Von Lefkas nach Achilleion (350,0 NM)

Eine Mitseglerin hat einmal gesagt  „ich möchte so gerne wieder nach Hause, nach Lefkas“. Damals hab ich ihr zugestimmt. Heute muss ich sagen „Zuhause ist da wo die MERLIN ist“.

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Samstag 6. Oktober 2012

Die Stunde Sicherheit die wir eingerechnet haben können wir gut gebrauchen. Auf der A9 folgt eine Baustelle der Anderen und die entsprechenden Staus lassen nicht lange auf sich warten. Wir suchen uns eine Abkürzung, Querfeldein zum Münchner Flughafen. So kommt Mathias mal wieder an Orte seiner Bundeswehrzeit vorbei. Trotz planmäßiger Abflugzeit reicht´s noch für ein Oktoberfestbier bei dem Wolfram und Mathias sich näher mit Guido, unserem vierten Mitstreiter, bekannt machen. Vom ersten Moment an hab ich den Eindruck, dass es im Team keine JAsager gibt. Alles gefestigte Charaktere die wissen was sie wollen, kritisch beurteilen aber auch andere Meinungen zulassen. Ein interessantes Quartett auf einem interessanten Törn.

Es dämmert schon als wir nach Flug und Taxifahrt in der Marina ankommen. Die MERLIN steht an ihrem Stegplatz bereit. Der vorab bestellte Proviant ist unter Deck. Beim wuchten meines Seesacks ziehe ich mir einen Muskelfaserriss am rechten Knie zu. Dieser wird mich die ganze Fahrt über begleiten. Ich werde ihn trotzdem im Logbuch nicht mehr weiter erwähnen. Nach einem kühlen Begrüßungsschluck geht es ein letztes Mal in unsere Stammtaverne zum Abendessen.

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Sonntag 7. Oktober

Mit der geplanten Abfahrt um 6:00 Uhr wird es wohl nichts werden. Die Papiere müssen erst vom Skipper unterschrieben und dann von Hafenamt abgestempelt werden. So wird es 9:30 Uhr bis wir ein letztes Mal vom Steg C ablegen. Mit Wehmut verabschieden wir uns von Barbara, Akys und Olaf. Schließlich hat sich in den letzten vier Jahren so etwas wie eine kleine Freundschaft entwickelt. Danke noch mal für Alles!

Der Himmel ist Wolkenlos, es ist windstill QNH 1036hPa LOG 12278 NM. Wir motoren vorbei an der Bucht von Vlykhon und an der Insel  Meganision, wo wir im letzten Jahr in Porto Spilla am Strand noch musiziert haben. In Gedanken erinnere ich mich an meine erste Nacht zusammen mit Ingrid an Bord der MERLIN. Weiter geht es vorbei an Atokos, Ithaka und Zakinthos. Gegen 16:00 Uhr biegen wir in den äußeren Golf von Patras ein. Auch hier kommen viele Erinnerungen hoch, an einsame Ankerbuchten und an Mesolongio die Stadt mit ihren Häusern auf Pfählen. Kurz vor Sonnenuntergang gibt es Abendessen. Greek Salad und Spaghetti mit Öl und Knoblauch.  Gegen 19:00 Uhr sehen wir am Horizont erstmals die Brücke von Patras. Sie verschwindet allerdings wieder im Dunkel der Nacht. Achterliche Winde setzen ein und werden immer stärker. Nach dem Passieren der Brücke setzen wir die Fock und bekommen 7 kt Fahrt ins Boot.

 

Montag 8. Oktober 01:00 Uhr

Wir fahren vorbei an Trizonia und Galxedi und meine Gedanken streifen wieder tief in der Vergangenheit. Es ist wie eine Zeitreise. Die Wellen bauen sich mittlerweile auf stattliche 2 Meter auf, heben das Heck und rauschen in stockfinsterer Nacht unter uns durch. In der Dunkelheit sieht sowas noch viel beunruhigender aus. Wir beschließen zuhause an diversen Stammtischen von mindestens 4 Meter Wellenhöhe zu berichten.  Als Mathias um 1:30 Uhr das Kommando übernimmt herrschen bis zu 30 kt Wind. Um 7:00 Uhr erreichen wir das andere Ufer der Nacht und nehmen, nach einem atemberaubenden Sonnenaufgang, erstmals Kontakt mit Chanel Control auf Kanal 11 auf. Wir erreichen den Kanal von Korinth gegen 8:00 Uhr. Durch den nächtlichen Wind konnten wir die Verspätung bei der Abfahrt komplett wieder aufholen. Um 9:00 Uhr haben wir den Kanal durchfahren und legen längsseits vor dem Tower in Isthmia an. Um 109,- Euro erleichtert geht es weiter mit NO-Kurs Richtung Bucht von Anavissos.   Ab der Insel Ägina kommt wieder Wind auf und Guido macht seine ersten Segelerfahrungen. Um 15:30 Uhr schläft der Wind wieder ein und wir kreuzen das Verkehrstrennungsgebiet vorschriftsmäßig im 90 Grad Winkel. Um 17:30 Uhr ankern wir frei schwojend in der Bucht von Anavyssos auf 7,1 Meter Wassertiefe. Nach selbstgebackener Pizza und Salat folgt eine lange Planungsphase wie´s denn weiter geht. Dann ist´s erstmals richtig ruhig an Bord und wir schlafen ohne Motorgeräusch wie die Murmeltiere.

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Dienstag 9. Oktober

Es ist 7:45 Uhr circa 2 Achtel Quellwolken stehen am Stahlblauen Himmel. Es ist windig und der Luftdruck ist auf 1031 hPa gesunken. Zur Müllentsorgung und um Proviant nach zu bunkern gehen Mathias und Guido mit dem Dinghi an Land. Um 10:15 Uhr gehen wir Anker auf. Mit Unterstützung der Fock geht’s flott voran. Zum Frühstück hat Guido Fruchtsalat mit Ziegenjoghurt vorbereitet. Schlemmender weise schippern wir bei Kap Sunion am Poseidontempel vorbei. Ab der Insel Makronisi wird die Strecke erstmals auch für mich Neuland. Die neuen Karten kommen auf den Tisch. Richtung Euböa kommen Wind und Wellen genau von vorne. Aus dem geplanten Erholungstag wird in kürzester Zeit ein ruppiges Gestampfe gegenan. Die MERLIN bewegt sich noch gerade mal mit 3 Knoten auf unser Tagesziel zu. Wir schaffen es gerade noch beim letzten Büchsenlicht in der Bucht Karistos auf Euböa anzukommen. Das zweite Ankermanöver auf 7 Meter klappt dann auch. Mathias lotet die gesamte Kettenlänge aus. Sogar den dünnen Strick am Ende der Kette 😉 Nach Eier mit Speck geht´s bald in´s Bettchen. Es wird eine kurze Nacht.

Handschr. Bemerkungen:   Waltraud, schon häufig mitgesegelt, hat heute Geburtstag.

                                                  Ich glaube Guido wird mal ein richtiger Segler.

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Mittwoch 10. Oktober

Um 2:00 Uhr läuten sämtliche Handys. Die Nacht war wirklich kurz. Maximal drei Stunden Schlaf. Wenige Minuten nach 2:00 Uhr gehen wir Anker auf und verlassen die Bucht. Der bedeckte Himmel lässt das Mondlicht nur erahnen. Es ist weitaus dunkler als die Nächte zuvor. So rücken wir unbewusst einem Fischkutter ziemlich auf die Pelle. Wir dampfen dicht an der Insel Mandilou vorbei. Der Wind steht natürlich wieder gegenan. Auch die gefürchtete Strömung zwischen Euböa und Andros ist gegen uns gerichtet. Allerdings bei weitem nicht so stark wie in den Handbüchern beschrieben.  Nach drei Stunden Fahrt übernimmt  Wolfram das Ruder, Mathias bleibt weiterhin am Radar. Um 8:00 Uhr, als es hell wird, übernimmt Guido. Wir dösen mehr oder weniger vor uns hin. Die Wassertiefen liegen hier in Ufernähe bereits über 500 Meter. Heute wäre Vater´s Geburtstag. Den haben wir schon mehrmals an Bord einer Charteryacht gefeiert. Die MERLIN hat er nie gesehen. Schade. Aber er  hat von meinen Kaufabsichten gewusst und dazu genickt. Auch finanziell.  Um 8:30 Uhr werde ich aus meinen Gedanken gerissen. Ein Rudel Delfine kreuzen unseren Weg. Sie tauchen mehrmals dicht unter dem Boot durch und beäugen uns. Um 10:30 Uhr steht auf einen Schlag der Motor still. Da die Tankanzeigen sehr ungenau gehen, füllen wir erst mal unsere 40 Liter Reservediesel in den Tank um. Als der Motor immer noch nicht anspringt ahne ich es schon. Dieselalgen. Das Thema kennen wir schon vom letzten Jahr. Nacheinander werden Dieselfilter, Leitungssystem, Haupthahn und Tanksteigrohr ausgebaut und untersucht. Trotzdem bewegen wir uns unter Vollzeug langsam weiter, Richtung Etappenziel. Nach zwei Stunden und einer beseitigten Verstopfung im Steigrohr läuft der Motor wieder. Um nicht in die Nacht zu kommen müssen wir unser Tagesziel vorverlegen. Neues Ziel im Ormos Philion ist die Bucht Vlakhia die wir wieder mal beim letzten Büchsenlicht erst erreichen. Bei der Ansteuerung schwankte die Motordrehzahl noch mehrmala um einige 100 Umdrehungen was mich veranlasst, vorsorglich Kontakt mit dem Stützpunkt Achilleion aufzunehmen. Mit gemischten Gefühlen sitzen wir bei Spaghetti mit Tunfischsauce und Salat unter Deck und malen uns aus, was morgen alles passieren kann. Bei der Diskussion ist Restetrinken angesagt. Erst Bier, dann Rotwein, dann Retsina und zum Schluß Ouzzo.

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Donnerstag 11. Oktober

Um 6:10 Uhr ist wecken. Leicht verkatert und immer noch müde laufen wir aus der Bucht aus. Zu allem Überfluss regnet es stark. Anfangs stottert der Motor noch etwas, erholt sich dann aber. Vorsichtshalber gehen wir nicht über 1.800 Umdrehungen. Um 7:00 Uhr, pünktlich zum Sonnenaufgang, gibt es Fruchtsalat und Schnellkaffee.  Um 8:30 Uhr, ich will mich gerade hinlegen, stoppt der Motor wieder schlagartig ab. Ich geh an Deck. Alle Köpfe sind schon wieder auf den Dieseltank und dessen Steigleitung gerichtet, als ich bemerke, dass wir ein Fischernetz hinter uns herziehen. Das hat uns gerade noch gefehlt. Teile eines alten Neilon-Netzes haben sich um die Schraube gewickelt. Trotz mehrerer Tauchgänge bekommt Mathias die Schraube nicht frei. Der Kunststoff hat sich quasi schon um die Welle verschmolzen. Als er sich mit den Taucherflossen unter dem Boot in den Netzenden verheddert, brechen wir die Aktion ab. Um 12:00 Uhr kommt Andreas mit zwei Kollegen mit dem Speedboot aus Achilleion um uns abzuschleppen. Während der Schleppaktion, die mehrere Stunden dauert, repariert Andreas schon mal die Spritleitung. Um 16:55 Uhr treffen wir an unserem Ziel ein. Zwar nicht aus eigener Kraft, aber wir sind angekommen und werden herzlich begrüßt. Beim „einparken“ erlebe ich den Begriff „Hafenkino“ mal aus der Schauspielerrolle von der Bühne aus.

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Fazit:

Es war ein anstrengender Törn. Mehr Abenteuer kann man in fünf Tagen wohl kaum erleben. Und trotzdem war es eine wundervolle Reise mit den richtigen Freunden zu einem Ziel das sich lohnt und neugierig macht.

 

LOG 12628 NM    Thomas

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Herbstsegeltörn 2013

Meine erste Polarexpedition

Nach der Überstellung der MERLIN im Oktober 2013 hatten wir eigentlich gar keine Zeit mehr uns das Seegebiet um Volos und den nördlichen Sporaden richtig anzusehen. Deshalb war ich total gespannt, was uns hier erwartet. So bin ich am 30. September, schon einige Tage vor Eintreffen der Crew,  via Wien nach Volos geflogen, hab mir ein Leihauto gemietet um mich ortskundig zu machen.  Da ich seit Pfingsten praktisch keinen Urlaub mehr hatte, waren die einsamen Tage wie Balsam für die Seele.

Die drückende Schwüle des ersten Tages in Griechenland wurde durch heftige Winde am Abend abgelöst. Es bließ und schaukelte derart stark, dass es die Fender zwischen den Yachten heraus drückte. Später löste heftiger Regen den Starkwind ab.  Ich beschloss unter Deck noch diese Zeilen zu schreiben und bin erschöpft in meine Koje gefallen.

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Dienstag 1. Oktober

Blauer Himmel. Das Unwetter hat sich über Nacht verzogen. Allerdings ist es mit 18 Grad außergewöhnlich kalt geworden.  Ich darf an der Bergung einer liegen gebliebenen Yacht teilnehmen. Bin bis weit nach Sonnenuntergang beschäftigt und erfahre nebenbei sehr viel über den Stützpunkt Achilleion, das Seegebiet, die Inseln, die schönsten Buchten und Häfen, über Seemannschaft und Motorkunde. Ein toller Tag der mit einem Tavernenbesuch am Abend gekrönt wird. Darauf hab ich lange warten müssen. Auf einem mit Draht zusammen gehaltenen griechischen Holzstuhl sitzend, vor mir ein mit Papiertischdecke gedeckter Tisch. Ein Krug Harzwein, ein mit Olivenöl getränkter griechischer Salat , Ouzzo. Was braucht man mehr zum Leben?

 

Mittwoch 2. Oktober

Nachts hat es wieder durchgeregnet. Nachdem die Griechen (und auch ich) erst kurz vor Mitternacht mit dem Abendessen fertig sind, beginnt der Tag erst um 10:00 Uhr. Vorher tut sich in Achilleion nicht viel. Den restlichen Vormittag verbringe ich mit ratschen und am Nachmittag beginnt der Großeinkauf für den Törn.  Eine halbe Autostunde entfernt, in Almiros, gibt es einen Lidl-Markt. Am Abend fesselt mich Sophie´s Welt. Das Buch beschreibt viele griechische Philosophen und ihre Weltanschauungen. Ich gehe zeitig zu Bett, damit ich meine Crew nicht verpasse.

Donnerstag 3. Oktober

Der Wecker bzw. das iPad läutet um 4:00 Uhr. Um 4:30 Uhr befinde ich mich auf dem Weg nach Thessaloniki. Es regnet in Strömen und ich habe den Eindruck, dass es noch weiter abgekühlt hat.  Um 11:00 Uhr bin ich mit Kalle, Mathias und Thomas (um Verwechslungen auszuschließen T2 genannt) zurück in Achilleion. Den Nachmittag verbringen wir mit Resteinkäufen, dem Auto abgeben und einer ersten Bandprobe unter Deck. Abends dann das erste Konzert, vor drei eifrig klatschenden Zuhörern, in einer sonst Menschenleeren Tavernen.

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Freitag 4.Oktober.  QNH 1025 LOG 13597NM

Um 10:25 Uhr legen wir vom Kai ab. Das Abendteuer kann beginnen. Wir motoren in die Bucht von Volos. Dort soll es wenig Wind und wenig Welle geben. Also ideal, wenn man zwei Segelneulinge an Bord hat.  Aber entgegen allen Wettervorhersagen kam es ganz anders. Als wir nach einer kurzen Mittagspause in der Bucht Ormos Nies die 20 Meter Kette aufholten, kam richtig schöner Segelwind auf. Wir kreuzten was das Zeug hält. Immer im optimalen Wind aber ohne konkretes Ziel. Einfach so, dass es richtig Spaß macht. Meine beiden Neulinge waren super drauf und voll bei der Sache. Vor lauter Segel-Euphorie wären wir bald in die Nacht gekommen. Beim letzten Büchsenlicht fällt um 19:20 Uhr im Ormos Vathoudi, in einem Dauerliegerfeld, der Anker. Der Wind lässt nachts nach und die 65 Meter Kette werden garantiert halten. Zu Mathias selbstgemachter Pizza gibt es Livemusik bis spät in die Nacht.

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Samstag 5. Oktober Ein sonniger Tag

Laut Wetterbericht soll es bis zu 16 Grad „warm“ werden. Mit bis zu 4 Stunden Sonnenschein. In Summe natürlich.   Die Leichtmatrosen tuckern mit dem Dinghi zum Eierkaufen an Land. Rührei mit Schinken. Einfach klasse und gerne jeden Morgen.

Um 11:00 Uhr gehen wir Anker auf und verlassen die Bucht von Volos wieder.  Ab einem Steinbruch am Ausläufer des Trikeri-Gebirges setzen wir Segel und kreuzen von Kap Sarakinikos zur Insel Euböa und wieder zurück. Ohne eine einzige Meile Höhe zu machen, aber mit dem größtmöglichen Spaß. Ziel ist die Bucht Chondri Amos.  Gegen 18:00 Uhr laufen wir ein. Die Bucht ist recht schön, aber nach Südosten offen. Und genau aus der Richtung kommt der Wind. Der Ankergrund scheint aus Beton zu sein und so basteln wir bis es dunkel wird. Mit zwei Landleine und verkattetem Anker sollte es funktionieren.

Kapitänsdinner mit viel Bier, Wein und Ouzzo. Dazu Watzmann rauf und runter.

Tageslektion für die Neulinge: Dinghifahren, perfekt motoren, optimal segeln, Banane im Mast, Schmetterling, ausgebaumte Fock, Bullenstander, verkattete Anker, Landfeste. Alles perfekt, nur der Spibaum hörte sich etwas verbrannt an.

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Sonntag 6. Oktober. Bedeckter Himmel, LOG 13659

Das erste Bad, bei 16 Grad Luft- und 22 Grad Wassertemperatur.  Wenn du mal drin bist, magst gar nicht mehr raus. Rührei mit Speck und O-Saft zum regenerieren. Um 11:30 Uhr geht’s los, Richtung Skopelos, der zweiten großen Sporaden-Insel. Skiatos lassen wir touristenbedingt links liegen. Tagesbilanz: drei Stunden Motorfahrt, zwei Stunden segeln. Diesmal sogar zielorientiert. Um 16:30 Uhr sind wir in Nea Klima. Der Hafen gehört uns alleine. Wir legen längsseits an. Kaum ist der Fahrtwind weg, wird´s doch tatsächlich auch mal warm. Nachdem uns ein freundlicher Grieche mit einem Lächeln und „yes, yes, yes“ den Weg so schön erklärt hat, wandern wir bergauf nach Palio Klima, ein vom Erdbeben zerstörtes Dorf. Zum Abendessen ist es uns auf der Terasse der Taverne schon zu kalt. Wir begeben uns ins wärmere Innere und sind schockiert als man uns eisgekühltes Bier in tiefgefrorenen Gläsern serviert. Nachts backen wir an Bord Brot. Nicht wegen dem Hunger, sondern zum Aufwärmen.  Während des Backvorgangs geht die Sicht unter Deck auf weniger als einen Meter zurück. Mathias, der seine Erkältung bereits aus Deutschland eingeschleppt hat, wird mit einer Ingwer-Ouzzo-Mischung behandelt und ist wahrscheinlich ein Leben lang kuriert. Ab 23:00 Uhr ist wieder Bandprobe.

Tageslektion für den Skipper: Kabeltrommeln können nicht schwimmen.

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Montag 7. Oktober. LOG 13678. Dänen lügen nicht.

Um 9:00 Uhr aufstehen, frühstücken und einkaufen. Die Grundnahrungsmittel gehen zur Neige. Glücklicherweise passt genau eine Palette Dosenbier in den Rucksack. Um 12:00 Uhr dampfen wir in die Vorspring und bewegen uns nordwärts in die sogenannte Schwarzwaldbucht, nur um sie mal gesehen zu haben. Anschließend geht es weiter Richtung Alonissos. Unterwegs gibt es Obstsalat mit Joghurt. Ab 13:30 Uhr kommt Wind auf und wir kreuzen zwischen Alonissos und Skopelos hin und her, mal wieder ohne großes Vorwärtskommen.  Beim letzten Büchsenlicht laufen wir in die Bucht Vasiliko auf der westlich von Allonisos liegenden vorgelagerten unbewohnten Insel Peristera.  Zwischen Fischermoorings und Unterwasserkabel ankern wir mutterseelen allein in der Bucht auf 12 Meter Tiefe und ziemlich nah am Land. Spahgetti mit Tuna, Gigandes und Salat. Es fehlt an Nichts! Noch nicht!! Gegen 23:00 Uhr die obligatorische Bandprobe. Ab 01:00 Uhr findet eine astronomische Exkursion an Deck statt. Seit langem sehe ich mal wieder das Planktonleuchten.  Bei welcher Aktion kann man sich ja denken. Nachtruhe ist gegen 2:30 Uhr.

Tageslektion für den Bordtechniker: Halts Maul und löt!

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Dienstag 8. Oktober. Fixlos glücklich.

Heute ist Wind und Welle angesagt.  Wir dampfen zwischen Allonisos und Peristera Richtung Norden. Ab dem Felsbrocken Vrak Moro kommen die Segel zum Einsatz. Bei 17kt Wind und 1,5 Meter Welle ein idealer Segeltag. Wir, besser gesagt ich, kreuze Nordwärts und erreichen gegen 17:30 Uhr die unbewohnte Insel Panagia. Den nördlichsten Punkt unserer Reise. Panagia liegt in mitten eines großflächigen Naturschutzgebietes. Dem letzten Rückzugsgebiet der vom Aussterben bedrohten Mönchsrobben. Wir halten uns strikt nach den Vorgaben und wollen hoffen, dass andere Segler auch entsprechend rücksichtsvoll agieren.  Hinter einer schmale Einfahrt liegt Limin Planitis, einen der größten Naturhäfen Griechenlands. Außer einigen Fischern sind wir die einzigen Gäste. Wir ankern auf 6 Meter Wassertiefe frei schwojend.  Schon wieder so ein traumhaft schönes Fleckchen Erde. Allerdings haben wir nicht berücksichtigt, dass einige Lebensmittel zur Neige gehen. So ist Resteverwertung angesagt. Zuerst geht das Bier aus, dicht gefolgt vom Rotwein. Dann wird der Weiße knapp und um 0:30 Uhr ist der letzte Tropfen Ouzzo geleert. Zur Bandprobe wird Retsina mit Wasser im Mischungsverhältnis 1:100 gereicht.  Die Krönung war der Spruch des Co-Skippers: Man kann auch ohne Alkohol lustig sein. Wir versinken in tiefschürfende Diskussionen darüber, was man mit Kletten Wurzel Öl alles anstellen kann. Und auch das nächtliche Treiben der Fischer bleibt uns weitgehend schleierhaft.

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Mittwoch 9. Oktober. LOG 13724NM.  … und hatten die Pest an Bord.

Um 9:00 Uhr aufstehen. Der letzte Kaffee, die letzten 4 Eier, der letzte Schinken. Um 10:00 Uhr dampfen wir aus der Bucht und gegen Uhrzeigersinn um die Insel. Im Schmetterling geht’s, westlich an Allonisos vorbei,  Richtung Skopelos.  Auf halber Höhe wird einfach der Wind abgedreht. Es beginnt die Sauere-Gurken- Zeit. Genauer gesagt, die Salzgurken-Zeit. Um 16:30 Uhr treffen wir im Haupthafen von Skopelos ein. Der erste Anleger mit Heck zum Kai klappt so als hätten wir das x-mal geprobt. Jetzt ist Zeit, noch mal richtig Proviant zu bunkern. Erster Einkauf: vier Dosen Bier. Den Rest lassen wir zum Boot liefern. Am Abend findet die Erstbesteigung des Mount OBI statt. Ohne Sauerstoff und ohne Machete bis in die Todeszone. Danach gibt es in einer urigen Einheimischen-Kneipe ein traumhaftes Abendessen.  Der Erstkontakt mit Zipuro endet beinahe mit einer kleinen Meuterei. Um 23:30 Uhr Bandprobe unter Deck. Hoffentlich wachen die Engländer neben uns nicht auf.

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Donnerstag 10. Oktober. QNH 1018 LOG 13746. Sundowner time.

Um 10:05 Uhr legen wir ab. Auch dieses Manöver gelingt (beinahe) perfekt. Die See ähnelt der Augsburger Puppenkiste. Wir motoren westlich um Skopelos und erreichen gegen 11:00 Uhr den „Drecksfelsen“.  Benannt nach Sir Dreck der dort Szenen aus dem ABBA Musical Mama Mia abdrehen ließ.  Mathias langersehnter Wunsch, einmal im Leben diesen Ort zu sehen, geht in Erfüllung.  Gegen 12:00 Uhr sind wir am Westkap der Insel. Der Wind ist schwach und gegenan. Wir tuckern an den vorgelagerten Inselchen vor Skiatos vorbei in Richtung Euböa. Ein kurzer  Segelversuch, dann nehmen wir T2 in Schlepptau. Ohne Wasserski, wohl gemerkt.  Um 17:00 Uhr erreichen wir die weit offene Bucht von Pevkion. Hier ist im Sommer sicherlich einiges los. Heute sind wir die Einzigen. Abends, wie immer, Bandprobe. Diesmal aber an Deck bei einem herrlichen Sonnenuntergang. Mathias backt noch einmal Pizza. Mit Allem was der Kühlschrank hergibt.

Tageslektion für Alle: Halbliterdosen lassen sich mit der richtigen Falttechnik genauso klein zerdrücken wie kleine Dosen. Kalle will gleich nach der Rückkehr ein Patent anmelden.

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Freitag 11. Oktober. LOG 13776 NM.

Stahlblauer Himmel, jetzt wo es heimwärts geht. Heute Nacht müssen eine Horde Wildgewordener unter Deck gehaust haben. Das Boot ist total verwüstet. Die Crew braucht Stunden um für Ordnung zu sorgen. Ich geh derweil schwimmen.

Um 12:30 Uhr Anker auf. Wir segeln mit halben Wind Richtung Triker-Halbinsel und dann im Schmetterling zu einer Bucht hinter der kleinen Insel Aryironisos. Das könnte ein Übernachtungsplatz für den nächsten Törn werden.  Anschließend kreuzen wir zurück, um in die Bucht Ptelou zu kommen.  Unser Ziel und Ausgangspunkt. Wir erreichen Achilleion gegen 18:00 Uhr und legen bei 18kt Wind von der Seite an. Nach 10 Trainingstagen auf See ist aber auch dies kein Problem mehr. Nach 201 Seemeilen sind wir wieder sicher im Hafen. Mit einem Abschiedskonzert geht ein kalter aber traumhaft schöner Segelurlaub zu ende. Ich würde mich freuen, wenn die ganze Crew nächstes Jahr wieder mit dabei ist.

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Titelbild

Donnerstag 24. April

Sprengstoffanschlag am Airport Nuernberg

Wir wollen nicht nur segeln, wir wollen auch wieder musizieren. Dies ist das Motto unseres Frühjahrstörn 2014 und der Grund, warum wir unsere Instrumente dabei haben. Dummerweise schlägt beim Zoll am Nürnberger Flughafen an Mathias Bassgitarre die Sprengstoffwarnung an. Erst nach einigem Hin und Her werden wir als ungefährlich rehabilitiert und können unsere Reise nach Izmir via Istanbul antreten. Ein Unglück kommt bekanntlich selten allein. Und so vermissen wir in Izmir an der Gepäckausgabe eine Reisetasche. Na toll! Thomas, um Verwechslungen auszuschließen „T2“ genannt, bekommt sie mit der nächsten Maschine nachgeliefert. Aber jetzt ist es dann doch zu spät, um im Marina-Cafe in Kusadasi noch aufzuspielen. Wir beschränken uns deshalb auf Biertrinken, China-Food und eine erste Bandprobe unter Deck.

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Freitag 25. April

Halte Dich vom Efes fern!

Wir treffen mehrere Ecker-Geschädigte am Steg. Hannes, Eigner der Orion zusammen mit seinen netten Mädels. Dietmar mit seiner netten Frau. Ja, eigentlich lauter nette Leute. Der Freitag sollte zum Aufrüsten der MERLIN dienen, aber Günter, der die MERLIN vor Ort betreut, hatte alles bereits perfekt vorbereitet. Wir nutzen die gewonnene Freizeit für ein opulentes türkisches Frühstück, zu einem ausgiebigen Stadtrundgang und zum Relaxen nach einem ausufernden Besuch einer Konditorei. Erst gegen 21:00 Uhr raffen wir uns endlich zum Einkauf der Bordverpflegung auf. Musik, Raki, Efes und Snacks runden das Abend- bzw. Nachtprogramm ab. Es wird ziemlich „feucht“, obwohl Co-Skipper Mathias vor der Abreise den guten Rat bekommen hat, sich vom Efes fern zu halten. Es hat nichts genützt.

 

 

Halte Dich vom Efes fern

Halte Dich vom Efes fern

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EFES-geschädigter T2

Samstag 26. April. Log 13.800NM, QNH 1010hPa

Scharfe Nudeln mit Musik

Jetzt kann´s richtig losgehen. Um 9:30 Uhr legen wir von Steg ab. Nach einem kurzen Tankstopp schippern wir aus der Marina Richtung 230 Grad durch die Straße von Samos. Alte Erinnerungen kommen hoch. Vor 8 Jahren sind wir von Samos aus gestartet und haben auf das für uns fremde Festland der Türkei hinüber geblickt. Jetzt, von dort kommend, blicken wir auf die fremden Inseln Griechenlands. Alles wohl reine Ansichtssache. Um 13:00 Uhr passieren wir die unbewohnte Insel Bayrak Adasi und erreichen eine Stunde später unser Tagesziel St. Nikolo. Zum Ankern ist es eigentlich noch zu früh. Nachdem Wind einsetzt, wollen wir noch ein paar Manöver unter Segel fahren. Der Wind frischt auf und steht so günstig, dass wir uns zur Weiterfahrt in den Golf von Mandalya (Güllük Körfezi) entschließen. Um 19:00 Uhr erreichen wir die einsame Bucht Cukuruc und Ankern nach 41 Seemeilen auf 4 Meter Tiefe mit 45 Meter Kette. Der Sonnenuntergang wirkt wie auf einer Kitschpostkarte. Rotwein, Spaghetti ala rabiata und Bandprobe bis tief in die Nacht.

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Sonntag 27. April

Ab 23:00 Uhr herrscht unter Deck striktes Bierdosenfaltverbot.

09:15 Uhr. Nachts hat die Bewölkung zugenommen. Der Wind frischt kräftig auf. Nach einem kurzen, aber kalten Bad und einem ausgiebigen Frühstück gehen wir gegen 12:00 Uhr Anker auf und segeln zur Insel Farmakonisi. Eine Wolkenwalze kommt uns direkt entgegen, bringt noch stärkeren Wind und auch Regen mit sich. Wir runden die Insel und durchqueren den Güllük Körfezi von West nach Ost. Wind und Wellen nehmen stetig zu und um uns bilden sich rasch Gewitter. Der April macht seinem Namen alle Ehre. Starkregen mit Blitzen, sogar einige Hagelkörner sind dabei. Das Navigieren quer durch die Fischzuchtanlagen ist ungewohnt und bedarf etwas Aufmerksamkeit. Wir flüchten in den hintersten Teil der Bucht nach Gülvercinlik. Es ist wie so häufig ein Wettlauf mit der Zeit. Um 20:00 Uhr, beim letzten Büchsenlicht, erreichen wir unser Ziel. Zum Glück sind wir zum Abendessen nicht an Lang gegangen. Die nächste Gewitterfront überrascht und überrumpelt uns förmlich. Beim ersten Blitzschlag ist die gesamte Bucht ohne Strom. Trotz 40 Meter Kette und sorgfältig eingefahrenem Anker driften wir deutlich ab. Wir sind in ständiger Alarmbereitschaft, lassen uns aber trotzdem Mathias Pizza gut schmecken. Ab 23:30 Uhr wird es etwas ruhiger nur das Geblitze hält noch lange nach. Um 3:00 Uhr ist es endgültig friedlich und die Nachtwache kann eingestellt werden.

Fischzucht

Fischzucht

Sonntag 28.April Log 13925NM, QNH 1009hPa

Angora kann man trinken

Es ist bedeckt und deutlich kälter geworden. Wetterbericht und NAVTEX sprechen von Regen für die kommenden Tage. Um 11:00 Uhr fahren wir voll besegelt aus der Bucht. Claus, unser vierter Mann, macht seine ersten Segelerfahrungen. Er ist der Newcomer an Bord und hat sich bisher recht tapfer geschlagen. Wir reiten praktisch den ganzen Golf hoch und wieder runter und landen gegen 17:30 Uhr in Güllük. Einem, vom Rest der Welt vergessenen Hafenstädtchen das seine Prunkzeit lange hinter sich gelassen hat. Der früher als Frachtpier fungierende Ladekai ist so gut wie leer, allerdings durch den anstehenden Schwell auch nicht besonders gemütlich. So kommt es uns nicht einmal ungelegen, dass wir vom Hafenmeister dort wieder vertrieben werden. Das Tageslicht reicht noch locker aus, um in die nahe gelegene Bucht Ülelibük einzulaufen. Die letzte stürmische Nacht noch im Nacken, stecken wir gleich zwei verkattete Anker in den Schlick und lassen 50 Meter Kette ausrauschen. Leider nicht ganz ohne Blutverlust und Prellungen. Tagesstrecke 40NM. Das NAVTEX hat sich auf Galewarning gesteigert. Aber was soll´s. Wir liegen hier ziemlich sicher. Also, Rotweinflasche (der gute Angora) köpfen. Kapitänsdinner ist angesagt. Natürlich mit Hausmusik. What else!

 

Montag 29. April Log 13925NM

Kürbisbeleuchtung

Wir kommen morgens nicht aus dem Quark. Die Leute vom Nachbarboot haben schon Brot eingekauft und uns netterweise einen Laib an Deck gelegt. Lieben Dank, unbekannterweise. Wir haben es leider komplett verpennt und konnten uns daher leider nicht persönlich bedanken. Zum wachwerden ist eine Runde schwimmen im gefühlt 17 Grad kalten Wasser angesagt. Es gibt Obstsalat zum Frühstück, Skorbut ist somit kein Problem für uns. Um 12:00 Uhr holen wir sämtliche Anker aus dem Wasser und segeln los. Unser Ziel ist Gümüslik Limani, der Name passt irgendwie zum Obstsalat und liegt westlich von Bodrum. Um 17:00 Uhr runden wir Kap Yalikava. Der Wind steht jetzt so ungünstig, dass wir von Segel auf Motor umstellen. Eine Feriensiedlung reiht sich an die Nächste. Alle Häuser sehen gleich aus. Alles ist rechtwinklig und würfelartig angeordnet, nur die jeweilige Hangschräge lockert die Symmetrie etwas auf. Die Türken haben hier eine Glanzleistung an Naturschändung vollbracht. Für uns ist dies unbegreiflich.

Feriensiedlung

Es ist mal wieder ein Wettlauf mit der Zeit, da Gümüslik noch 1 ½ Stunden entfernt liegt und laut Hafenhandbuch meist überlaufen ist. Um 18:45 Uhr dampfen wir in die Bucht ein. Sie ist von weitem bereits durch eine große Türkische Fahne am vorgelagerten Hügel erkennbar. Einige Yachten liegen bereits frei schwojend im Naturhafenbecken verstreut. Wir reihen uns ordnungsgemäß ein. 50 Meter Kette bei 11,9 Meter Tiefe. Zum Abendessen im Melengec-Restaurant kommt erstmals der Dinghi-Kapitän zum Einsatz. Im mit Zierkürbissen beleuchteten Strandlokal gibt es neben den vielen türkischen Vorspeisen als Hauptgang eine leckere Fischsuppe, die den kalten Abend etwas wohliger erscheinen lässt, denn das Lagerfeuer aus einem alten Ölfass räuchert mehr als es wärmt. Zum Absacker an Bord unterhält uns noch ein Berliner Känguru (CD), dann geht´s in die Koje. Erstmals ohne Hausmusik.

Kürbis

Kürbisbeleuchtung

Dienstag 30. April 1010hPa

Ein Türkisches Bad.

Die abendliche Windstille war nur von kurzer Dauer. Um 04:00 Uhr bläst es schon wieder mit 17kt. und es regnet leicht. 06:00 Uhr: Einige spontane Kontrollgänge von Mathias und mir waren notwendig. Aber der Anker hält bombenfest. Um 8:00 Uhr gibt es den gewohnten Cappucino. Beim Landgang zum Proviant nachbunkern geht Claus unfreiwillig baden. Ein anderer wäre wohl ersoffen, aber mit seinen 1,93 Metern ist quasi fasst nix passiert. Für uns sehr zeitig, geht es um 10:45 Uhr bereits Anker auf. Vorher muss noch die nachts sehr beanspruchte Ankerkralle entwirrt werden und schon stampfen wir durch die Wellen. Nach einer Stunde Fahrt bauen sich vor und hinter uns mehrere Gewitterzellen auf. Starkregen setzt ein und die Sicht geht zeitweise auf ein paar Meter zurück. Wir geben unser geplantes Ziel auf und versuchen die D-Marin bei Didim anzulaufen. Der erste nahe Blitz war eigentlich schon beeindruckend. Mathias hat sogar die Druckwelle im Rücken verspürt. Der Nächste schlug dann kurze Zeit später 20 Meter steuerbord vor uns ins Wasser. Das war sehr beeindruckend. Es nützt auch nichts, die Hände vom Metallsteuerrad zu lassen, wenn man knöcheltief im Wasser steht. Irgendwie schon ein mulmiges Gefühl, so ein unfreiwilliges Türkisches Bad. Um 13:30 Uhr erreichen wir die Marina, mit der wir erst eine Meile vorher Sichtkontakt haben. So schnell die Gewitter kamen, sind sie auch wieder abgezogen. Und trotzdem hat keiner große Lust heute weiter zu segeln. Nachdem wir unsere Wunden geleckt und die Sachen zum Trocknen aufgehängt haben, nutzen wir den Nachmittag, um die Stadt Didim zu besichtigen. Mit dem Dolmusch, dem typischen türkischen Verkehrsmittel, geht es zur Cami-Moschee und anschließend zum Apollo-Tempel. Im Schnellrestaurant Sehir Lokantasi, im Zentrum von Didim, nehmen wir ein sehr leckeres Abendessen ein.

Sturm 1

D-Marin 2

D-Marin 3

Die Einfahrt zur D-Marin

Donnerstag 1. Mai

Krankentransport nach Kusadasi

Mitten im gestrigen Sturm (Es hatte immerhin längere Zeit konstant 8bft Windstärke.) ereilte uns ein Telefonat von Günter. Ein Skipper ist erkrankt und liegt mit seiner Yacht in Samos. Seine Frau kann das Boot unmöglich alleine zurück fahren. Also machen wir uns bei Zeiten auf den Weg um zu helfen. Ein Totalausfall der EDV-Anlage im Marinabüro verzögert unsere Abreise leicht. Aber um 8:30 Uhr sind wir dann doch noch planmäßig unterwegs. Wir motoren gegen den Wind bis zur Einfahrt in die Samos Marina. Doro erwartet uns schon. Nach einem kurzen Check übernimmt Mathias das Ruder auf der Casa Cora und es kann losgehen. Zunächst laufen wir parallel, setzen dann aber um 13:30 Uhr die Segel und sausen im Schmetterling davon. Teilweise mit bis zu 10kt geht es nach Hause. Nach kurzem Tankstopp geht gegen 17:30 Uhr der seglerische Teil der Reise zu Ende. Das Log zeigt 14024NM. Wir sind also am letzten Tag noch mal 49NM gefahren und der gesamte Törn betrug 224NM im Gebiet um Samos und dem Golf von Güllük.

 

MERLIN

DCIM100GOPRO

Freitag 2. Mai

Abschiedskonzert mit Freunden.

Mathias wird um 02:00 Uhr vom Taxi abgeholt. Er muss wegen eines wichtigen Auftritts einen Tag vor uns daheim sein. Nach seiner Abreise legen wir uns endlich schlafen. Früh, oder sagen wir besser Mittag, fahren wir nach Effesuss und machen auf Kultur. Normalerweise interessiere ich mich nicht besonders für Steine, aber Effesuss ist wirklich sehr beeindruckend. Am Rückweg legen wir noch einen kurzen Stopp auf einem kleinen Flugplatz ein und lernen nette Fliegerkameraden kennen. Zum Sundowner holen wir ein letztes Mal die Instrumente an Deck und werden spontan von Walter auf seine blaue Yacht eingeladen. Die neuen Freundschaften werden zusammen mit Esra und Günter in einem erstklassigen Fischrestaurant vertieft. Bis Mitternacht geht es mit unserer Livemusik weiter. Anschließend heißt es Seesack packen und Abschied nehmen.

Feier 2

Feier 1

Viel erlebt, viele neue Eindrücke, neue Erfahrungen, neue Freunde. Ich bin mit Wehmut ins Taxi gestiegen und möchte am liebsten da bleiben.

 

Thomas

ENDE

 

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Ein überaus kulinarischer Törn

Es gibt verschiedene Möglichkeiten ein Logbuch zu führen. In der Regel soll es die Schiffsposition dokumentieren, Wetter- und Windsituation darstellen und sonstige wichtige Ereignisse aufzeigen. Mein Logbuch ist allerdings mehr als Reisebericht zu sehen. Mit vielen persönlichen Eindrücken über Crew, Yacht, Seegebiet und Land und Leute. Es soll die Mitreisenden noch mal in die Reise zurück versetzen. Und es soll Interessierten einen Eindruck vermitteln, wie es bei uns an Bord zugeht.

 

Freitag 10 Oktober – Mercedesfisch –

Irgendwie steht dieser Törn unter keinem guten Stern. Zumindest anfänglich nicht. Der Abreisetag trifft auf den Geburtstag meines verstorbenen Vaters. Isolde, die uns zum Flughafen fahren wollte, „schrottet“ bei der Anreise ihr Fahrzeug auf der Autobahn. In der Firma stehen Kündigungen an. Auch meine Frau hat massive Probleme im Geschäft und bei unserem lieben Hund muss man altersbedingt mit baldigem Ableben rechnen.

Mit all diesen Dingen im Kopf steige ich um 14:25 Uhr in München in den Flieger. Es will irgendwie noch keine rechte Urlaubsstimmung aufkommen.

Meine Mitreisenden sind Isolde, gebürtige Österreicherin, die am Bodensee ein Hotel betreibt. Wolfram, Arzt aus Lauf und Co-Skipper auf dem Törn. Er hat übrigens seinen Golf kurzer Hand als Ersatzfahrzeug zur Verfügung gestellt.  Isolde und Wolfram haben sich vor kurzem getrennt. Ich werde den Verdacht nicht los, dass der Segeltörn auch als Wiederbelebungsversuch dienen soll. Zumindest von einer Seite aus bin ich mir da ziemlich sicher.

Und dann ist da noch Kalle. Elektroingenieur aus Erlangen/Spardorf, Miteigentümer unseres Motorkunstflugzeugs und Wiederholungstäter in Sachen Segeltörn.

Die 737 der SUN EXPRESS trifft pünktlich in Izmir ein. Anders als bei Turkish Airline gab es weder ein Unterhaltungsprogramm, noch Essbares. Selbst für das Mineralwasser musste der Geldbeutel gezückt werden, aber wenigstens hatte jeder seinen eigenen Sitzplatz. Ein Billigflug halt!

Unser Taxifahrer stand schon bereit. Günter, der den Stützpunkt in Kusadasi leitet, hatte wieder alles bestens organisiert.

Es war bereits dunkel, als wir unser Gepäck über die Passarella (vornehmerer Ausdruck für Gangway oder Fenderbrett) auf die Yacht hievten.  Wir hielten es aber nicht lange an Bord aus. Der Hunger und der Dieselgestank aus der Bilge trieben uns schnell wieder von Bord. Von  meinem letzten Törn kannte ich noch dieses traumhafte Fischrestaurant. Dort brachte ich die hungrige Meute dann auch hin.

Nach einigen Durchgängen mit warmen und kalten Vorspeisen –es gibt übrigens huderte verschiedene davon in der Türkei- kam der von uns auserwählte Fisch. Der Oberkellner meinte, er wird in ca. 80 Meter Tiefe gefischt und sei sozusagen der Mercedes unter den Fischen. Ein traumhafter Geschmack. Echt klasse. Nur die Rechnung holte uns wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.

Den Absacker gab es dann in der Bebop-Bar in der Marina. Mit Entsetzen musste ich anschließend feststellen, dass meine an Bord gebunkerte Ouzo-Flasche verschwunden war. Mit Dina, der ich das Boot für eine Urlaubswoche überlassen hatte, muss ich wohl ein ernstes Wörtchen reden!!

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Samstag 11. Oktober – Handtuchroad und Flip Flop Allee –

Wir wollen erst Morgen auslaufen. Ich hab vorher in Kusadasi einiges zu klären. Günter begrüßt uns nach dem Aufstehen am Steg. Seine schnelle Eingreiftruppe beginnt sofort das Boot vom Dieselgestank aus der Bilge zu befreien. Ein Agent kommt und übernimmt die Ausklarierungsarbeiten für uns.  OLYMPUS DIGITAL CAMERAWir machen uns derweil auf den Weg zum türkischen Frühstück. Ich genieße es immer wieder. Diese vielen kleinen Schälchen mit Obst, Gemüse, Käse, Marmelade, Honig, Rührei, Champignons Würstchen und Oliven. Ein wahrer Frühstückstraum. Für Nachmittag ist ein Verdauungs-Stadtbummel angesagt. Im „Stop and Go“ geht´s von einem Schuhgeschäft zum anderen, bis Isolde die passenden Flip Flops gefunden hat. Wie unterschiedlich doch Männer und Frauen sind. Kalle hat daheim sein Handtuch vergessen. Das Erstbeste wird einfach gekauft. Das nenne ich Männer-Shopping!

Am Abend lecker Steaks und ein paar Tränen. Anschließend stürmen wir den MIGROS-Supermarkt nahe der Marina. Der Großeinkauf kann beginnen. Danach liegt die EOS 20 cm tiefer im Wasser

 

Sonntag 12. Oktober –Würfelhusten und Geheimtipps –

Um 8:00 Uhr ist Wecken. Es ist wieder stahlblauer Himmel. Das Barometer zeigt 1015 hPa und hat sich seit unserer Ankunft nicht bewegt. Um 9:30 Uhr legt Wolfram von Steg ab. Über das Loswerfen der Mooringleine müssen wir irgendwann noch mal reden. Wir fahren Kurs 300 Grad und frühstücken an Deck. Zu meinem Erstaunen ist der Tisch noch reichlicher gedeckt als im türkischen Frühstücksrestaurant. Eine „Dame vom Fach“ an Bord zu haben zahlt sich offensichtlich aus. Um 12:00 Uhr wagen wir den ersten Segelversuch. Ein idealer Einstieg. Die 8 Knoten Wind liefern 4 Knoten Fahrt. Und das Ganze bei minimaler Welle. Trotzdem kämpft unser weiblicher Matrose mit sich und dem Frühstück. Der Wind frischt auf und wir erreichen am Nachmittag noch bis zu 7 kt. Fahrt. So schießen wir gegen 15 Uhr an unserem eigentlichen Tagesziel vorbei und fahren bis kurz vor Sonnenuntergang weiter nach Sigacik. Angeblich ein Geheimtipp, der meiner Crew am Vorabend genannt wurde.  Den ganzen Tag ist uns nur ein einziges Segelboot begegnet. Ausgerechnet vor Sigacik laufen die Yachten wie an einer Perlenkette ein. Ein ruhiger Abend wird das wohl kaum. Wir beschließen gar nicht erst in die Marina einzufahren, sondern bleiben in der weitläufigen vorgelagerten Bucht. Dort ankern schon einige Yachten. Komischerweise liegen auch einige  gekenterte bzw. gestrandete Yachten rum. Was immer dies bedeuten soll. Es wird schnell dunkel und wir bleiben an Bord. Wer würde auch weg wollen. Es gibt echten Lachs mit Senf-Dill-Sauce. Genial. Die Bugkabinen-Mannschaft geht bald zu Bett. Nur Kalle und ich retten uns mit viel EFES und Ouzo über die Geisterstunde hinweg.

Besondere Vorkommnisse:

Speedlog zeigt erstmals kurz vorm Ziel an. Halbleere Flasche Ouzo wieder gefunden. Glück gehabt Dina. Bodenplatte vorm Niedergang gesprengt, ich sollte wohl ein paar Kilo abnehmen.

 

Montag 13. Oktober

Es ist 7:30 Uhr und vor meiner Kabinentür rumort es bereits. Soso, wir haben also Frühaufsteher an Bord. Tztztz, das kann ja heiter werden. Apropos heiter: Es ist etwas bewölkt draußen, die Sonne arbeitet sich aber emsig durch die milchigen Schleier. Ein Morgenbad ist einfach immer wieder toll und es vertreibt die kleinen (Kopf)Wehwehchen des durchzechten Abend. Isolde bereitet wieder ein Mehrsterne-Frühstück. All die Jahre wurde ich an Bord noch nie so verwöhnt. Trotzdem drängt es alle zur Abfahrt. Aber weniger aus Abenteuerlust als wegen des Darmdrangs. Wir schaffen es nicht mehr, rechtzeitig in Fahrt zu kommen. Zum Glück hat die Yacht einen großen Fäkalientank, so bleibt die Bucht für die Nachwelt sauber.  Um 11:00 Uhr gehen wir Anker auf und verlassen die Bucht auf Kurs 230 Grad in Richtung Kap Teke Burun. Der Wind bläst schwach mit 2 bis 5 Knoten. Somit ist wieder Motorfahrt angesagt. Ab dem Kap wird es deutlich windiger und wir können wieder schön segeln.  Unser Tagesziel Mersin Körfezi erreichen wir gegen 17:00 Uhr und lassen den Anker auf 6 Meter Tiefe mit 55 Meter Kette ausrauschen. In der menschenleeren Bucht herrschen immer noch 14kt Wind vor. MERLIN macht wieder das übliche Anker-Ringelspiel was ich nur von 33er Bavarias kenne. Auf dem nahegelegenen Hügel stehen viele schnell drehende Windräder. Wir brauchen uns also nicht wundern, wenn die Nacht etwas zugig wird. OLYMPUS DIGITAL CAMERA Kapitäns-Dinner ist angesagt und Isolde muss mit Gewalt vom Herd ferngehalten werden. Nach ein paar Rüfflern funktioniert das dann auch. Um 20:00 Uhr lässt der Wind etwas nach. Es wird wieder eine ruhige und sternklare Nacht. An Deck findet eine längere Aussprache statt. Kalle und ich widmen uns derweil Efes und Raki und versuchen nicht zu lauschen.

 

Dienstag 14. Oktober – Früchtebrot mit Bergkäse, Bello mag´s –

Es ist 7:15 Uhr in der Nacht. Die Crew aus der Bugkabine wird immer früher munter und planscht vor meinem Schlafzimmerfenster. Dafür werden die Abende immer kürzer. Bei Kalle und mir ist es genau umgekehrt. Ein „Reset“ wäre wohl angebracht. In mir keimt der Gedanke an eine Nachtfahrt. Meine Gedanken werden dann allerdings von einem Dreisterne-Frühstück abgelenkt. Das Wasser in der Bucht hat durchaus Badetemperatur, sogar Wolfram traut sich mal kurz ins Wasser. Um 12:00 Uhr setzen wir vor Anker die Segel. Ein Manöver das ich so noch nicht kannte. Ich muss unbedingt mal wieder in meinen Segelbüchern lesen. Die Fahrt geht voll besegelt aus der Bucht Mersin Richtung Teos Limani, einer Ankerbucht südlich Sigacik mit einem antiken Kai nahe der antiken Stadt Teos. Um 18:00 Uhr stecken wir den Anker auf 6,1 Meter Wassertiefe. Die See ist noch etwas unruhig. Zu unruhig um mit dem Dinghi trocken an Land zu kommen. Deshalb ist Resteessen angesagt, aber auf hohem Niveau, versteht sich. Beim Nachtisch, bestehend aus Früchtebrot und Käse, erzähle ich von meinen Plänen, einen größeren Schlag zurück an Kusadasi vorbei Richtung Südost zu machen. Wenn alles klappt, sogar bis Didim in die Marina. Die Nachtfahrt ist beschlossene Sache. Wir gehen alle um 22:00 Uhr zu Bett

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Mittwoch 15. Oktober  – Guten Morgen Deutschland –

Punkt 7:19 Uhr geht blutrot die Sonne auf. Wir sind seit 4:50 Uhr unterwegs. Nachtfahrten haben immer etwas Mystisches an sich. Wenn sich die Augen erst einmal an die Dunkelheit gewöhnt haben, sieht man deutlich den Küstenverlauf und die dahinter liegenden Berge. Nur die Entfernung zum Ufer ist unheimlich schwer einzuschätzen. Man wähnt sich weiter weg. Im Gegensatz zu Schiffen und  Leuchtfeuern. Die scheinen zum Greifen nahe, sind aber meist Meilenweit entfernt. Kartenplotter sind hier doch sehr hilfreich. Genial wenn sie dimmbar sind und sich im Cockpit befinden.  Irgendwann, am „anderen Ufer der Nacht“, kommt dann der Zeitpunkt, wo man am Horizont einen hellen Streifen vermuten kann. Das Schauspiel des neuen Tages beginnt. Ich bin immer wieder berührt von dem Ereignis. Die Ägypter sprachen von einer Sonnenbarke die täglich neu aus der Unterwelt erschien. In der griechischen Mythologie ist es die Göttin EOS die jeden neuen Morgen einläuten musste. Zur Strafe, weil sie Zeus erboste und sich an Jünglingen vergangen hatte. Ich schicke ein Sonnenaufgangsbild über Facebook in die Welt. Der Titel: Guten Morgen Deutschland. Die „Likes“ prasseln nur so rein.

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Gegen 8:00 Uhr ist der Morgenzauber vorbei. Wir steuern die Straße von Samos an, vorbei an unserem Ausgangspunkt Kusadasi. Samos sieht in der Vormittagssonne richtig toll aus. Dazu noch die richtige Musik.  Schade, dass wir dort zurZeit nicht an Land gehen können.

Nach der Samos-Straße kommt Wind auf und wir nehmen die Segel zu Hilfe. Um 17:00 Uhr erreichen wir planmäßig die D-Marin-Didim. Der Anleger bei 15kt Seitenwind klappt einwandfrei. Es liegen 42 Meilen hinter und eine warme Dusche vor uns. Abends geht es mit dem Dolmusch in meine Stammkneipe nach Didim.  Ein kleiner Supermarkt direkt neben der bereits geschlossenen großen Moschee bekommt unsere Kaufkraft zu spüren. Wer soll das alles essen, frage ich mich. Den Absacker nehmen wir an Bord ein. Auf dem Nachbarschiff spricht man fränkisch. Eine Crew aus Nürnberg und Heroldsberg mit Ziel Bodrum. So klein ist die Welt.

 

Besondere Vorkommnisse:

Mutters Todestag. SMS von Ingrid. Sie hat Blumen aufs Grab gelegt.

Didim

Donnerstag 16. Oktober

Um 8:30 Uhr aufstehen. Ausgiebiges Frühstück an Deck. Nochmals Proviant bunkern. Glücklicher weise ist der Marina-Supermarkt im Oktober nicht mehr so gut bestückt. Es ist eh kein Platz mehr im Kühlschrank. Kalle repariert die Positionslaterne am Bug. Wir wischen, wie jeden Tag, Diesel aus der Bilge und sehen vorsichtshalber noch mal nach dem Motoröl. Die Marinagebühr beträgt 58.- Euro plus Wasser und Strom.  Die Kosten sind es aber Wert. Didim ist klasse.

Um 12:10 Uhr machen wir los, Kurs St. Nikolo. Der Wetterbericht meint, dass es tagsüber sehr windig wird und abends wieder abflaut. Leider kommt es genau anders herum. Wir dümpeln den ganzen Tag in absoluter Flaute. Es ist diesig, schwül und heiß. Gegen 17:00 Uhr kommt beim ersten Ankerversuch der vorhergesagte Wind auf und macht St. Nikolo als Übernachtungsplatz unmöglich. Wir versuchen es zwei Buchten weiter und beobachten mit Sorge das herannahende Wetter.  Über Samos bilden sich furchteinflößende Wolkenwalzen. Unser Boot kämpft mit Fallböen aber der Anker, mit den 45 Metern gesteckter Kette, scheint zu halten. Es gibt Nudel mit lecker Sauce. Beim Salatdressing gibt es etwas Kompetenzgerangel. Das enge Bordleben fordert seinen Tribut. Aber die Messer müssen deshalb nicht gleich weggesperrt werden. Gegen 22:00 Uhr tuckert ein großer Fischkutter in die Bucht und wirft seinen Anker dicht bei uns. Da die Schwojkreise beider Boote sehr unterschiedlich sind und der Wind noch stark bläst, kommen wir dem Stahlgetüm manchmal ziemlich nahe. Ein Ruck der Ankerkette reißt uns aus den Träumen. Die Fallböen haben wohl noch zugelegt. Ab 2:00 Uhr ist sicherheitshalber Ankerwache angesagt. Jeder muss für eineinhalb Stunden ran. Gegen 4:30 Uhr haut der Fischkutter wieder ab. Es besteht kein Grund mehr Wache zu schieben. Somit erspart sich Wolfram eine nächtliche Störung.

 Freitag 17. Oktober

Unser letzter Tag auf See bricht gegen 9:00 Uhr an. Wir lecken uns die Wunden der Nacht und frühstücken ausgiebig an Deck. Ein letztes Bad im Meer. Dann eine historische Amtshandlung. Aus EOS wird MERLIN. Die Querelen um den Konkurs der Firma Ecker machten einen Besitzer und Bootsnamenwechsel notwendig.OLYMPUS DIGITAL CAMERA Um 12:00 Uhr wird das letzte Mal der Anker aufgeholt. Es geht im Schmetterling zurück nach Kusadasi. Um 14:45 Uhr flaut der Wind ab und wir fahren die letzten 5 Meilen unter Motor. Aufgrund des Diesel-Lecks sparen wir uns sicherheitshalber das Nachtanken und werden von Günters Crew bereits am Steg erwartet. Die Jungs sind echt flott und immer hilfsbereit. Ein Schreiner wird gerufen, der die durchgebrochene Klappe ersetzt, die defekten Außenlautsprecher werden gewechselt und nach unserer Abreise wird man sich dem Diesel-Tankleck annehmen.

Das Abendessen nehmen wir, nach einem ausgiebigen Stadtbummel, in einem Lokal im Zentrum  gegenüber dem Friedhof ein. Zu spät bemerken wir, dass es dort keinen Alkohol gibt. Naja, ich wollte sowieso schon immer mal Ayran probieren, ein typisch türkisches Joghurtgetränk. Wer´s mag! Es gibt Suppen und Schnellgerichte. Isolde stochert extrem lustlos in ihrem Teller herum. Dem Rest der Truppe  schmeckt es offensichtlich. Unseren Absacker wollen wir an der Hafenpromenade einnehmen. Aber auch dies wird problematisch. Entweder hat der Typ keine Schanklizens für Bier, oder er will Allah am heiligen Freitag nicht verkraulen. Wir bekommen unser Bier, aber aus Kaffeetassen.Bier aus Tassen

Samstag 18. Oktober

Ein Streit um die Toiletten-Magnetkarten entfacht. Die beiden Karten waren schon zu Anfang unserer Reise Diskussionsgrundlage. Aber zum Schluss kam dann doch jeder zu seinem Recht. Das Wetterglück verlässt uns auch am letzten Tag nicht. Landgang mit Besichtigung der Ausgrabungsstätte in Efesus ist angesagt. Normalerweise sind alte Steine nicht gerade mein Hobby, aber Efesus ist tatsächlich einen Tagesausflug wert. Das ist wirklich beeindruckend was dort über Jahrtausende entstand.OLYMPUS DIGITAL CAMERA Am Rückweg musste natürlich noch ein Besuch in einer der Lederfabriken eingebaut werden. Isolde kann nicht nur hervorragend kochen, sie hat auch die Verkäufer voll im Griff und eisern verhandelt. Ich hab mich teilnahmslos in eine Ecke verzogen und mir Tee munden lassen. Einen Hut hätte ich verwettet, dort niemals etwas zu kaufen. Was soll ich sagen. Nach einer Stunde bin ich mit einer Lederjacke aus dem Laden gestiefelt. Das musste dann gleich bei Kaffee und Kuchen gefeiert werden. Nach den süßen Kalorienbomben und dem schmaler werdenden Geldbeutel reduzierte sich das Abendessen auf einen Schnellimbiss türkischer Art. Restetrinken an Bord ist angesagt. Resteessen wäre auch nicht übel gewesen. Mit unserem restlichen Proviant hätte die nächste Crew mindestens eine Woche am Bord überlebt.OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Morgen früh geht’s zurück. Irgendwie schade. Ich hab mich schon wieder so an das Bordleben und an die Crew gewöhnt. Ja, irgendwie schade.

Thomas

 

 

Auf zu neuen Ufern

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Über ein Jahr hat MERLIN nun gut und sicher in Kusadasi gelegen. Für uns als Eigner, eine interessante Zeit mit vielen Veränderungen. Wir mussten lernen, ohne Charterfirma im Hintergrund, Eigenverantwortung zu tragen und die vielen anstehenden Probleme selbst zu bewältigen. Günter, der Chef von YMT hat viel dazu beigetragen, diese Probleme zu meistern. Aber ohne Chartereinnahmen wird es langsam immer schwieriger, MERLIN zu halten.

Mit dem Einstieg bei Sail with Friends und der Unterstützung durch Pitter-Yachting ist ein neues, viel versprechendes Kapitel aufgeschlagen. In Kas warten ein neuer Stützpunkt und eine neue Aufgabe auf MERLIN und uns.

 

Freitag 13. März 2015 „total unterhopft“

Wir treffen gegen 18:05 Uhr in Izmir ein. Wir, das sind Wolfram, Matthias und ich. Ein Gepäckband entfernt poltern gerade die Koffer der aus München kommenden Lufthansamaschine aufs Band. Ich entdecke Bernhard, den Eigner der DIDO, im Getümmel. Er hält angestrengt Ausschau nach seinem Gepäck. Er stellt uns seine Crewmitglieder Andrea und Wolf vor. Wir beschnuppern uns und sind uns von Anfang an nicht unsympathisch. Als wir in der Marina von Kusadasi ankommen wird es schon dunkel und es ist zu spät noch großartig was zu erledigen. So beschränken wir uns auf das Wesentlichste. Das Abendessen und ein paar EFES bzw. Angora (Wein). Es ist kalt und regnerisch, beinahe so ungemütlich wie daheim.

Samstag 14. März

Es regnet immer noch. Günters Crew repariert die Stromzufuhr, damit die zweite Nacht an Bord nicht ganz so ungemütlich wird wie die Erste. Den Vormittag verbringen wir mit äußerst umständlichem Geld umtauschen, einkaufen und stundenlanger WLAN-Programmiererei. Ein letztes Mal geht es in mein Stamm-Cafe um diese total schweren Kalorienbomben zu genießen. Die Crew der DIDO ist derweil auf Handtaschenkauf.

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Günter, der sonst so taffe Junge, bekommt beim Abschied etwas glasige Augen. MERLIN hat es ihm angetan. Aber sicherlich auch wegen der vielen Arbeiten die er für uns verrichten durfte. Und wohl nicht zuletzt wegen Leberkäs und Streichwurst die wir ihm zum Abschied schenken. Naja, es war schon eine schöne und abwechslungsreiche Zeit, hier in Kusadasi. Einer Stadt, die europäischer nicht sein könnte. Tschüss Günter, und danke, dass Du so gut auf MERLIN aufgepasst hast.

Abends, nach unendlich langer heißer Dusche, geht es ein letztes Mal in Cinar´s Fischrestaurant. Ein schöner Abend mit viel Seemannsgarn als Einstimmung auf den Törn. Beim Absacker an Bord stellen wir zuversichtlich fest, dass der Luftdruck um 10 hPa gestiegen ist.

Sonntag 15. März (40NM)

Um 7:00 Uhr wecken. Luftdruck 1022 hPa, Tendenz weiter steigend. Punkt 8:00 Uhr fahren wir aus der Hafeneinfahrt. Gegen 11:00 Uhr befinden wir uns schon in der Straße von Samos. Bernhard mit der DIDO ist uns dicht auf den Fersen. Im Schmetterling geht es Kurs 150 Grad Richtung Didim. Um 16:30 Uhr, eine knappe Stunde vor dem Ziel machen wir ein ungeschicktes Segelmanöver und starten, um einigermaßen manövrierfähig zu bleiben,  sicherheitshalber den Motor. Nach kurzer Zeit beginnt der Volvo laut zu pfeifen und Rauch steigt vom Niedergang auf. Glücklicherweise stellt sich nach mehreren Schrecksekunden heraus, dass es kein Motorbrand ist. Das Kühlmittel-Ausgleichsgefäß hat sich los vibriert und dabei wurde der Kühlwasserschlauch von der Keilriemenscheibe durchtrennt. Die austretende Flüssigkeit verdampfte auf dem heißen Motor. Vorsichtshalber haben wir den Motor nicht mehr laufen lassen und Bernhard hat uns längsseits in die Marina geschleppt.

Abends geht es im fünfsitzigen Taxi zu siebt nach Didim. Leider hat meine Stammkneipe Ruhetag, aber der Taxifahrer kennt eine gute Alternative. Sicherlich ist sein Onkel der Kneipenbesitzer. Der rot glühende Eisenofen in der Mitte des Raums würde jeden deutschen Ofenbauer beeindrucken. Vom kunstvoll geschwungenen Ofenrohr ganz zu schweigen. Aber es macht richtig warm. Nachts wieder kein Landstrom, sch…. Technik.

 

Montag 16. März (23 NM)

Es ist kurz vor 8:00 Uhr. Langsam werde ich hier zum Frühaufsteher. Eine nette schwäbisch schwätzende Türkin bedient uns im Marina-Office. Für unser Stromproblem erhalten wir ein nagelneues Adapterkabel und werden dann an einen Volvo-Techniker vermittelt. Um 12:00 Uhr ist das Ausgleichsgefäß wieder an Ort und Stelle, die Kühlleitung erneuert, der Keilriemen getauscht, das Öl für den Saildrife nachgefüllt und meine Urlaubskasse um viele Türkische Lira erleichtert. Aber wir sind wieder einsatzbereit. Direkt nach der Marina-Ausfahrt setzen wir die Fock und queren den Güllük Körfezi mit Ziel Turgutreis. Wind und Wellen nehmen zu und lassen es zu einem sportlichen Trip vor dem Wind werden. Gegen 16:30 Uhr laufen wir, ohne fremde Hilfe, in die Marina Turgutreis ein. Bernhard ist schon da und hat uns einen schönen Platz reserviert. Er ist vor uns in Didim ausgelaufen und wollte zum Mittagessen einen Abstecher nach Gümüslik machen. Leider waren dort noch alle Kneipen geschlossen. Leider auch das Lokal mit den tollen Kürbislampen. Abends sind Andrea, Bernhard und Wolf mit dem Taxi nach Bodrum los gezogen. Zum Handtaschenkauf, da die Auswahl in Kusadasi nicht sehr berauschend war. Wir hingegen sind zu Fuß nach Turgutreis aufgebrochen und haben in einem einfachen aber landestypischen Lokal gut und günstig gegessen. Beim Absacker ab Bord kommen erste große Diskussionen über die generelle Törnplanung auf. Die Etappen seien falsch berechnet, viel zu lange und das Ziel scheint quasi unerreichbar. In der Nacht quälen mich alle möglichen und unmöglichen Gedanken.

 

Dienstag 17. März (39 NM) Bomonti statt EFES

Das Morgenrot weckt mich um 6:30 Uhr lange bevor das Handy läutet. Um 7:30 Uhr, nach einem ersten Schluck Kaffee, legen wir ab. Die Crew der DIDO schläft noch. Wir gehen zunächst auf Südkurs und steuern ab 8:45 Uhr 130 Grad an der Insel Kos vorbei. Ab 10:00 Uhr kommt Wind auf und wir setzen Segel. Es geht flott voran. Um 11:00 Uhr meldet DIDO Motorstörung. Aus einem Schlauch tritt Kühlflüssigkeit aus. Komisch, aber irgendwie hab ich das kürzlich schon mal erlebt. Bernhard kann die Undichtigkeit mit Bordmittel beheben. Um 12:30 Uhr erreichen wir die Datca-Halbinsel. Knidos, die historische Städte ist von See her nicht besonders einladend und zum Landgang reicht die Zeit nicht. Unser Tagesziel ist der kleine Hafen Palamut Bükü. Die Hafenhandbücher warnen vor der jährlich neu versandenden Einfahrt. Bei 0,4 Meter Wasser unterm Kiel verliere ich die Geduld und gehe in Rückwärtsfahrt. Nicht zuletzt weil auch die besten Plätze im Hafen bereits vergeben sind und DIDO einen größeren Tiefgang hat. Wir schippern weiter nach Hayiyt Bükü in der Nähe von Mesudye. Zu unserer großen Verwunderung wurde der, in den Hafenhandbüchern beschriebene Steg demontiert. Nachbarschaftsstreitigkeiten gibt es anscheinend nicht nur in Deutschland, wie wir erfahren. Wir ankern erstmals auf diesem Törn. Bei 4,7 Meter Tiefe fällt der Anker in den Sand und wir liegen frei schwöjend in der westlich gelegenen sehr schönen Palmenbucht. Die Sonne scheint und es kommt ein wenig Urlaubsfeeling auf und verleitet zu einem Bad im Meer. Sehr erfrischend, aber herrlich.

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Wolf und ich reservieren nach kurzer Dinghi-Fahrt einen Tisch im eigentlich noch geschlossenen Strandrestaurant. Dort sind wir die ersten Gäste der Saison und versuchen Bomonti. Das malzige Konkurrenzprodukt zu dem überall gegenwärtigen EFES-Bier. Bei der nächtlichen Rückfahrt nimmt Wolfram noch ein unfreiwilliges Bad und zieht sich einige Prellungen zu. Ausgerechnet Wolfram, der sich beim Alkohol immer dezent zurück hält. Glücklicherweise hat er sich nichts gebrochen. Wir sind Meilenweit vom nächsten Arzt oder Krankenhaus entfernt.

 

Mittwoch 18 März (51 NM) Tür auf, Tür zu, Tür auf, Tür zu.

Um 5:30 Uhr läuten sämtliche Handys. Um 5:52 Uhr gehen wir Anker auf. Zum Glück stehen die Yachten günstig und wir kommen mit der Ankerkette gut an DIDO vorbei. An deren Deck herrscht noch Funkstille. Nachdem die 46er Bavaria mindestens zwei Knoten schneller läuft, hat man es nicht so eilig und kann jeden Tag ein bis zwei Stunden nach uns los. Aber langsam bereitet mir das zeitige Aufstehen sowieso kein Problem mehr. Das Bordleben unterliegt einem anderen Zeitgefühl.

Wolfram, immer noch lädiert, hilft beim Ablegen, verschwindet aber bald darauf wieder in der „Krankenstation“. Um 8:15 Uhr erreichen wir die Insel Symi. Langsam kommen wir wieder, in für mich, bekannt Gefilde aus lange zurück liegender Zeit. Hier hab ich vor über 20 Jahren meine ersten eigenen Segelerfahrungen gesammelt. Das dies damals alles so gut ging, grenzt, aus heutiger Sicht, an ein Wunder.

Der Luftdruck ist auf 1017 hPa gesunken. Wir segeln noch im Sonnenschein, aber am türkischen Festland braut sich einiges zusammen. Ein letztes Mal wechseln wir die Gastlandflagge von blauweiß nach rot. Es geht weiter, der türkischen Küste entlang. Vorbei an der Bucht von Nemo, wie wir den namenlosen Naturhafen 36°35`N  28°03`O damals getauft hatten. Der Wind dreht ziemlich rasch von Nord nach Süd und es entsteht schnell ein Rückstau an den Bergen, mit Gewitter, Starkregen und Blitzschlag. Um 16:30 Uhr sind wir am Kap Kadirga angekommen und biegen bei heftigen Gewittern in den Golf von Marmaris ein. Kurz vor dem Erreichen der Netsel Marina lässt der Regen etwas nach und die Sichten nehmen wieder zu. Der Nieselregen bleibt uns trotzdem erhalten. Das Marina-Personal weist uns in die engste Lücke ein. Eine heiße Dusche weckt die Lebensgeister wieder. Auch in der Marina kommen alte, längst vergessene Erinnerungen hoch. Hier hab ich 1995 meine erste Charteryacht, eine Feeling 1088 mit dem Namen DOMINO übernommen. Nach einer Stunde trifft auch die DIDO ein.  Die Kneipenempfehlung des hochdeutsch sprechenden Marina-Managers entpuppt sich als Flopp. Aber irgendwie lässt sich keiner die Stimmung verderben. Nur die Zugluft im Lokal lässt sich irgendwie nicht regulieren. Kaum wird die Schiebetüre von uns verschlossen, steht sie auch schon wieder offen. Der Vorgang wiederholt sich gefühlte hundertmal.

 

Donnerstag 19. März (46NM) Rattenkot sieht aus wie Kellogs, schmeckt aber anders.

Um 6:30 Uhr ist die Nacht zu ende. Das Barometer steht auf 1013 hPa versucht aber leicht zu klettern. Wolfram hat immer noch Probleme mit der Schulter, lässt es sich aber nicht nehmen den Ableger zu fahren. Um 10:20 sind wir querab dem Kap Disibilmenz und kommen unter Fock und Motor recht gut voran. Die Sonne scheint. Es herrscht Bacardi-Feeling . Nur Matthias schwächelt etwas. Die Erkältungswelle der DIDO ist wohl endgültig übergeschwappt. Um 12:30 Uhr, kurz vorm Kap streikt der Motor erneut. Nimmt kein Gas mehr an. Ich ahne Schreckliches. Nach mehreren Wiederbelebungsversuchen, Tankentlüften, Handspritpumpen, Zulaufleitung checken usw. bestätigt sich der Verdacht. Die Spritleitung ist mal wieder mit Dieselalgen zugesetzt. Der Wind steht aber günstig und wir können bis kurz vor Göcek segeln. Volkan, der Stützpunktleiter von Sail with Friends kommt uns ein Stück entgegen und schleppt uns in die Marina. Einer seiner Mitarbeiter kommt an Bord und beginnt noch während des Schleppens mit der Reparatur.  Zwei hochmotorisierte Schlauchboote bugsieren uns zum Steg C. Zwei weitere Techniker aus Volkans Truppe machen sich sofort an die Arbeit. Tank, Zuleitung und Motor werden gründlich geprüft. Selbst der in Didim provisorisch montierte Ausgleichsbehälter wird wieder fachgerecht angebracht. Ich bin begeistert. Das nenne ich Service! Judith, die Chefin im Büro, begrüßt uns freundlich. Ich habe sofort das Gefühl wieder wo daheim zu sein. Auch in Göcek war ich vor vielen Jahren schon mal. Die Marina hat nichts von ihrem Charme verloren. Für mich einer der schönsten Orte in der Türkei. Nur der Koch in der Marina-Bar muss sich bei meinem nächsten Besuch etwas mehr anstrengen. Der allabendliche Absacker findet auf der DIDO statt. Leider ohne Matthias, der kuriert seine Erkältung aus.

 

Freitag 20 März (62 NM)

Der letzte Segeltag beginnt um 6:12 Uhr. Bei Stahlblauem Himmel legen wir vom Steg C ab. Der Motor schnurrt wie neu. Zum Kaffee zündet sich Matthias ein Zigarettchen an. Die Erkältung scheint überwunden. Wolfram übernimmt die erste Schicht am Ruder. Wir tuckern aus der Bucht von Fethje. Die Fock hilft dem Motor etwas nach. Um 11:00 Uhr warten wir auf die angekündigte Sonnenfinsternis, aber irgendwie scheinen wir einige Breitengrade daneben zu liegen. Es ist nichts zu sehen und es wird auch nicht dunkel. . Gegen Mittag legt der Wind kräftig zu.  Zunächst freuen wir uns über die Fahrtzunahme, dann wird es aber immer extremer. Die 3 Meter-Wellen laufen unter uns durch und lassen das Kurshalten zum Kraftakt werden. An Kalkan vorbei wird es mit 36kt Wind ein rechter Ritt. Obwohl wir mit über 7 Knoten unterwegs sind, ziehen sich die letzten Meilen wie Kaugummi. Kas Marina heißt uns auf Kanal 72 herzlich willkommen. Trotz Starkwind klappt der Anleger perfekt. Wir sind am Ziel einer langen Reise. Selbst den Tag Sicherheitsreserve haben wir nicht gebraucht. Der Manöverschluck läuft runter wie Öl. An Deck tobt ein regelrechter Sturm. Das Einchecken im Office der nagelneuen Marina geschieht deutschsprachig und in entspannter Atmosphäre, bei einer Tasse Tee. Zwar dauert das Prozetere etwas länger, aber schließlich haben wir ja auch bis 2016 gebucht. Die Marina macht einen sehr guten Eindruck auf mich. Die Sanitäranlagen sauber in Schuss. Der Supermarkt mehr als gut sortiert.

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Am Rückweg zu MERLIN sprechen uns zwei Mädls auf einem Roller an. Leider wollen sie dann doch nicht mit uns in die Disco. Sie sind „nur“ beauftragt unseren Rücktransfer nach Dalaman zu organisieren. Klasse Service hier. Abends nehmen wir unser Essen im ersten Stock eines der Marina-Lokale ein. Mit taumhaften Ausblick über die gesamte Marina. Draußen tobt der Wind. Die Sturmwarnung ist real.

 

Samstag 21. März (0,2NM)

Das Schwerwetter ist vorüber. Eigentlich wollte ich mal so richtig ausschlafen, aber meine innere Schiffsuhr tickt immer noch anders. So mache ich eine Sonnenaufgangstour. Treffe Enten und Schwäne und auch einige mit Gießkannen bewaffnete Gärtner. Alles Frühaufsteher.

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Bei Windstille versetzen wir das Boot noch an seinen angestammten Platz am Steg A. Während ich an Bord Bestandsaufnahme mache, versucht die Crew alle übrigen Lebensmittel zu verarbeiten. Wir fressen uns so durch den Tag. Der Verdauungsspaziergang führt uns nach Kas. Das Zentrum ist in 12 Minuten erreicht. Neben dem Einkauf von Gewürzen und den üblichen Souveniers, wählen wir schon mal ein Lokal für den Abend aus. Nachmittag läuft die DIDO ein. Sie sind gestern nur bis Fethje gefahren und sind heute erst den Rest der Reise angetreten. Nach dem Abendessen stoßen wir noch mal auf unsere gemeinsame Reise an. Ein erlebnisreicher Törn. Mit Sonne, Wind, Welle, Starkwind, Gewitter, Kälte und so manche Überraschung.

Thomas

SY MERLIN

PS.

Ab Mitte April steht die MERLIN wieder zur Charter bereit.

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Start

Ein Spagat zwischen Seele baumeln lassen und whish you were here“.

Wie soll ich diesmal beginnen mit meinen persönlichen Logbucheinträgen. Es fällt mir schwer zu schreiben und ich finde keinen richtigen Anfang. Zu viel ist passiert die letzten Wochen. Es ist Dienstag, der 22. September 2015.  Ich sitze am Kartentisch meiner MERLIN. Hinter mir, in der Bordtoilette, rinnt das Wasser von der, zum abtropfen aufgehängten, Segel-Jacke.  Draußen stürmt und blitzt es und es gießt wie aus Eimern. Ich bin alleine an Bord, aber irgendwie genieße ich das auch. Meine Frau hat mir vor kurzem verkündet, dass sie nicht mit auf Segeltörn geht, weil sie daheim auf unseren alten Hund aufpassen muss. Ich verstehe das. Er war sein ganzes Leben lang unser treuer Freund. Und jetzt mit seinen umgerechnet 105 Lebensjahren, geht es wohl irgendwann zu Ende mit ihm. Nachdem vor drei Wochen auch noch mein bester Freund und Segelkamerad bei einem tragischen Flugzeugabsturz ums Leben kam, bin ich ziemlich durch den Wind. Ein paar ruhige Tage tun mir sicher ganz gut. Ich erkunde die neue Marina, unternehme Wanderungen –die Gegend um Kas ist übrigens wunderschön- und abends schwanke ich, nach ein paar Dosen Bier, zwischen „Seele baumeln lassen“ und „whish you were here“.

Dann, am Mittwochabend, treffe ich endlich eine spontane Entscheidung!

Am Freitag reisen meine Mitsegler und Bandkollegen an. Ich werde ihnen einfach ein Stück entgegen fahren. Alleine !?!

Donnerstag 24.September 2015 Einhandsegler

Log 15210 NM, 6:55 Uhr. MERLIN und ich sind abfahrbereit. Die über Kanal 73 angeforderten Marineros sind sofort zur Stelle und, wie immer, sehr hilfsbereit. Ob sie merken, dass ich das erste Mal alleine unterwegs bin? Alles klappt wie am Schnürchen. Raus auf Kurs, Leinen aufschießen, Fender rein. So ein Autopilot ist dabei echt hilfreich. Das Boot habe ich schon vor der Abfahrt seetüchtig gemacht. Wenn man alleine unterwegs ist muss man vorausschauend planen. Und schon geht es los, Richtung Göcek. Vor mir türmt sich eine von der Sonne orange eingefärbte Wolkenwand auf. Einhand1

Leider entwickelt sich aus dem Schauspiel ziemlich schnell ein stattliches Gewitter. Und nicht nur das. Ich bemerke am linken Wolkenrand einen wie ein dünner Pfeil aussehenden Wirbel. Er kommt geradewegs auf mich zu, oder bilde ich mir das nur ein? Als der zum Schlauch gewordene Pfeil die Wasseroberfläche berührt, wird mir ziemlich mulmig. Es steigt eine riesen Wassersäule auf, mit einigen Metern Durchmesser. Ich gerate ziemlich in Panik. Segel runter, Kurs ändern, alles unter Deck werfen, Schwimmweste und Lifebelt an, Niedergang dicht machen. So schnell das Naturereignis erschienen ist, so schnell löst es sich auch wieder auf. Gott sei Dank musste ich keine nähere Bekanntschaft machen. Was bleibt sind die starken Regengüsse. Die Rettungsausrüstung lass ich mal besser an.

Einhand2

Querab Kalkan hört es zu regnen auf und die Sonne kommt zum Vorschein. Am Ufer beginnt ein lang gezogener Sandstrand, anschließend ein Gebiet das sich die sieben Kaps nennt. Ich glaube es könnten auch acht oder neun sein. Dort in der Nähe hat sich schon wieder ein Gewitter gebildet. Gerade jetzt, wo die Klamotten trocken geworden sind.

Knapp zwei Drittel der Strecke sind geschafft. Der Regen lässt nach, leider auch der Wind. Zum Stabilisieren lasse ich das Großsegel stehen, aber die Hauptarbeit hat längst der Diesel übernommen. Nach dem Kampf mit den Gezeiten, folgt jetzt der Kampf mit der Sonne. Viel zu spät merke ich, dass ich mir den Nacken verbrannt habe. Um 15:00 Uhr biege ich in den Golf von Fethiye ein. Null Welle, null Wind. Um 16:00 Uhr kündige ich mich schon mal telefonisch bei Volkan an, dem ich eine weitere Stunde später am Steg die Hand schüttle. Ich hab es geschafft. Ganz alleine 52 NM von Kas nach Göcek. Einem Weltumsegler kostet das wahrscheinlich ein müdes Lächeln, aber für mich war es ein großes Abenteuer und ich bin richtig stolz.

Port Göcek

Freitag 25.September 2015. Immer nur dichtholen.

Meinen gestrigen Erfolg habe ich am Abend an Bord bei einer Flasche türkischen Weißwein gefeiert. Entsprechend zerknittert komm ich mir heute vor. Ein feines Omelett und reichlich Kaffee helfen mir wieder auf die Beine. Um 11:10 Uhr kommt meine Crew in Dalaman an. Ich fahre ihnen im Shuttlebus entgegen und postiere mich mit einem Namensschild vor dem Flughafeneingang. Die Begrüßung fällt entsprechend lustig aus. Mathias, mein Co-Skipper, hat seine kleine Baßgitarre dabei. Der Koffer könnte auch ein Automatikgewehr beherbergen. Entsprechend zeitraubend sind jedes Mal die Zollkontrollen.  Die Einweisung an Bord fällt relativ einfach aus. Thomas, T2 genannt, und Mathias waren schon öfter mit dabei und kennen sich noch perfekt aus. Hartmut der vierte im Bunde wird während des kühlen Begrüßungsbierchen weitgehend instruiert. Er war noch nicht mit dabei, hat aber die größte Segelerfahrung von uns allen.

Gourmet

Am Nachmittag sehen wir uns Göcek an. Aus dem einstigen Fischerdorf in den 80er Jahren ist eine quirlige Touristenstadt geworden. Auch wenn der Rummel nicht zu meinen Urlaubsfreuden gehört, man kann dort gut shoppen und essen gehen. Im Restaurant wird die Einkaufsliste erstellt und wir stopfen MERLIN mit Proviant voll. Freitags ist, was man im Winterurlaub „Bettenwechsel“ nennt. Alle Charteryachten laufen am Nachmittag ein und werden gründlich gecheckt. Hektik kommt auf. Und Jeder will, nach einer oder zwei Wochen Törn,  der Erste in der Dusche sein. Der Letzte Abend an Bord wird bei den Chartergästen dann laut und überschwänglich gefeiert.  Wir mischen entsprechend mit und machen Livemusik an Bord.

Samstag, 26. September. Nächtliches Männleinlaufen.

QNH 1015hPs. Ab 4:00 Uhr ist an Schlaf nicht mehr zu denken. Vom Steg aus tippeln ganze Heerscharen zur Toilette und wieder zurück. Bei der Rückkehr kreuzen sich ihre Wege mit Seesackbepackten Zeitgenossen. Die zum Transport zur Verfügung gestellten Transportwägen klappern mit dem größtmöglichen Radau über den Steg. Schlaftrunken dauert es einige Zeit, bis ich begreife was da abgeht. -Na klar- die müssen alle zum Flieger. Es dauert nicht lange, dann beginnt ein reges Geschnatter am Steg. Die Putzmädels beginnen die Yachten zu reinigen und die ersten Neuen kommen an. Das ist alles ziemlich zermürbend, zeugt aber davon, dass das Chartergeschäft bei Sail with Friends sehr gut läuft und bestens organisiert ist.

Auslauf

Bevor uns die neuen Charterkunden noch überrumpeln, verabschieden wir uns von Judith und Volkan und laufen fasst unbemerkt aus. Im Golf von Fetyie herrscht leichter Segelwind. So kann sich die Crew optimal ans Schiff gewöhnen. Ab 14:30 Uhr wird´s dann „flautig“ und wir versuchen noch unter Segel die Durchfahrt bei der Insel Tersane zu erreichen. Dahinter, in der Göcek-Bucht, tummeln sich wahnsinnig viele Yachten. Dass diese Ecke eine der schönsten Segelgebiete der Türkei ist, hat sich leider rumgesprochen. Gegen 17:00 Uhr ergattern wir noch einen freinen Ankerplatz bei Sarsala. Der Grund fällt schnell und steil ab. Wir müssen einige Ankermanöver fahren, erschwert von den Köpfen die aus dem Wasser ragen. Es sind Badegästen vom benachbarten Gullet. So sind wir nicht böse, dass eine große Motorjacht ausläuft und wir zu seiner frei werdenden Boje versetzen können. Der Anleger wird noch ganz lustig, da die Landleine wegen einiger Zentimeter nicht mehr bis zu unserer neuen Position an der Bojen reicht. Abends kocht uns T2  zweierlei Nudeln mit Tomaten-Tunfisch-Sauce. Quasi mit Penne gefüllte Maccaroni.  Diese Füllung muss uns erst mal jemand nachmachen. Wir sitzen noch lange an Deck und stoßen auf die ersten 14 Seemeilen an.

Tersane

 Sonntag, 27. September. Guten Morgen Sonnenschein.

Ein Song haut uns füörmlich aus den Kojen. T2 hat sich offenbar vorgenommen, täglich von Nana Mouskouri geweckt werden zu wollen. Das Lied muss doch schon aus den 60ern stammen. Scheußlich! Wir frühstücken ausgiebig und trennen uns erst gegen 11:00 Uhr von unserer Boje. Unter Motor geht es zwischen den Inseln Kapi Creek und Domuz Adasi raus aus der Bucht und zurück in den Golf von Fetyie. Ich habe noch keine große Eile nach Kas zu kommen, und so verbringen wir noch einen weiteren Segeltag im Golf. Unser Abend-Ziel ist der Postkartenstrand von Ölüdeniz. Ölüdeniz

Hier hab ich schon häufig gelegen, dem regen Treiben am Strand zugesehen und mich von den Gleitschirmfliegern inspirieren lassen. Nur diesmal steht derart Schwell in die Bucht, dass wir uns nach einer Alternative umsehen. Ein hilfsbereiter Fischer mit seinem Boot bietet seine Dienste an. Er hilft beim Festmachen an den Felsen. Als wir ihm ein Trinkgeld geben wollen, macht er einen Gegenvorschlag. Er hat frischen Tunfisch gefangen und würde uns diesen zubereiten. Klingt abenteuerlich, aber wir lassen uns nach einiger Diskussion darauf ein. Er dockt längsseits bei uns an und beginnt sofort zu kochen und zu grillen. Es gibt gegrillte Auberginen, Fisch mit Reis und Salat und einen kühlen Schluck Weißen dazu. Kapitän Osmann entpuppt sich als Multitalent. Selbst als er schon längst wieder abgelegt hat, sprechen wir noch lange über das ausgezeichnete Abendessen. Es folgt eine herrliche Vollmondnacht. LOG 15296.

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Montag 28. September. Nur 12 Minuten Gehweg

7:30 Uhr 1015 hPa. Dünne aber geschlossene Schichtbewölkung. Wir legen zeitig ab und wollen nun doch ein gutes Stück Richtung Kas vorankommen. Zunächst geht es, unter Motor, zu den sieben Kaps. Es setzen achterliche Winde ein und wir segeln Schmetterling. Bei der Tour-Vorbereitung am Morgen hatte ich drei Wetterberichte mit drei grundsätzlich unterschiedlichen Meinungen. Jetzt um die Mittagszeit sind sich alle einig. Gewitter und Starkwind sind für Nachmittag und Abend angesagt. Niemand wiederspricht mir, als ich vorschlage, am geplanten Tagesziel Kalkan vorbei zu segeln und bis Kas-Marina durchzufahren. Wind und Welle werden stärker und wir rauschen am Nachmittag an Kalkan und unbewusst sogar an Kas vorbei. Als ich vom Mittagsschläfchen erwache, sind wir bereits in Mais Adasi. Das zurückkreuzen gegen den Wind wird dann richtig sportlich, so wie es T2 am liebsten hat. Um 16:15 Uhr legt Mathias bei über 20kt Wind gekonnt am Steg G an. Die Gewitter bleiben am Abend aus. Zumindest in unmittelbarer Umgebung. Nach nur 12 Minuten Gehweg erreichen wir die Altstadt und lassen uns in einem Restaurant verwöhnen. Es war mein dritter Besuch dort, und ich hatte den Eindruck, man kennt mich schon. Noch ein Absacker an Bord. Alle sind ziemlich müde, bis auf T2 natürlich. Log. 15339 (43NM)

Dienstag 29. September

In der Nacht ist der Wind eingeschlafen. Das Aufstehen ist ein schleichender Prozess. Selbst Nana Mouskouri bringt uns nicht aus der Ruhe. Die Sonne lacht vom stahlblauen Himmel. Mathias und Hartmut philosophieren lange Zeit am Bug über das Segeln. Fachausdrücke, Formeln, die wildesten Theorien werden aufgestellt, kritisch hinterfragt und wieder verworfen. Beide schenken ihrer Umgebung kaum noch Aufmerksamkeit. So wird es 11:45 Uhr bis wir aus der Marina kommen. Der Wetterbericht warnt abermal vor heftigen Gewittern. So wollen wir auch die kommende Nacht nach Kas zurückkehren und nehmen uns als Tagesaufgabe die Umrundung der Insel Kastelorizon vor. Hartmut, mit seiner Segelerfahrung, zeigt uns immer wieder worauf es beim Optimieren ankommt. Ich bin ja eher so der träge Typ in puncto Segeltrimm, lerne aber in dieser Woche gerne einiges dazu. Segeln2Der Wind nimmt stetig zu und steigert sich am Nachmittag auf 35kt und entsprechend hoher Welle. Den letzten Teil unserer Inselumrundung haben wir den Wind von vorn. Wir machen beim Kreuzen nicht mehr allzu viel Höhe, sind aber ehrgeizig bei der Sache. Mit dem zweiten Reff in Groß und Genua schießen wir immer noch flott durch die Düse zwischen Festland und Insel. Das geht so weit, dass sogar das Bimini einreißt. Ein geiler Segeltag. Irgendwann nach unzähligen Wenden reicht der Abstand zur Festlandszunge aus, um zurück zur Marina zu steuern. Wir waren sowieso die letzten die noch draußen sind.

Segeln1Um 16:30 Uhr sind wir zurück am Steg und haben rein zur Gaudi 27 Seemeilen zurückgelegt. Abends lassen wir es uns im Dolpin Retaurant (Seglertipp) richtig gut gehen, während ein Segelmacher unser Bimini wieder zusammen flickt.

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Mittwoch, den 30.September.

08:00 Uhr 1013 hPa. Die Wetterberichte variieren immer noch stark. Aber in Einem sind sie sich einig. Es soll am Abend keine Gewitter mehr geben. So können wir wohl doch noch in die Kekova-Bucht fahren. Doch zuvor tanken wir MERLIN schon mal nach und pumpen den Fäkalientank aus. In einigen Gebieten der Türkei legt man mittlerweile sehr viel Wert auf Umweltschutz. Es herrscht Flaute. Mathias zieht unter Motor einige Kreise durchs Wasser und erklärt Hartmut sämtliche physikalischen und aerodynamischen Kräfte die derzeit auf das Boot einwirken. Es ist erstaunlich, wie akademisch man selbst die einfachsten Vorgänge betrachten  kann. Ein Fischer winkt uns. Er hat zwar Zigaretten bei sich, aber kein Feuer. Wir reichen ihm eine Schachtel Streichhölzer in sein Boot. Voll besegelt aber mit wenig Wind tümpeln wir langsam unserem Ziel entgegen und verbringen die Zeit mit plaudern, dösen, essen, trinken und mit der Verhütung von Sonnenbrand. Eine HR schippert in Zeitlupe an uns vorbei. Die 10 Grad Kursunterschied machen sie glatt 0,1 kt schneller. Am Festland entwickeln sich stattliche Gewittertürme und es grollt zu uns herüber. Soviel zum Thema Wetterbericht. Wir biegen gegen 15:00 Uhr in den Kekova Körfezi ein und haben längst die Segel eingeholt. In der westlichen Bucht ankern wir frei schwojend auf 12,5 Meter Wassertiefe.  Trotz Flaute sind wir 23 Meilen gesegelt. Abends gibt es Kapitäns-Dinner und anschließend eine Bandprobe an Deck.

Probe1 Probe2 Probe3 Wir müssen üben, schließlich ist morgen ein großer Auftritt. Die Dunkelheit ist von Blitzen und Donnern durchsetzt, aber das Wetter kommt, Gott lob, nicht näher. Die laue Nacht lädt zu einem Bad bei Mondschein ein. Genial!

Donnerstag, den 1. Oktober.

T2

1015 hPa. Um 7:00 Uhr heißt es Anker auf. Die Sonne wirft ein ganz besonderes Licht in die Landschaft.T2 fährt uns aus der Bucht. Auch Außerhalb weht kein Lüftchen. Um 10:00 Uhr befinden wir uns querab der kleinen Inseln vor Kastelorizon. Wir lassen uns motorlos treiben. Wohl ist die letzte Gelegenheit in diesem Jahr zu einem Bad im Meer. Um 11:00 Uhr geht’s zurück zur Marina. Mittag legen wir an unserem Steg G Platz 27 an. Erkan ist auch zur Stelle und wir besprechen einige technische Details. Aber was gibt es schon groß zu besprechen, das Boot ist top in Schuss. Die Woche haben wir 195 NM zurückgelegt, davon 52 Meilen solo nach Göcek. An Bord wurden 144 Dosen Bier vernichtet, 6 Flaschen Wein und eine Flasche Raki. Mit dem Wasser haben wir uns etwas verschätzt, so sind doch tatsächlich einige Liter übrig geblieben.

Den Nachmittag verbringen wir zum entsalzen am Pool bei Pizza und Corona. Und nachdem Alles im Leben noch steigerungsfähig ist, bereitet uns Hartmut als Nachtisch Kaiserschmarrn mit Mango-Kompott an Bord zu.

So gestärkt stehen wir auch unseren letzten Abend in der Türkei durch. Mit Livemusik, versteht sich.

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