Mein letzter Törn-Bericht liegt schon einige Zeit zurück. Ich war zwar mittlerweile schon bei MERLIN in Kaş, aber halt nicht zum Segeln. Und eigentlich auch diesmal nicht. Nur um nach dem Rechten zu sehen und Papierkram und einige Arbeiten zu erledigen. Aber auch darüber lässt sich durchaus schreiben. Nennen wir es einfach den Werkstatt-Törn.
Durch die unaufhörlich weiter steigende Inflation in der Türkei, kann man wohl kaum mehr von einem günstigen Reiseland sprechen. So hat der Flug von Nürnberg nach Antalya zum Beispiel nur 53,- Euro gekostet. Der Transfer mit dem Auto nach Kaş hingegen kostet mittlerweile 100.- Euro. Ein Vergleich der deutlich hinkt. Um 11:00 Uhr morgens verlasse ich an diesem 9. Mai unser Häuschen in Veldershof und mit den aller letzten Sonnenstrahlen treffe ich in der Setur-Marina-Kaş ein. Dank der Solarzellen sind die Batterien randvoll und sorgen vorab für den nötigen Strom unter Deck. Ich bin zu müde, um zum Essen zu gehen und mache es mir, mit meinem Reiseproviant und ein paar Tuborg unter Deck gemütlich.


Mit meinem Schiffspartner Serkan habe ich mich für Samstag 09:00 Uhr zum Arbeitseinsatz verabredet. Nachdem die türkische zu der deutschen Auffassung von Zeit leicht variieren, kann ich noch locker bis 10:00 Uhr meinen Cappuccino im Hafenrestaurant Passarella genießen, ohne großartig in Zeitnot zu kommen. Serkan bringt nicht nur Werkzeug, Putzmittel und Motoröl mit, sondern auch gleich seinen Mitarbeiter, der uns zur Hand geht. Das Deck wird mit Hochdruckreiniger vom Winterdreck befreit. Sämtliche Metallteile vom Flugrost. Hier handelt es sich um Edelstahlrohre, die eigentlich nicht rosten dürften. Aber die salzhaltige Luft und das Salzwasser setzt ihnen trotzdem gnadenlos zu. Am Motor werden das Getriebeöl und der Luft- und Ölfilter gewechselt.

Ich frage mich, ob das wirklich notwendig ist, bei den wenigen Motorstunden im Jahr. Aber Serkan lässt hier keine Schlamperei einreißen. Das Teak Deck wird mit speziellen Scheuermitteln aufgehübscht. Zum Schluss, die Sonne neigt sich schon, werden noch die beiden Segel angeschlagen, sowie die Persenning und Spray Hood angebracht. Das kühle Bierchen zum Abschluss der Arbeiten schmeckt jetzt wunderbar. Zugegeben, ich hatte den geringsten Anteil an den Arbeiten geleistet. Ist halt so, wenn die Profis am Werk sind. Aber müde bin ich trotzdem geworden. Und so bleibe ich auch den zweiten Abend an bzw. unter Deck und genieße die Stille und das Bordleben. Als „Absacker“ gibt es noch einen Tatort-Krimi aus dem Smartphone und die Nachricht, dass Goya, unser Familienhund, Daheim mal wieder für Nachwuchs gesorgt hat. WLAN machts möglich.
Serkan hat sich für Sonntag nochmal angekündigt. Nicht nur, weil er neue Fender mitbringt. Er will mir auch seine Lebensgefährtin Nesli persönlich vorstellen. Nesli ist eine nette und sympathische Frau. Ich denke, sie passen gut zusammen. Sie ist Türkin, hat aber einige Jahre in der Schweiz gewohnt. Das ist allerdings lange her. Und so ist ihr deutscher Sprachschatz ziemlich geschrumpft, aber immer noch besser als meine drei Worte türkisch. Es wird also eine dreisprachig gemischte Konversation. Eigentlich ist der Name Nesli eine Kurzform von Neslihan, was auf Arabisch seltene königliche Blume bedeutet. Sie wollen bald heiraten, wie schön.

Am Nachmittag besucht uns unser Freund Burkhardt und wir entscheiden spontan eine Runde mit dem Boot zu drehen. Nesli hält das erste Mal ein Steuerrad in der Hand. Ich habe den Eindruck, dass es ihr wahnsinnig Spaß macht. Es herrscht nur geringer Segelwind. Trotzdem probieren wir beide Segel aus und kommen auch leidlich voran.

Nach knapp zwei Stunden kehren wir in die Marina zurück. Das Hochzeitspaar in spee beschließt spontan, nicht wie geplant heim zu fahren, sondern über Nacht mit an Bord zu bleiben. So machen wir uns auf den Weg nach Kaş ins Sempati, einem meiner Lieblingslokale. Einmal pro Aufenthalt muss ich hier ein Rinderlenden Steak verdrücken. Und jetzt ist es mal wieder so weit. Aber natürlich nicht, ohne vorweg eine Menge Vorspeisen probiert zu haben. Und Spir(i)tuelles gab es natürlich auch genügend dazu. Monika, die Frau von Burkhardt gesellte sich auch zu uns. Und so war es ein wunderbarer Abend, der mit jedem Schluck, immer lustiger wurde. Den Vorschlag, um 23:00 Uhr das Lokal zu wechseln und in eine nette Bar mit Livemusik zu gehen, haben Monika und ich dann doch dankend abgelehnt. Aus dem Alter bin ich definitiv raus. Und Monika scheinbar auch. Die beiden Turteltauben haben versprochen, leise zu sein, wenn sie später zum Boot zurückkämen. Aber das gelingt an Bord eines Schiffes natürlich nicht absolut geräuschlos. Und schon gar nicht um 03:00 Uhr morgens.

Heute ist Montag, mein letzter Tag in Kaş für dieses Mal. Nesli und Serkan sind schon um 07:00 Uhr aufgebrochen. Die Arbeit ruft. Ich habe versprochen Freunden von Monika und Burkhardt bei ihrem ersten Brauversuch zu helfen und werde gegen 10:00 Uhr abgeholt. Und so lerne ich ein nettes Pärchen und dessen wunderschön gelegenes Häuschen kennen.

Sie haben sich die gleiche Brauanlage gekauft, die ich einige Jahre verwendet hatte. So konnte ich hoffentlich einige Tips geben und zum Gelingen des ersten Sudes beitragen. So ein Brauvorgang nimmt, mit Unterbrechungen, den ganzen Tag in Anspruch. Und auch heute ziehe ich die abendliche Ruhe an Bord dem lauten Stadtleben vor. Resteessen ist angesagt.
Ich werde erst um 13:00 Uhr abgeholt. So lasse ich es mir am Dienstagmorgen nicht nehmen, nachdem MERLIN aufgeräumt ist, auf der Restaurant-Terrasse ein spätes Frühstück einzunehmen. Mit Blick über die blühende Landschaft, rüber zu den Stegen und zu Merlin. Schön ist es hier.

Die Blütenbracht ist beeindruckend, wenn man bedenkt, dass es Zuhause gerade mal 2 Grad plus hat. Das neu gebaute Terminal 2 am Antalya Airport entzerrt das sonst übliche Gedränge deutlich. Da ich nur mit Handgepäck reise und sich die Bordkarte bereits auf dem Smartphone befindet, ist es ein entspanntes einchecken. Eigentlich bin ich dadurch circa zwei Stunden zu früh dran. Zeit genug beim Schotten eine Kleinigkeit zu essen. Potz blitz, ein Cheeseburger und kleine Pommes zum Schnäppchenpreis von knapp 16 Euro. Au Backe! Unter dem Motto. Wenn schon protzen, dann richtig, gönne ich mir an Bord auch noch Rotwein und Nüsschen. Eigentlich aber mehr, um die Zeit tot zu schlagen. Pünktlich zur Landung geht in Nürnberg gerade die Sonne unter.

Ich werde von Goya mit großem Gejaule im Flughafengebäude begrüßt. Schließlich muss er ja lautstark von seiner Damenbekanntschaft berichten. Ingrid wird immer erst als Zweite begrüßt. Aber Hundebesitzer kennen und akzeptieren das.
Fazit: Ich bin sehr gerne in Kaş, meiner zweiten Heimat. Aber auch sehr, sehr gerne wieder daheim.
Übersetzung für Nichtsegler: Segel werden nicht montiert oder angebunden, sie werden „angeschlagen“. Persenning ist ein Sonnenschutz an Deck und meist aus Stoff. Ebenso die SprayHood. Sie schützt vor Spritzwasser bei Seegang. Fender sind mit Luft aufgeblaßene Gummischläuche die um das Boot herum befestigt werden, um Zusammenstöße zu vermeiden. Je schlechter der Skipper, desto mehr Fender 😉
As time goes by…früher ist man nicht schnell genug weggekommen von zuhause, heute ist man froh sehr sehr gerne wieder daheim zu sein
Wie immer, ein sehr scln zu lesender „Törn“-bericht
Hallo Thomas,
wieder einmal einen deiner ausführlichen Reiseberichte, auch wenn es überwiegend ein Arbeitseinsatz war, genossen. Ja, wir vermissen die Kaş Marina und die ganzen Segelfreunde, die wir in den 6 Jahren kennengelernt haben, aber wie Du auch schon angedeutet hast, sind die Kosten in den letzten Jahren immens gestiegen und von günstigen Urlaubsland ist schon lange nicht mehr zu reden. Aber wir kommen in diesem Jahr vom 6. bis 16. Oktober nach Kaş zurück, evtl kommt es ja zu einem Treffen.
Unsere Hanse hat den richtigen Eigner gefunden, sind immernoch in Kontakt und irgendwann werden wir sie auch in Italien besuchen. Bis dahin werden wir auf unserer Etap die niederländischen Gewässer unsicher machen.
Ich hoffe irgendwann werden sich unsere Wege nochmal kreuzen, bis dahin, immer eine handbreit Wasser unterm Kiel und eine Dose Bier in der Bilge.
Liebe Grüße von der DINA Crew
Renate und Jürgen