den Griff  bekommen. Die Inzidenzen in Deutschland sinken unter die 50er Grenzwerte. Und durch den harten Lockdown in der Türkei ist auch dort ein expotentieller Sinkflug der Ansteckungen angesagt. Trotz Impfung, ohne Stecker´l in die Nase und elektronischer Anmeldung beim türkischen Gesundheitswesen geht nichts. Sicherheit geht vor. Auch die Rückreise ist mit mehreren Nasenbohraktionen verbunden, um sich eine Quarantäne zu ersparen.

Nach einem kurzen Zwischenstopp bei Joanna und Marcel, SY Chulugi in Finike wird es dann doch 00:30 Uhr und somit bereits Donnerstag bis ich vor MERLIN stehe. Normalerweise betritt man ein Boot mittels Passarella über einen Steg. Diesmal geht´s über eine Leiter hinauf zu MERLIN, da die Marina-Crew das Boot bereits Tage vor meiner Ankunft an Land gebracht haben. Toller Ausguck hier oben, nur etwas ungewohnt, weil nichts schaukelt.

Merlin kommt aus dem Wasser

Donnerstag 3. Juni

Es klopft von außen an den Rumpf. Als ich von meinem Hochsitz blicke entdecke ich Burkhard, einer meiner Stegnachbarn und mittlerweile ein guter Freund. Er hat sich während meiner Abwesenheit rührend um MERLIN gekümmert. Hat aufgepasst dass beim Kranen alles glattgeht und mir Bilder zugeschickt. Leider waren auch Unschöne dabei, denn das Kielschwert war unverhältnismäßig stark verschmutzt und obendrein ziemlich verrostet.

Die Reparatur verursacht ungeplante Mehrkosten. Neben Burkhardt, der mit seiner Yamaha 650 kam, tuckert ein weiterer,  für mich neuer Typ mit dem Roller heran. Alex heißt er und sieht Obelix ein bisschen ähnlich. Nein nicht ähnlich, sondern wie aus dem Gesicht geschnitten. Später wird man uns für Brüder halten. Wir verabreden uns für Abends zum Bier.

Die Arbeiten an MERLIN sind gerade etwas ins Stocken geraten. Das Unterwasserschiff muss nach dem Ablösen der alten Schutzlackierung, Antifouling genannt, komplett abtrocknen. Aber aus dem Ruder tropft immer noch Wasser. Wir entscheiden, das GfK an der untersten stelle anzubohren, um den Trockenprozess zu beschleunigen und wenigstens schon mal das Schwert zu grundieren.

Freitag 4. Juni

Nachdem das Ruder immer noch „saftelt“, beschließe ich nach Göceck zu fahren, um Judith und Volkan von Sail with Friends zu besuchen. Moni, Burkhardts bessere Hälfte, bietet mir ihre Enduro an. So wird aus einer schnöden Taxifahrt eine geile Motorradtour zusammen mit Burkhardt.

Die neue entstehende Marina in Göcek

Auch wenn Judith und Volkan eigentlich immer gut gelaunt sind, so kann man zwischen ihren gesprochenen Sätzen erahnen, dass es um die Chartergeschäfte nicht zum Besten steht. Zuerst die staatlichen Einschränkungen, dann die Pandemie und zuletzt die unverhältnismäßig hohen Liegeplatzgebühren. Das zehrt an der Substanz. Obendrein kommen derzeit aus der EU kaum mehr Chartergäste. Hoffentlich geht das gut. Ich wünsche es den Beiden.

Die Tour zurück führt uns durch Fethye und ein Stück in die Berge. Wenn man da oben steht ereilt einem ein Gefühl der Freiheit. Beinahe wie beim Fliegen. Am Abend noch ein Bierchen im Oxygen, der Marina-Bar. Ich treffe Arsum, Herbert und einen Weiteren dessen Namen ich mir nicht gemerkt habe. Arsum kannte ich schon, als sie noch den Marina-Waschsalon hatte. Eine kleine, pfiffige Türkin deren Organisationstalent es jederzeit mit einem Top-Manager aufnehmen könnte. Herbert besitzt einen großen Catamaran der in Göcek am selben Steg Merlin gegenüber stand. David und Goliath, sozusagen. Und auch an diesem Abend schwingt der Größenunterschied etwas mit. Er, spendabel den Damen gegenüber und mit dicker Zigarre in der Hand. Und ich mit einer 0,33er Bierflasche bewaffnet. Nur komisch, dass der Cat im Hafenbecken vor Anker liegt, um anscheinend die Mooring-Gebühren zu sparen. Aber es heißt ja immer, von den Reichen kann man das sparen lernen.

Samstag 5. Juni

Barograph

Ich habe mir einen lang ersehnten Wunsch erfüllt und mir noch in Deutschland einen elektronischen Barographen zugelegt. Das Teil muss im Reisegepäck mal wieder recht komisch ausgesehen haben. Denn wie so häufig werde ich beim Zoll gefilzt. Interessant für die Zöllner war dann auch dieses Trockenmittel mit dem ich das Boot während meiner Abwesenheitszeit trocken halte. Es kostete einige Überzeugungsarbeit, bis ich den Zöllnern das weiße Pulver in den Plastiktüten erklärt habe.

Aber zurück zum Barographen. Er zeigt nicht nur den momentanen Luftdruck, sondern auch Tendenzen und lässt somit eigene meteorologische Schlüsse zu.  Der Marinaschreiner bastelt mir fachgerecht eine Öffnung ins Instrumentenpaneel. Den anschließenden Einbau erledige ich selbst. Allerdings sehr langsam. Die Hitze unter Deck treibt selbst beim denken Schweißperlen auf die Stirn.

Die Außenarbeiten am Rumpf stehen still. Das Ruder ist immer noch nicht ganz abgetrocknet. Am Nachmittag nehme ich in Kas ein verspätetes Mittagessen ein. Hähnchenschenkel mit Reis, Salat und Brot dazu. Und natürlich Chai, das landestypische Nationalgetränk. Alles zusammen für 2,20 Euro. Der Wechselkurs könnte für uns Deutsche nicht günstiger stehen.

Sonntag, der 6. Juni

Corona bedingte Sonntags-Ausgangssperre. Touris dürfen sich aber frei bewegen. Nützt nur nichts, wenn die meisten Geschäfte und Lokale zu haben. Die Arbeiten an MERLIN´s Rumpf ruhen natürlich auch. Der Mann im einzigen offenen Supermarkt verkauft mir kein Bier. Sonntag ist Alkoholverbot. Zum Glück habe ich noch eine eisgekühlte Flasche Weißwein an Bord. Der Abend ist also gerettet. An Deck leise Musik, Erdnüsse, Wein und dazu ein grandioser Sonnenuntergang.

Montag, der 7. Juni

Die Arbeiten am Rumpf können beginnen. Nur ich schau etwas dumm aus der Wäsche. Der Weißwein fordert seinen Tribut. Während ich nach Kaffee lächtze, wird außen bereits die Grundierung aufgetragen. Die Jungs arbeiten recht professionell. Ich spendiere schon mal eine Runde eisgekühlte Cola, bevor ich mich zu einer kalten Dusche durchringe. Anschließend habe ich einen Termin bei Ümit, dem Marina-Chef. Es gibt Einiges zu besprechen. Er begrüßt mich schon längere Zeit mit den Worten „Hallo mein Freund“. Und langsam bin ich mir sicher, er meint das auch so.

Am Nachmittag wird die ausgehärtete Grundierung angeschliffen und für den Lackauftrag vorbereitet. Ich muss derweil schon mal die coronabedingten Rückreiseformalitäten ans RKI schicken. Dann beschaffe ich mir einen Motor-Roller für kleinere Unternehmungen.  Abends zusammen mit Susanne und Alex in Kas zum Essen. Wichtigstes Thema des Abends: Wie bekommt man eine Motoryacht von hier zum Main. Das ist in Coronazeiten gar nicht so einfach, wie ich erfahre. Trotzdem ist es nicht wirklich ein existenzielles Problem. Wie alle unsere Probleme die uns hier umtreiben. Oder um es mit den Worten des Liederbarden Wolfgang Buck auszudrücken: – jammern auf höchstem Niveu – „Meine Swimmingpool-Heizung treibt mich noch in den Ruin“.

Dienstag, der 8. Juni

Heute ist der große Anstrich-Tag. Ich habe mir abends noch mal das Hersteller-Video reingezogen. Die Beschichtung muss viermal und in bestimmten Zeitabständen aufgebracht werden. Durch die geringe Verarbeitungszeit darf immer nur eine begrenzte Menge angemischt werden. Und das im exakten Mischungsverhältnis. Sehr schnell bekomme ich mit, dass alles nach Plan abläuft und sehr profihaft gearbeitet wird. Meine Anspannung sinkt.

Grau – Grundierung; braun – CopperCoat; weiß – zugespachtelte Entwässerungsbohrungen

Um 16:00 Uhr werde ich von Okan, einem Agenten, abgeholt. Er bringt mich ins Hospital zum PCR Test. Mit im Auto sitzt Marcello. Ein kleiner, schmächtiger, sonnengegerbter Italiener. Das Größte an ihm ist sein Strohhut und die überdimensionale Sonnenbrille die man so in der 70ern getragen hat. Wir kommen schnell ins Gespräch. Er überstellt Schiffe, ist auf allen Weltmeeren zuhause und schon seit drei Jahren unterwegs. Derzeit fährt er einen Cat zurück nach Italien. Alleine! Eigentlich hätte ich gerne noch ein Bierchen mit ihm getrunken, zu dem uns Okan eingeladen hat. Aber ich wollte noch eine Rollertour unternehmen, ohne in die Nacht zu kommen. Ich besuche spontan Hassan und seine Familie in der Kekova-Bucht. Auch hier werde ich schon wie ein Familienmitglied begrüßt. 

Mittwoch, der 9. Juni

Mein letzter Tag im Hochsitz an Bord. Die Baustelle steht wieder still, da die Beschichtung einige Tage aushärten muss. Ich werde den Abschluß der Arbeiten wohl nicht mehr vor Ort erleben. Im Technikbüro besprechen wir die weitere Vorgehensweise. Ich denke ich kann mich auf die Leute hier verlassen. Eine Hiobsbotschaft ereilt mich trotzdem noch. Beim Check des Antriebs wird festgestellt, dass der Propeller ausgeschlagen ist und getauscht werden muss. Bei der Demontage kommt dann auch noch eine eingelaufene Welle zum Vorschein. Das wird noch ein weiteres Loch in meine Bordkasse reißen. Aber auch hier könnte man wieder Wolfgang Buck zitieren. Oder Werner Schmidbauer: „Wenn die Spritpreise weiter so steigen, dann muss ich noch meinen Hubschrauber verkaufen“.

Um mich etwas bei Laune zu halten, läd mich Burkhardt zu einer weiteren Motorrad-Tour ein. Dem kann ich natürlich nicht widerstehen, wenngleich eigentlich Alex an der Reihe wäre. So jedenfalls sein Gesichtsausdruck. Diesmal soll´s richtig in die Pampa gehen. Über Stock und Stein. Und an einem Solchen muss ich wohl auch hängen geblieben sein, als mich das Motorrad abgeworfen hat. Zum Glück, nichts gebrochen. Aber die Prellungen und Schürfwunden haben gereicht. Mit Jod und Eiswürfel versorgt, sitze ich im nächsten Dorf als Attraktion des Tages vor einem Lebensmittelmarkt und muss mir eingestehen, dass ich doch eher ein Straßen- als ein Schottertyp bin.

Am Abend, nach herrlichen Spaghetti, noch klar Schiff machen, den Scooter zurückbringen und die Reisetasche packen. Morgen geht´s zurück. Ich freue mich schon auf Zuhause, wenngleich ich es auch gerne noch eine Zeitlang hier ausgehalten hätte.

Tschüss MERLIN, bis bald!

Merlin

Das Boot ist fertig und wurde vom Marina-Personal wieder zu Wasser gelassen und an seinen angestammten Platz am Steg B gebracht. Aber irgendwie überkommt mich so ein mulmiges Gefühl. Ob wirklich alles in Ordnung gegangen ist?  Hals über Kopf ordere ich ein, wenn auch nicht besonders günstiges, Flugticket und düse los.

Die Anreise war diesmal eine mittelprächtige Katastrophe. Zum einen sind die Inzidenzen in Deutschland einstellig geworden und beinahe jeder will sein Urlaubsdefizit aufholen. Zum anderen begann in der Türkei Bayram, das höchste islamische Fest. So war der Flieger, der mit einer Stunde Verspätung erst in Nürnberg ankam, dann bis auf den letzten Sitzplatz vollgepfropft. Zeitgleich wurde sogar ein zweiter Flieger, mit gleichem Ziel, beladen. Was dann letztendlich zum nächsten Problem führte. Wir saßen im Flieger, aber aus Gründen, die uns nicht genannt wurden, verzögerte sich der Start um eine weitere Stunde. Auch der Landeanflug in Antalya war recht abenteuerlich. Mich als Freizeitpilot stört es ja eher weniger, wenn jemand in meiner direkten Umgebung zur Übel-Tüte greift. Aber dass dann anschließend zwei weitere Gäste auch noch reihern, das war schon nicht so prikelnd. An der Gepäckausgabe war die Startverzögerung dann klar. Circa 60 Passagiere erhielten statt ihrer Koffer einen Zettel zum Ausfüllen. Ich natürlich auch. Das ist doppelt dämlich, da ich eigentlich vorhatte, nur mit Handgepäck zu reisen. Aber der Zoll in Nürnberg meinte, dass meine Boots-Ersatzteile durchaus als gefährliche Ware anzusehen sind. So musste mein Täschchen in den Flugzeugrumpf. Gegen Aufpreis, versteht sich. Wenn alles gut gehe, sagten sie mir, wird das Gepäck in den nächsten zwei Tagen in der Marina eintreffen. Die dazugehörigen Formalitäten hatten natürlich wieder eine Stunde in Anspruch genommen. So ist es nicht verwunderlich, dass der Fahrer, der mich abholen sollte, bereits wieder auf dem Heimweg war.

Wo ist mein Fahrer?

Donnerstag, der 15. Juli  – Richtig angekommen  –

Anstatt gegen 9:00 Uhr war ich dann kurz vor 14:00 Uhr am Steg B in Kas. Noch nicht ganz bei Merlin angekommen, traf ich auf Jim, einen Stegnachbarn.  Er kommt aus Weymouth, England. Sein letzter Facebook-Eintrag zeigte ihn im Tandemgleitschirm über Ölüdeniz. Ich hätte nicht fragen sollen, wie sein Gleitschirmflug war, denn er hörte nicht mehr auf, begeistert darüber zu berichten. Und das bei 37 Grad, ohne einen Flecken Schatten und ohne ein einziges Lüftchen. Als er mich auch noch zum Drink einlud, musste ich dankend ablehnen.  Sorry Jim, aber ich muss jetzt erst mal richtig ankommen. Es war, glaube ich, mein erstes Bier das ich im Leben abgelehnt habe. Aber das Wasser lief mir bereits aus allen Poren.

MERLIN war weitestgehend in dem Zustand, wie ich es mir gewünscht habe. Aber jetzt nichts wie die verschwitzten Klamotten runter und duschen. Doch selbst der Weg zur Dusche war eine Art Hürdenlauf. Denn da hab ich Jens getroffen. Er ist gerade von einem sechswöchigen Überführungstörn  zurück. 3000 Seemeilen durch sieben Länder. Auch hier gibt es also viel zu erzählen. Was wir dann aber auf die Abendstunden in der Oxygen-Bar vertagt haben.

Nachts baue ich noch den Heizlüfter zum Ventilator um. Denn selbst nach Mitternacht hat es noch 30 Grad unter Deck. Funktionierte gut, aber laut. Irgendwann schlafe ich dann doch ziemlich übermüdet ein.

Freitag, der 16. Juli

Heutzutage ist es ja wichtig, immer und überall mit der ganzen Welt in Kontakt zu sein. Deshalb laufe ich zuerst in die Stadt um meinen WLAN-Router aufladen zu lassen. Um bei der Affenhitze nicht alles zu Fuß erledigen zu müssen, wird kurzerhand ein Roller für die kommenden Tage gebucht. Man kennt mich bereits und so sind die Formalitäten schnell erledigt. Allerdings haben sich, Dank Hauptsaison, die Preise glatt verdoppelt und der Hubraum halbiert. Aber das Schnauferl bringt mich trotzdem locker über die Hügel. Jetzt noch ein paar Ersatzteile und Werkzeuge einkaufen. Der zehner Gabelschlüssel war an Bord unauffindbar. Ist wohl irgendwann von Bord gegangen.

Bei der obligaten Begrüßungsrunde im Marina-Office stand dann auch plötzlich meine verloren gegangene Reisetasche vor mir. Alles wieder gut.

Mein Freund und Stegnachbar Burkhardt, der kurz vorbeikam, schimpfte wie ein Rohrspatz, dass trotz Corona Delta Variante, in Feierlaune keiner mehr so richtig die Regeln einhält. Ich habe daraufhin auf den obligatorischen Wochenmarktbesuch verzichtet.

Die geplanten Restarbeiten an Bord sind bei der Hitze eigentlich nur sehr früh am Morgen, oder spät am Abend zu bewerkstelligen. Dazwischen im Schatten dösen, Buch lesen oder diese Notizen hier schreiben. Alles ist eigentlich recht entspannt.

Samstag, der 17. Juni

Der Muezzin weckt auch am Wochenende sehr eindringlich und gewissenhaft. Nur für meine Begriffe, viel zu früh. Ich muss noch mal nach Kas. Zwei große Schäkel kaufen. Und einen zweiten 10er Gabelschlüssel, zum Kontern. Anschließend gönne ich mir zum Frühstück ein leckeres Omelett und einen Cappuccino dazu.  Danach ist´s zum Arbeiten schon wieder viel zu heiß.

Zugentlastungsfeder. Teufelszeug für den Nürnberger Zoll

Gegen 18:00 Uhr wird es langsam erträglicher und ich mache mich an die Arbeit, die Zugentlastungs-Federn, weswegen mein Handgepäck in den Rumpf musste, zu montieren. Mein direkter Stegnachbar, ein junger, neureicher Türke, springt sofort von seiner neuen Yacht und hilft mir. Er heißt Vilmi, oder so ähnlich. Ist mit seiner jungen Familie an Bord und hat offensichtlich keine Lust bei der Hitze zu segeln. Nach getaner Arbeit gehe ich das zweite Mal heute zum Duschen. Anschließend gönne ich mir im Marina-Restaurant Pasarella für knapp 12,- Euro ein Rinderlendensteak. Das muss jetzt halt sein. Beim Absacker an Bord gibt es Hubert und Staller im Handy-Mäusekino. WLAN sei Dank!

Sonntag, der 18. Juni

Die Arbeiten sind getan. Ich habe quasi die letzten beiden Tage Urlaub. Unternehme eine morgendliche Roller-Tour die Küste entlang und über die Hügel zurück.

Links die Einfahrt zur Kas-Marina. Rechts oben die Griechische Insel Kastelorizon

Mittags im Yesil-Restaurant Hühnereintopf mit Bulgur und Salat und Mineralwasser für 1,90 €. Anschließend an Bord zwei Stunden am Laptop zugebracht. RKI-Einreiseformular und Impfbescheinigung zum Freikauf aus der häuslichen Quarantäne. Abends zum Sundowner auf der Segelyacht Satchmo mit Monika, Burkhardt, Arsum und Jens, den wir kurzerhand in Yusuf umgetauft haben. Wir unterhalten uns prächtig. Reden über Gott und die Welt. Hunde, Katzen, Tierschutz, Geheimtip-Buchten und Alfred Biolek.   

Montag, der 19. Juni

Im Marinabüro liegen meine Ausreise-Drucksachen zur Abholung bereit. Denn einen eigenen Drucker habe ich noch nicht an Bord. Ist auch nicht nötig, bei der Hilfsbereitschaft. An Bord gibt es immer noch Kleinigkeiten zum schrauben. So vergeht der Vormittag recht kurzweilig. Mittag Spaghetti im Pasarella. Anschließend eine größere Rollertour bis Kalkan.

Sundowner an Bord

Den Sundowner genießen wir in gleicher Runde, aber diesmal bei mir an Bord. Als alle gegangen sind und die Sonne orangerot hinter den Hügeln verschwindet, erfahre ich, dass mein Freund Franjo heute gestorben ist. Ich bin froh, jetzt allein an Deck zu sitzen und ein bisschen inne halten zu können. Ein Foto entsteht und geht über Facebook um die Welt.

Prost Franjo, ich trinke auf Dich!

Dienstag, der 20. Juni

Meine letzte Nacht an Bord habe ich erstmals ohne den Einsatz des Ventilators zugebracht. Wahrscheinlich ist es etwas kälter geworden. Oder ich habe mich endlich an die Temperaturen gewöhnt. Nach dem Frühstück räume ich das Boot auf. Mache mir Notizen, was für die kommenden Törns daheim besorgt werden muss. Dann verabschiede ich mich der Reihe nach, von allen mir lieb gewordenen Freunden, ziehe meine lange Hose an, lege mir die Jacke zurecht und trete die Heimreise an.

Bis bald MERLIN

Thomas, der Steg-Kapitän

PS. Alfred Biolek ist einen Tag nach meiner Rückkehr verstorben. Zufall oder Vorsehung?

Sonntag 10. Oktober 2021

Ich bin wieder da!

Genauer gesagt, an Bord der MERLIN. Sitze in meiner Lieblingsecke und genieße das erste EFES-Malt. Heute lief alles wie am Schnürchen. Christian hat mich zum Flughafen gefahren. Die Abflugtafel war wieder gefüllt wie vor Corona. Der Virus scheint seinen Schrecken verloren zu haben. Die Leute wollen wieder in Urlaub fliegen.

Tomatensaft gibt es diesmal keinen für mich.

Im Flugzeug rennen die Stewardessen allerdings immer noch nervös  hin und her und ermahnen Jeden, dem  auch nur die Nasenspitze unter der ffp2-Maske hervor spitzt. Und dann werden Essen und Getränke serviert. Der Maskenzwang hat ein jähes Ende. Es scheint als würde der Virus eine Art Mittagspausen einlegen. Wie krank ist das denn? Wie blöd muss man sein, um solche Regeln zu erfinden?? Trotz knurrendem Magen, lehne ich jegliche Angebote dankend ab, und bleibe vermummt.

Auch der Transfer von Antalya nach Kas klappt ausgezeichnet. Und so sitze ich seit 21:30 Uhr unter Deck und lasse es mir gut gehen. Die nächsten beiden Tage werden vom Aufrüsten des Bootes geprägt sein, bis dann am Mittwoch die erste Crew eintreffen wird. Ein paar EFES werden es an dem Abend noch.

Montag 11. Oktober 2021

Bei den Vorbereitungsarbeiten bekomme ich tatkräftige und professionelle Hilfe. Das ist auch zwingend notwendig, da ich als ehemaliger Charterkapitän recht wenig Plan zum anschlagen der Segel besitze. Viele Arbeiten sind zu verrichten, die sich bei schweißtreibenden 28 Grad über den ganzen Tag hinziehen.

Am Abend, zum Sundowner, bekomme ich Besuch von Moni und Burkhardt. Seit unserem letzten Zusammentreffen im Juni gibt es viel zu berichten. Anschließend geht es, bei Bluesmusik, auf ein/zwei Bierchen in den Marina-Pub, wo sich Leute aus aller Welt treffen. Die Sonne hat mir ziemlich zugesetzt. Und so falle ich hundemüde in meine Koje.  

Dienstag 12. Oktober 2021

Heute geht´s deutlich entspannter zu. Zwar stehen noch ausreichend Restarbeiten an, aber jetzt wird erst mal, im Schatten der Sprayhood, ausgiebig Kaffee getrunken. Anschließend alle Edelstahlteile mit Chrompolitur gereinigt und die Klebereste um die gestern neu abgedichtete Decksluke beseitigt. In der Werft ein kurzer Plausch und 100,- € für den durchgeführten Motorkundendienst abgedrückt.

Gegen Mittag, als es für mich schon wieder zu heiß zum Arbeiten wird, ist mir Jürgen über den Weg gelaufen. Er stammt aus der Nähe von Düsseldorf.  Sein Boot namens Dina liegt am Steg A und auch er ist momentan mehr mit Basteln, als mit Segeln beschäftigt. Wir haben uns lange unterhalten und neben dem Segeln erstaunlich viele weitere Gemeinsamkeiten entdeckt. Beide haben wir rechtzeitig unser Arbeitsleben beendet, sind annähernd im gleichen Alter. Techniker. Und haben uns bis zum Rentenantritt finanziell selbst über Wasser gehalten.

Am Spätnachmittag kommt Wind auf, der sich im Düseneffekt zur Marina hin verstärkt. Eigentlich kann man von einem kleinen „Stürmchen“ sprechen, das sich da zusammenbraut. Die Yachten werden gut durchgeschüttelt und durch die hohen Wellen schwappt das Wasser bereits über den Steg. In einer zweiten Welle beginnt es dann zu regnen und der geplante Sundowner muss leider vertagt werden.

Mittwoch 13. Oktober 2021

Morgens vom Regen geweckt worden. Sonne und dickes Gewölke wechseln sich ab. Um 11:30 Uhr kommt die Crew an. Bestehend aus meinem Co-Skipper Franz, T2 und Lars dem Neuling im Bunde. Zum türkischen Frühstück geht´s ins Vathi, eines der beiden Marina-Restaurants. Dann werden die Restarbeiten am und ums Boot herum ausgeführt. Beiboot aufpumpen, Außenborder aktivieren, Ruckdämpfer gegen normale Achterleinen getauscht. Gefolgt vom obligatorischen Großeinkauf.

Türkisches Frühstück.

Um 19:00 Uhr gehen wir zusammen mit Jürgen im Schlepptau nach Kas zum Abendessen. Ich zeige den Herrschaften das Sempati, eines meiner Lieblingslokale. Service und Essen überzeugen. Anschließend geht es in die schräg gegenüberliegende Bar, wo sich eine Art deutscher Stammtisch etabliert hat. Einen allerletzten Absacker gibt es dann weit nach Mitternacht noch an Deck. Allerdings bereits in Jacken gehüllt, weit entfernt der 28 Grad der letzten Tage.

Donnerstag 14. Oktober 2021

09:00 Uhr, 1001 hPa, Sonnig, Mot: 2119,0 Std.

Die Nacht war ruhig. Nach dem Aufstehen muss sich das Bordleben erst mal langsam einspielen. Wer ist Langschläfer, wer Frühaufsteher. Wer kann Kaffe kochen, Wem geht man morgens eher aus dem Weg usw. usw.

Resteinkäufe sind zu machen. Beim Frühstück treffen wir meinen Freund Oktay. Er ist Berufskipper und liegt derzeit mit einer Traumyacht längsseits am großen Beton-Kai. Wir dürfen das Schiff besichtigen und auch Fotos machen. Innenaufnahmen allerdings nur für private Zwecke und nicht für´s Netzt. Es ist überwältigend, eine Yacht zu besichtigen, die exakt so breit ist, wie MERLIN lang.

Um 14:30 Uhr legen wir vom Steg B Platz 33 ab. Franz ist am Ruder. Nach der Ausfahrt, als bereits Kastellorizon in Sicht kommt, gibt es leichten Segelwind. Eigentlich genau das Richtige zum eingewöhnen und üben.  Unter Fock und Großsegel geht es mit 4 ½ Knoten im Slalom durch die vorgelagerten Inselchen. Um 17:30 Uhr fühlen wir uns segelfit für die Woche und suchen uns in der weit ausladenden Bucht gegenüber Kas unseren Ankerplatz. Der Anker fällt bei 10 Meter Tiefe mit 35 Meter Kette. Mit einem kurzen Ruck ist der Anker fest und der erste Segeltag beendet. Nudeln, Salat, Rotwein. Was kann es Besseres geben. Nachts kommt ziemlich starker Wind auf. Der Anker hält. Und das iPad hält durchgehend Ankerwache.

Schwimmbrille beim Zwiebel schneiden.

Freitag 15. Oktober 2021

08:15 Uhr, 1001 hPa, Sonnig, später bewölkt.

Türk Radio sendet Gale Warning für die südliche Ägäis und Taurus.

Irgendwann gegen 4:00 Uhr ist der Wind eingeschlafen. Frühstück unter Deck. Eine Runde ums Boot schwimmen. Das Wasser ist wärmer als die Luft. Die hohe Bewölkung im Westen kündigt das herannahende Sturmtief an. Ob und wie stark wir betroffen sind ist noch unsicher, da wir Richtung Osten aufbrechen. Um 10:45 Uhr Anker auf. Lars fährt uns aus der Bucht. Die Wolken in den Bergen hinter Kas werden immer dichter und dunkler. Wir überlegen, ob wir umkehren und in die Marina zurückfahren. 11:30 Uhr das Wetter kommt schneller näher als gedacht. Wir entscheiden uns zur Umkehr. Auf der offenen See bilden sich erste Gewitterzellen.

12:30 Uhr. Es ist wie verrückt. Die Front löst sich vor unseren Augen auf. Wir drehen abermals um und gehen auf den Ursprungskurs Kekova. Die Passage erreichen wir gegen 14:00 Uhr und um 16:30 Uhr sind wir in Ücaiz. Im Innenbereich am Steg ist noch ein Platz frei. Ideal, wenn der Wind stärker werden sollte.

Abends bei Hassan. Gut gegessen und viel getrunken. Zu viel eigentlich.

Samstag 16. Oktober 2021

09:15 Uhr, Sonnig, 2/8 Quellwolken, Starkwind

Morgens ziemliche Anlaufschwierigkeiten. Marcel von der SY Chulugi weckt mich auf. Ich habe für seine Joanna ein Päckchen aus Deutschland mitgebracht. Medikamente die es in der Türkei schwer oder gar nicht zu kaufen gibt. Allerdings bringe ich bei der Übergabe kaum einen Ton heraus. Mein Hals ist geschwollen. Mandelentzündung? Erkältung? Raki vom Vorabend? Ich kann es nicht sagen. Wahrscheinlich von Allem etwas.

Draußen auf See windet es stark. Wir entscheiden (3 zu 1) hier zu bleiben und einen Wandertag einzulegen. Wir wandern die Bucht entlang und hoch zur Burg Kale Köy. Nach dem Abstieg und einer Erfrischung in einer der Lokale am Ufer, geht es per Wassertaxi zurück zum Steg. Abends freut sich Hassan auf unseren zweiten Besuch. Wir kommen gerade noch rechtzeitig zum Boot zurück, als der Regenguss einsetzt. MERLIN zeigt leichte Undichtigkeiten.

Sonntag 17. Oktober 2021

08:00 Uhr, 998 hPa, Sonnig

Um 10:00 Uhr legen wir vom Steg ab. Außerhalb Kekova herrscht leichter Segelwind und wir kreuzen mit 3 Knoten Fahrt Richtung Osten. Um 14:15 Uhr treffen wir in Karaloz ein. Es ist ein tiefer und gewundener Einschnitt im Außenbereich der Insel Kekova.

Mittagspause. Baden. Es gibt Bruscetta a´la Franz. Dann kommt Wind auf und nimmt stetig zu. Erstmals werden wir gefordert und kreuzen geschwindigkeitsoptimiert hin und her. Der Weg ist das Ziel. Um 18:15 Uhr ist es um diese Jahreszeit schon stockdunkel. Und so nähern wir uns um 17:45 Uhr unserem Ankerplatz Gökkaya Limani, von Ingrid Karibikbucht genannt.

Es gibt selbstgebackene Pizza und Rotwein. Am Abend entfacht eine heftige Diskussion über Vereinsführung und Jugendarbeit. Aber die Streitkultur liegt erwartungsgemäß auf hohem Niveau  

Montag 18. Oktober 2021

08:00 Uhr, 1000 hPa, Sonnig

Nachdem der Wind erfahrungsgemäß erst zur Mittagszeit einsetzt, gehen wir den Tag gemächlich an. Baden ist angesagt. Franz und Lars unternehmen einen Landausflug. Anschließend gibt es als Brunch selbstgemachtes Menemen. Eine türkische Frühstücksspezialität, wer´s mag.

Um 13:00 Uhr fahren wir aus der Bucht. Zunächst um einige Nachbarbuchten zu erkunden. Dann wird den Nachmittag über mit schönem Segelwind bei 1,5 Meter Welle gesegelt. Ziel ist es, mit Windenergie bis zur Kekova-Einfahrt hoch zu kreuzen. Selbst innerhalb der Kekova-Insel kreuzen wir weiter, bis es die Wassertiefe nicht mehr zulässt. Polemos Bükü steht wieder mal voll in der Düse. Der Wind bleibt uns auch nach Sonnenuntergang noch erhalten. Aber der Anker und die 50 Meter Kette halten auf 8 Meter Tiefe recht gut. Kapitäns-Dinner ist angesagt. Danach Bandprobe. Wohl die Letzte in dieser Form.

Und dann geschieht das Unglück. Das gelbe EFES Malt ist ausgegangen und der Skipper muss wiederwillig auf Blau umgestellt werden.

Besondere Vorkommnisse des Tages:

  • Franz taucht in der Bucht mit Maske, aber die ffp2 scheint hierfür völlig ungeeignet zu sein.
  • Durch die vielen Handy-Ladekabel sieht es am Kartentisch aus, als hätte man bei einem alten Röhrenfernseher die Rückwand abgeschraubt.
  • Skipper erfolgreich auf EFES Pils umgewöhnt.

Dienstag 19. Oktober 2021

08:00 Uhr, 1002 hPa, Sonnig

Wir gehen zeitig los und sind bereits gegen 09:00 Uhr aus der Kekova-Bucht raus. Unter Motor geht es Richtung Westen. Auch gegen 11:00 Uhr querab Kastellorizon kommt noch kein Wind auf. Um 12:00 Uhr machen wir vor Anker Pause. Ab 13:00 Uhr gibt es moderaten Segelwind mit wenig Welle. So können wir noch gemütlich bis Kap Ada kreuzen und weiter bis zur Marina-Einfahrt segeln. Um 16:50 Uhr machen wir am Steg B Platz 33 fest.

Die erste Segelwoche endet. Morgen geht es für die Jungs zurück. Drei Charaktäre die nicht unterschiedlicher hätten sein könnten, haben sich eine Woche zusammengelebt.

Die Abschiedsfeier an Deck endet erst weit nach Mitternacht. Und für den Skipper mit ein paar Weißbier.

Besondere Vorkommnisse des Tages. Bemerkungen:

  • RKI Einreiseformular erstellt.
  • Motorstundenzähler erste Woche 2128,9 Std.

Mittwoch 20. Oktober 2021

08:00 Uhr, 1004 hPa, Sonnig

Es ist kühler geworden, für türkische Verhältnisse. Trotzdem reichen Short und T-Shirt noch gut aus. Ein Käffchen an Bord, dann beginnen stressreiche Stunden. Das Transitlog muss geändert werden. Der lecke Schlauch der Außendusche gewechselt, die Gasflasche getauscht, die Bettwäsche zum Waschen gebracht, die Sim-Card fürs WLAN nachgeladen und die Transfers organisiert bzw. bestätigt werden.

Langsam wird mir auch mein Planungsfehler bewusst. Die erste Crew verlässt Kas erst um 17:00 Uhr, die Zweite kommt aber schon gegen 11:00 Uhr. Das Boot wird ziemlich voll werden. Es beginnt ein gleichzeitiges Ein- und Auspacken. Nächstes Mal werde ich garantiert wieder einen Tag „Luft“ einbauen.

Das Boot ist voll!

Mittag geht’s mit gemischter Doppelcrew ins Yessil Restaurant. Ab 17:00 Uhr wird es dann deutlich ruhiger.

50/50 Bier und Lebensmittel

Abends geht es, mit neuer Mannschaft, mit Kalle, Horst und Christian ins Oxygen zu Cheesburger und Livemusik. Bei der Sängerin bestätigt sich, dass in einem korpulenten Körper meist kräftige Töne stecken. Gigantisch!

Den Absacker an Bord gibt es diesmal mit angeblicher Medizin, sprich Campari. Gegen 22:00 Uhr wird´s still. Es war ein harter Tag, nicht nur für die Reisenden.

Donnerstag 21. Oktober 2021

08:00 Uhr, 1005 hPa, Sonnig

Käffchen vorab an Bord. Türkisches Frühstück im Pasarella-Restaurant. Für mich wiederholt sich jetzt Einiges, aber ohne dass es langweilig wird.

Um 11:45 Uhr legen wir ab. Diese Woche muss ich wohl etwas mehr Hand anlegen, ohne meinen Co-Skipper. Zumindest bei den kritischeren Manövern. Die Winde stehen günstig. So setzen wir bereits nach der Marina-Ausfahrt Vollzeug und segeln mit halben Wind mit 5 Knoten Richtung Gürmenli Adasi. Eine der unbewohnten Inseln rund um Kastellorizon.

In Bereichen mit Landabdeckung lässt der Wind auch mal nach und der Diesel hilft schieben. Es ist wieder ein recht gelungener erster Übungstag. Gegen 16:00 Uhr hat das wenden und halsen und nachschieben dann keinen Sinn mehr und wir gehen in die Bucht vor Kas vor Anker. Schinkennudel und Salat, Wein, Efes, Raki und jetzt auch Campari.

Um 23:00 Uhr wird es ruhig unter Deck.  

Freitag 22. Oktober 2021

08:15 Uhr, 1005 hPa, Sonnig

Um 10:00 Uhr gehen wir Anker auf. Kurs Kekova. Der Wind ist schwach, aber wir bewegen uns mit 2,2 Knoten dem Ziel entgegen. Um 12:00 Uhr werfen wir den Motor an und lassen das Groß stehen. Für den heutigen Tag geben wir das Segeln auf und ankern um 14:00 Uhr in Polemos Bükü auf 11 Meter Tiefe mit 50 Meter Kette.

Die Jungs wollen die Gegend erkundigen und bereiten das Dinghi und den Außenborder vor. Leider ist beim Anwerfen des Außenborders das Seil gerissen. Unter Aufbringung aller Kräfte und mit Einsatz aller Bordmittel, konnte der Schaden bis 17:00 Uhr behoben werden. Quasi eine Operation am offenen Herzen. Für den Landgang ist es allerdings bereits zu spät. Dafür wurde unter weiterer enormer Anstrengung und Aktivierung er letzten Kraftreserven Pizzateig hergestellt. Ich habe etwas Angst, daß durch den hohen Anpressdruck der Salontisch bricht. Oder dass die Hefezellen im Teig erdrückt werden und absterben.

Letztlich war es aber ein großartiges Abendessen. Wie schon üblich, mit Wein, Efes, Raki und Campari. Um 23:00 Uhr ist Nachtruhe und Duett-Schnarchen angesagt.

Samstag 23. Oktober 2021

08:00 Uhr, 1005 hPa, Sonnig

Frühstück unter Deck. Anschließend holen die Jungs den Landgang nach und kommen erst gegen 13:00 Uhr zurück.

Wir kreuzen vor Kekova mit perfektem Segelwind. Jeder darf mal ran. Alle kommen auf ihre Kosten. Nach 16.00 Uhr fädeln wir gekonnt am Steg in Ücagis zwischen den Mooring-Leinen ein. Der Hafenmeister erkennt mich wieder. Offensichtlich haben wir letzte Woche einen guten Eindruck hinterlassen. Zum Abendessen für 18:30 Uhr bei Hassan angekündigt.

Alkoholbedingt läuft der Absacker an Bord etwas aus dem Ruder. Aber das kann schon mal passieren, an einem so herrlichen Abend in solch herrlicher Gegend.

Sonntag 24. Oktober 2021

08:00 Uhr, 1005 hPa, Sonnig

Ein mysteriöser Knoten beschert uns einen höchst seltenen Doppelableger. Aber alles geht ruhig und gelassen zu. Da wie gewohnt, vormittags wenig Wind weht, geht es zum Baden in die Karibik-Bucht Gökkaya Liman.  Frühstücken, Schwimmen, Landgang, Sonnenbaden und auf Wind warten. Heute will er wohl gar nicht blaßen. So motoren wir bis zur unvollendeten Marina bei Demre und versuchen von dort aus unser Segelglück.

Die Crew hat gestern Raki geschwängert und voller Euphorie Hassan versprochen, heute Abend wieder bei ihm zu sein. Langsam sollte ich dort Rabatt bekommen. Oder wie bei den Reisebus-Fahrern üblich, ein Freiessen. Da die Batterien und der Wassertank noch voll sind, will ich diesmal nicht schon wieder an den Steg. Wir ankern in der Bucht westlich der Ortschaft. Zum Sundowner trifft Bernhard mit seiner Zalea ein. So wird der Abend noch etwas abwechslungsreicher, denn es gibt viel zu erzählen.

Bernhard mit seiner Bavaria 45C Zalea
MERLIN vor Anker

Montag 25. Oktober 2021

08:30 Uhr, 1001 hPa, Sonnig mit 3/8 Bewölkung.

Heute geht es ein großes Stück zurück Richtung Kas, damit wir Dienstagmittag rechtzeitig in der Marina sind. Genauer gesagt, geht es zurück in die erste Bucht des Törns. Nach Bayindir Limani. Auf der ganzen Rückfahrt herrscht Flaute. Erst als wir das Tagesziel beinahe erreicht haben, kommt Wind auf. Also noch mal Segel setzten und zur Gaudi zwischen Kastellorizon und dem Festland aufkreuzen. Wahrscheinlich das letzte Mal für dieses Jahr.

Abends Kapitäns-Dinner. Ab 23:00 Uhr Nachtruhe mit leichtem Geschaukel.

Besondere Vorkommnisse des Tages. Bemerkungen:

  • RKI Einreiseformular erstellt.
  • Viel namenloses Wasser entdeckt

Das mit dem namenlosen Wasser bedarf wahrscheinlich einer Erklärung: Um nicht ständig Gläser spülen zu müssen, trinkt Jeder aus seiner eigenen Wasserflasche. Diese werden mittels Filzstift mit Namen gekennzeichnet. Angebrochenes namenloses Wasser kann maximal zum Kaffeekochen benutzt werden.

Dienstag 26. Oktober 2021

08:15 Uhr, 1001 hPa, Sonnig.

Es geht zurück in die Marina. An der Tankstelle herrscht Hochbetrieb. Aber wir bleiben hartnäckig. Um 11:30 Uhr machen wir dann am Steg B Platz Nr. 33 fest. Gleich zwei Marineros helfen uns, in den engen Liegeplatz zu buchsieren. Die zweite Segelwoche geht zu ende. Der Kreis schließt sich ein zweites Mal für mich.

Ungewöhnlich viel Betrieb beim Tanken

Bis zum Rückflug morgen sind noch viele Sachen zu erledigen. Der Außenborder bekommt neue Schrauben, Das Dinghi wird in Winterschlaf versetzt. Ruckdämpfer an den Achterleinen befestigt. Instrumente abgedeckt. Deck geschruppt usw. usw.

Am Abend geht es noch mal in Kas lecker Essen und auf ein paar Bierchen zum deutschen Stammtisch. Es wird mal wieder weit nach Mitternacht, bis die Abschiedsparty zu Ende ist.

Besondere Vorkommnisse des Tages. Bemerkungen:

  • Motorlaufzeit 2143,5 Std. Also 25,5 Stunden für beide Törns
  • 44 Liter Diesel nachgetankt

Sundowner an Bord

Vielleicht hätte ich nicht „Weicheitörn“ schreiben dürfen, als ich die Einladung für einen Segeltörn im Frühjahr 2022 an meine Mitseglergemeinde verschickt habe. Denn es hat sich trotz mehrerer Anläufe Niemand gemeldet. Selbst der Versuch, meine ehemaligen Klassenkameraden per WhatsApp-Gruppe zu animieren, ist komplett fehlgeschlagen. Nicht mal Einer meiner 392 Facebook-Freunde wollte mitsegeln. Eine bebilderte Einladung in der Facebook-Community der Stadt Lauf mit rund 5.800 Followern brachte zwar etliche Likes, aber keinen Mitsegler. Gut, ein Brillenklempner aus Eckental hat sich gemeldet, konnte aber seine ehemaligen Segelfreunde nicht dazu bewegen mitzusegeln. Ähnlich ging es einer ehemaligen Lauferin, die jetzt in Alanya lebt und deren Tochter in Deutschland genau zu dem Zeitpunkt Nachwuchs erwartete. Ich war also alleine, allein auf weiter Flur!

Ziemlich gefrustet gab ich meine Segelpläne fürs Frühjahr 2022 auf. Nach ein paar abendlichen Bierchen (zu viel) und im Bauch eine Mischung aus Frust, Enttäuschung und Trotzigkeit, entschied ich, mir trotzdem ein Ticket zu besorgen und alleine in die Türkei zu reisen um MERLIN ein paar Tage wenigstens als schwimmendes Feriendomizil zu nutzen. In Kas lag die Inzidenz nicht vierstellig wie bei uns, sondern längst unter 30. Alle Reisebeschränkungen waren aufgehoben, Corona kein Tagesthema mehr.

Es gibt zwar deutlich günstigere Nachtflüge von Nürnberg nach Antalya, aber mit zunehmendem Alter reise ich lieber tagsüber und mit Türkish Airline für ein paar Euro mehr. Der bereits in Deutschland bestellte Transfer klappte hervorragend und zum Abendessen saß ich bereits in einem der Restaurants in der Marina. Natürlich mit Blick auf die Yachten im Schein der untergehenden Sonne. Sundowner! Langsam beginnt mal wieder die Tiefenentspannung.

Mittwoch, der 4. Mai

Normalerweise schlafe ich auswärts eher schlecht und unruhig. Aber in der Bugkabine der MERLIN fühle ich mich offensichtlich schon wie zuhause. Oder vielleicht doch wegen der langen  Anreise gestern. Die neuen mitgebrachten Kopfkissen können auch eine Rolle gespielt haben. Jedenfalls habe ich nicht einmal den Muezzin gehört, als er die Gläubigen zum Frühgebet rief.

Ümit, der Marina-Chef hat mir eine Woche vor meiner Ankunft angeboten, mein Schiff an einen anderen, besseren Platz zu verholen. Sicher nicht ganz uneigennützig. Am neuen, bisher unbesetzten Platz passt gerade mal noch eine kleine Yacht wie MERLIN hin. Und damit wird in der proppenvollen Marina mein alter Platz frei. Der mir angebotene Platz hat viele Vorteile. Die Einfahrt ist breiter, der Platz ist geräumiger. Liegt in unmittelbarer Ufernähe, was bei Stürmen sehr beruhigend ist. Lediglich die nahegelegene Bar, die häufig Livemusik bietet, gibt mir zu denken. Ob das abends an Bord nicht zu laut ist? Aber wahrscheinlich sitze ich da sowieso mit am Dresen und lausche den Klängen. Ümit, dem ich meine Bedenken äußere, antwortet mit einem türkischen Sprichwort: Es gibt keine Rosen ohne Dornen. Hm, ich brauche trotzdem noch Bedenkzeit.

Bei meinem ersten Stadtbummel am Werftgelände vorbei, entdecke ich Jürgen. Er bastelt im Trockendock mit vollem Körpereinsatz an seiner Dina rum. Um das Kopfkino zu entschärfen, DINA ist seine Segelyacht. Jürgen ist schon ein paar Wochen am arbeiten und froh darüber abends mal wieder mit jemanden quatschen zu können.

Wir essen im Sempati in Kas. Vorspeisen, anschließend ein Rindersteak mit würziger Pfeffersauce und, für unsere Geschmäcker ungewöhnlich, als Beilage eine Art Kartoffelbrei. Alles, wie gewohnt, recht hochwertig und dank der hohen Inflationsrate, recht günstig. Zuhause hätte das Geld gerade mal für einen Teller Suppe gereicht.

Donnerstag, der 5. Mai

Ich habe mir den neuen Liegeplatz noch mal angesehen. Einige Leute im Umfeld befragt. Die Vor- und Nachteile abgewogen. Ein weiteres Gespräch mit Ümit bringt die Lösung. Zieh um, schau Dir das ein paar Tage an und wenn´s dir nicht gefällt kannst Du wieder zum alten Platz zurückkehren. Genau, so machen wir das. Morgen um 9:00 Uhr ist Umzug.

Jürgen, dessen Boot ja an Land steht, vermisst das Schaukeln. So macht er den Vorschlag, dass wir den heutigen Abend an Deck der MERLIN verbringen. Kurz darauf steht er mit einem Sixpack EFES an der Pasarella. Passarella ist übrigens ein Brett mit dem man ältere Yachten betritt und dabei möglichst nicht ins Wasser fällt.  Es wird wieder ein netter Abend.

Freitag, der 6. Mai

Für heute ist das Verholen der Yacht geplant. Ich bin zeitig auf den Beinen und bereite schon mal alles vor. Jürgen hilft beim Ab- und Anlegen.

Wenn der Marinero nicht so eine Schlafmütze gewesen wäre, dann wäre es ein perfekter erster Anleger geworden. Wir stehen bereits am neuen Platz, aber die Mooringleine die den Bug halten und stabilisieren soll, ist noch nicht bereitgelegt. Wir driften ab und machen unfreiwillig enge Bekanntschaft mit unserem neuen Nachbarboot und deren Besitzerin. Sie heißt Elaine, wie sich herausstellt, kommt ursprünglich aus England und spricht deutlich schneller als ich geistig ins deutsche übersetzen kann. Aber sie ist gut drauf und hilft mit, die Situation gekonnt zu entschärfen. Irgendwann kommt auch der unerfahrene junge Marinero mit der Mooringleine in die Gänge und wir trennen uns wieder von Elaines Spicy Lady und sind am neuen Platz angekommen. Das war mein kürzester Törn in meiner Segellaufbahn.

Bis auch die letzte Festmacherleine zu meiner Zufriedenheit positioniert ist, dauert es noch ein paar Stunden und viele Schweißtropfen. Aber dann bin ich ganz froh hier zu sein und gönne mir erst mal eine ausgiebige Dusche und ein frisches T-Shirt. Nachmittags geht es auf große Rollertour.

Abends bleibe ich an Bord, lese ein Buch und lausche der Livemusik, die recht nett und gar nicht so laut ist wie befürchtet.

Samstag, der 7. Mai

Ich muss schon wieder bald aufstehen. Hab mir gestern noch ein Ticket für die Fähre zur Insel Kastellorizon gebucht. Meis nennen die Türken das Eiland das mal griechisch mal türkisch war. In aller Welt wird auf den Fahrkarten die Abfahrtszeit abgedruckt. Nur hier wurde die Ankunftszeit auf der Insel angegeben, so hätte ich um ein Haar die Fähre verpasst. Da es sich, trotz Kurzausflug, um grenzüberschreitenden Verkehr aus bzw nach Europa handelt, sind die Passkontrollen entsprechend umfangreich und langwierig. Und in brütender Hitze auch ziemlich zermürbend. Die Insel besteht eigentlich nur aus dem Hafen mit seinen umliegenden Häusern, einer Kirche, einem Museum und dem Kastell Rosso von dem Kastellorizon letztendlich seinen Namen hat. Ganz Verwegene können noch den Berg hochsteigen bis zur Wetterstation. Zuhause in Deutschland hat mir unser griechischer Freund und Wirt erzählt, dass die Regierung viel Geld gezahlt hat, damit sich Einwohner hier ansiedeln. So entlegen ist die Insel und so dicht an der Türkei.

Nach anderthalb Stunden habe ich die Burg besichtigt, drei Hafenrunden gedreht und war in der Kirche. Das Museum habe ich beim besten Willen nicht gefunden. Eigentlich könnte ich jetzt wieder zurück, aber die Fähre geht erst in drei Stunden. Selbst wenn man die griechische Lebensart befolgt, sind drei Stunden Mittagessen zu lange. Ich mache in einer Art Park auf einer schattigen Bank ein Schläfchen, bevor es zurück nach Kas geht.

Heute ist mein letzter Abend. Wir verabreden uns zum Sundowner in der Oxygen-Bar. Neben Jürgen stoßen noch Joanna und Marcel hinzu. Ein Pärchen das zusammen mit Hund Nico die Welt besegelt hat und seit Corona in der Türkei hängen geblieben sind. Ihre Yacht hat Motorschaden und sie haben dadurch ziemlich viel Ärger am Hals. Wir kennen uns jetzt schon etwas länger und die Gespräche sind immer recht interessant. So wechseln wir zum Absacker noch ins Winehouse und fühlen uns auch dort recht gut aufgehoben.

Joanna, Marcel und Nico

Sonntag, der 8. Mai

Mein Transfer geht erst um die Mittagszeit. So kann ich MERLIN in aller Ruhe noch „einmotten“. Auch das ist ein positiver Aspekt der Reiseplanung. Elaine verspricht mir, gut auf mein Boot aufzupassen. Wenngleich sie nicht versteht, warum ich schon wieder Heim muss. Ehrlich gesagt, für einen Moment verstehe ich es auch nicht.  

Der Skipper beim schreiben des Logbuchs